Ausgabe Nr. 9 · 26. Februar 2003 |
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Heinz Reutlinger |
CDU |
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Parteiaustritt von Professor Schultis Da ich immer auf den Parteiaustritt des ehemaligen Bürgermeisters, Prof. Dr. Joachim B. Schultis, angesprochen werde, möchte ich dazu einige Bemerkungen machen. Ich bin zwar dagegen, einem der gehen will, noch einen Stein hinterher zu werfen. Aber die Begründung für den Austritt und vor allem der Zeitpunkt des Austritts hinterlassen zweifelsohne einen bitteren Nachgeschmack. Ich bin über das Verhalten von Herrn Prof. Dr. Joachim Schultis sehr enttäuscht. Ist es nicht unfair, einer Partei den Rücken zu kehren, die an der eigenen beruflichen und politischen Karriere maßgeblich beteiligt war? Ist es nicht unfair, seine bisherigen politischen Mitstreiter im Stich zu lassen und als lästigen "Ballast" abzuwerfen, wenn man sie nicht mehr braucht? Ist ein solches Verhalten christlich? Ich stelle diese Frage, weil Herr Prof. Dr. Schultis sein Christsein immer sehr betont hat. Wenn sich Herr Prof. Dr. Schultis schon seit langem in der CDU nicht mehr beheimatet fühlte - das muss man zwingend seiner öffentlichen Stellungnahme entnehmen - warum hat er sich dann noch um das Amt des Ersten Bürgermeisters in Heidelberg beworben? Warum ist er dann noch unter der Flagge der CDU gesegelt? Die CDU hatte ja das Vorschlagsrecht. Im übrigen: Meinungsverschiedenheiten gehören zum Leben einer demokratischen Partei. Auch Christen können in der Politik verschiedener Meinung und Überzeugung sein. Man ist doch nicht Christ, weil man für oder gegen eine fünfte Neckarquerung oder für oder gegen eine Straßenbahn nach Kirchheim ist. Auch in Fragen der Ausländerpolitik oder der Friedensethik können die Meinungen und Überzeugungen auseinandergehen. Niemand hat für sich die Wahrheit gepachtet. Das gibt es nur in totalitären Parteien. In der CDU hat die Mehrheitsmeinung, Minderheitsmeinung und die Meinung des Querdenkens ihren Platz. In der Politik aus christlicher Verantwortung geht es um vernünftige Lösungen unter dem biblischen Motto: "Suchet der Stadt Bestes!" Welcher Weg in der Politik der richtige ist, darum muss sachlich und fair gerungen werden. Wenn man mit der eigenen Meinung und Überzeugung nicht durchkommt - und sich bei der Mehrheit auch noch unbeliebt macht -, dann muss man dies - zumal als Christ! - aushalten können. Sonst darf man nicht in die Politik! Einfach feige davonlaufen ist nicht Sache eines Christen. Es ist für die politische Arbeit nicht hilfreich - wie es offenbar Herr Prof. Dr. Joachim Schultis tut - in verklärter Erinnerung an frühere Zeiten zu verharren, wo angeblich alles besser war. Wir haben die Gegenwart zu meistern. Wir haben an die Zukunft zu denken. Die Zeit ist nicht stehen geblieben. Die Gesellschaft hat sich verändert. Jede politische Partei, die CDU eingeschlossen, ist immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Veränderte Zeiten verlangen neue politische Antworten. Wir brauchen Christen in allen Parteien! Wir brauchen Männer und Frauen, die den Mut haben, zu ihrer Meinung und Überzeugung zu stehen und sich nicht verbiegen lassen. Sein Votum allein darauf auszurichten, was andere gerne hören wollen und der eigenen politischen Karriere nutzt, ist eines Christen unwürdig. Die CDU hat ihre politischen Ziele nicht verraten, wie Herr Prof. Dr. Schultis offenbar meint. Sie bemüht sich nach wie vor - was sicherlich nicht leicht ist - dem hohen Anspruch des "C" im Namen der Partei gerecht zu werden. Sie bekennt sich nach wie vor zum christlichen Ideal der Nächstenliebe. Sie weiß aber auch um die Spannung zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Als verlängerter Arm der Kirche hat sich die CDU allerdings nie verstanden. Kirche und Staat haben grundsätzlich verschiedene Aufgaben. |
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Werner Brants |
SPD |
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Gewagte Spiele?
Plötzlich, Eilantrag für den Gemeinderat am 20.02.2002 mit dem Ansinnen,
sich trotz abgelaufener Frist unmittelbar um die Aufnahme in den Initiativkreis "Olympia
- Stuttgart 2012" zu bewerben. Unterschrieben war der Antrag unter anderen auch
mit dem Namen des Landtagsabgeordneten. Hier stellt sich die Frage: Wenn dem Unterzeichner
- spätestens seit Juni 2002 - das Stuttgarter Ansinnen (Heidelberg möge
sich beteiligen) bekannt war und ihm so viel daran lag, warum hat er nicht für
einen rechtzeitig eingebrachten Antrag durch seine Fraktion Sorge getragen? Damit
hätte dieses Thema ausführlich behandelt und im Verlauf der Haushaltsberatungen
berücksichtigt werden können. Die Fraktion der CDU verfügt über
14 Sitze im Gemeinderat, 10 reichen für eine Antragsstellung aus! Vermutlich
lag den Antragsstellern mehr am Pressespektakel, als an einer Beteiligung Heidelbergs
an dem Initiativkreis. |
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Ulrike Beck |
GAL | |||||||||||||
Nicht der Rede wert? Zusammen mit der SPD hatte die GAL-Fraktion bei der letzten Gemeinderatssitzung eine Resolution gegen den Irak-Krieg eingebracht. Ohne Angabe von Gründen wurde dieser Tagesordnungspunkt gleich zu Beginn der Sitzung von der CDU mit Hilfe der konservativen Mehrheit aus der Tagesordnung gekippt. Krieg im Irak: kein Thema für den Gemeinderat? Das erstaunt doch sehr angesichts der Tatsache, dass viele andere deutsche Stadtparlamente keinerlei Schwierigkeiten damit haben, mit einer solchen Resolution ein Zeichen zu setzen. Auch die Anzahl der Städte in den USA, die deutlich NEIN sagen zu einem Angriffskrieg gegen den Irak, steigt beständig. Heidelberg ist als Standort für das europäische Hauptquartier der US-Landstreitkräfte auf besondere Weise von diesem Konflikt betroffen. Sollte es zu einem Krieg mit dem Irak kommen, dürfte die Gefährdungslage in unserer Stadt extrem ansteigen. Immanuel Kants Worte "Der Friede muss gestiftet werden, er kommt nicht von selber" haben bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Mit einer Resolution gegen den Irak-Krieg hätte der Heidelberger Gemeinderat ein Zeichen setzen können. Diese Chance wurde vertan! |
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Aufruf zur Demonstration gegen den Irak-Krieg am Samstag, 1. März, um 14 Uhr auf dem Bismarckplatz | ||||||||||||||
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Dr. Ursula Lorenz |
FWV | |||||||||||||
Südstadt noch zu retten? Die Schriftführerin der FWV, Frau Hannelore Günther, schrieb als ehemalige engagierte Südstädterin zu diesem Thema: "Der Stadtteilverein Weststadt/Südstadt sowie Senfkorn e.V. luden am 18.2.2003 im Markushaus zu einer Info-Veranstaltung zum Thema ein. Die heutige Südstadtgrenze wurde Ende 1996 von mir als "eine Südstädterin auf der Suche nach der Südstadt" (Südstadt-Info 12/1996) recherchiert und den Südstädtern mitgeteilt. Seitdem ist das Interesse der Stadtteilbewohner am Stadtteil unaufhörlich gewachsen. Heute soll nun die Markscheide als historische Grenze wieder gezogen werden, obwohl die Sickingenstraße in Häuserbebauung, Breite und Befahrbarkeit eine reale Grenze an sich darstellt. Einen Sinn darin und einen stichhaltigen Grund für die diskutierte Rückverlegung sahen die Südstädter in der Veranstaltung nicht. Die Rückversetzung der Grenze würde für die Südstadt einen Verlust von 1.100 Einwohnern (heute 4.000) und den Verlust eines eigenen Stadtteils mit eigener Identität bedeuten." Ich möchte den Südstädtern empfehlen, einen Stadtteilverein zu gründen und über dieses Organ ihre Interessen nachhaltig zu vertreten, bis es einen eigenen Bezirksbeirat gibt. |
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Margret Hommelhoff |
FDP | |||||||||||||
Ackerflächen sind knapp Einerseits geht es den Landwirten in Heidelberg gut: haben sie doch, wie sie selbst sagen, "beste fruchtbarste Ackerflächen" mit "deutschlandweit einzigartig begünstigten vielfältigen Kulturen". Hinzu kommt die direkte Vermarktung ihrer frischen Produkte, die wir Bürgerinnen und Bürger auf den Wochenmärkten gerne kaufen. Andererseits werden die hochwertigen Ackerflächen in Heidelberg immer knapper, verursacht durch neue Wohngebiete, Straßenbau und jetzt durch die sofortigen Liegenschaftsanforderungen der amerikanischen Streitkräfte. Lange schon vorgesehen für die Verlagerung der US-Einrichtungen am Czernyring war das Gewann Gäulschlag in der Größe von 16,3 Hektar (es liegt an der Autobahnausfahrt Heidelberg/Schwetzingen). Zwar verlieren die betroffenen Landwirte hier bestes Ackerland, aber dieser Landüberlassung haben wir FDP-Stadträtinnen zugestimmt, weil sie schon seit langem im Modell Räumliche Ordnung (das ist die Grundlage für die Fortschreibung des Flächennutzungsplans) festgelegt war. Eine weitere Liegenschaftsanforderung der Amerikaner von knapp 20 Hektar westlich von Patrick-Henry-Village haben wir aus zwei Gründen abgelehnt. Erstens besteht keine Eile für diese Entscheidung, wenn die Stadtverwaltung sie auch innerhalb weniger Tage durchpeitschen wollte, und zweitens liegt bisher kein Konzept für die Nutzung dieser Fläche vor. Wenn die Amerikaner "sich bemühen wollen, die gesamte Fläche nicht voll zu nutzen", wie die Oberbürgermeisterin ausführte, dann kann, so meinen wir, die Fläche auch weiter von den Landwirten beackert werden, bis nachweislich Nutzungsbedarf besteht. |
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Dr. Hannelis Schulte |
LINKE LISTE / PDS | |||||||||||||
Gegen den Krieg im Irak Der Gemeinderat hat am 20.02. mit Mehrheit beschlossen, sich mit TO 17 nicht zu befassen, dem Antrag der GAL und der SPD "Resolution des Gemeinderats der Stadt Heidelberg gegen den Irak-Krieg". Das sei kein kommunales Thema. Anders sehen das offenbar viele Städte in den USA, wo bereits 96 Kommunen, darunter Chicago, Detroit und Baltimore, eine solche Resolution verabschiedet haben. Und auch der Stadtrat von München hat dies getan, obwohl die Regierung von Oberbayern es ihm verbieten wollte: er habe keine "Befassungskompetenz". Dabei durfte er ungestraft nach dem 11.09.2001 den Terrorismus verdammen und sich für Solidarität mit Israel aussprechen. Ich meine: die Verantwortung für unsere Stadt erfordert, dass wir einerseits die möglichen Folgen eines Krieges für Heidelberg bedenken und andererseits alles uns Mögliche tun, um zu politischen Lösungen anstelle der militärischen beizutragen. Dazu gehört, das Nein zu diesem Krieg so laut als möglich in die Öffentlichkeit zu bringen. Warum dann die Nichtbefassung? Hat jene Mehrheit Angst, sich von der US-Regierung distanzieren zu müssen, deren politische Richtung in eine Sackgasse geführt hat? |
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat |
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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT | ||||||||||||||
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