Thema der Woche

Ausgabe Nr. 6 · 9. Februar 2000

Haushalt 2000: Stellungnahmen und Anträge

Die Parteien im Gemeinderat äußerten sich zum Haushaltsentwurf der Verwaltung


Am 16. Dezember vergangenen Jahres hatte Oberbürgermeisterin Beate Weber den Haushaltsentwurf der Verwaltung dem Gemeinderat vorgelegt. In der Sitzung am Donnerstag, 3. Februar, nahmen die Parteien Stellung zu diesem Entwurf und formulierten erste Änderungsanträge. Im Folgenden geben wir auszugsweise Meinungen, Stellungnahmen und Anträge wieder.
   

Jan Gradel

CDU

"Keine zukunftsträchtigen Weichenstellungen"

Dr. Jan Gradel sprach für die CDU, die beim Haushaltsentwurf "keine zukunftsträchtigen Weichenstellungen" erkennen kann: "Hier wird der Mangel verwaltet anstatt Perspektiven aufgezeigt."

Die CDU fordert daher
- finanzpolitische Impulse für mehr Arbeitsplätze, ein günstiges Wirtschaftsklima und die Förderung des industriellen Mittelstandes
- ein deutliches Umsteuern in der Verkehrspolitik und eine ideologiefreie Verkehrsplanung, in der Radfahrer, Autofahrer und der Öffentliche Personennahverkehr nebeneinander vernünftig gefördert werden
- eine ausgewogene Sozial- und Jugendpolitik, die auch die große Mehrheit der Bürger und Bedürftigen erreicht. Deshalb solle eine gründliche Überprüfung der einzelnen Zuschusseinrichtungen stattfinden, um Doppelförderungen und Konkurrenz weitestgehend zu vermeiden und die bestmögliche Wirksamkeit der zur Verfügung gestellten Finanzmittel zu erreichen.

Leitantrag
Die CDU stellt (gemeinsam mit den "Heidelbergern" und der FWV) folgenden Leitantrag:
- Der Hebesatz der Gewerbesteuer soll im Jahr 2000 um 10 Prozentpunkte gesenkt werden.
- Die laufenden Ausgaben der Verwaltung sollen im Haushalt 2000 durch eine globale Minderausgabe um 8 Millionen Mark gesenkt werden.
- Die Verwaltung soll angewiesen werden, bis zum 1.9. 2000 den Produktplan und die Produktkosten sowie einen Bericht zur Verwaltungsvereinfachung vorzulegen, der Maßnahmen zur nachhaltigen Senkung der Verbrauchsausgaben im Umfang von 8 Prozent bis zum 31.12. 2004 vorschlägt.
- Der Gesamtbetrag der Zuschüsse an soziale und kulturelle Gruppen (außer Tageseinrichtungen für Kinder, HVV, HSB, Sozialhilfe) soll für zwei Jahre auf dem Niveau des Jahres 1999 eingefroren werden.
- Der Zuschuss der Stadt für den öffentlichen Personennahverkehr soll auf 18,7 Millionen Mark festgesetzt werden. Der Betrag soll entsprechend der Inflationsrate steigen. Die HSB soll angewiesen werden, ihr Angebot wesentlich stärker an der Nachfrage auszurichten, in den Hauptverkehrszeiten auszuweiten und in den nachfrageschwachen Zeiten entsprechend dem Bedarf zu vermindern. Sie soll angewiesen werden ... spätestens 2005 ihre Kosten pro Personenkilometer um 25 Prozent zu senken.
- Zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Individualverkehrs soll in die Investitionsplanung der Tunnelbau für den Ost-West-Verkehr und die fünfte Neckarquerung aufgenommen werden.
- Die Mittel für die Ausstattung der Schulen sollen von 4,3 auf 4,8 Millionen Mark angehoben werden.
- Zur Förderung der Attraktivität soll der Theateretat für die Schlossspiele um maximal 500.000 Mark ab der Spielzeit 2000/2001 aufgestockt werden. Der Zuschuss der Stadt soll für die Spielzeit 2000/2001 auf 18,4 Millionen Mark festgeschrieben werden. Er soll in den nächsten fünf Jahren entsprechend der vorjährigen Geldentwertung steigen. Eine weitere Steigerung ist ausgeschlossen.
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Werner Brants

SPD

"Mit vorgelegtem Haushalt zufrieden"

Werner Brants und weitere Fraktionsmitglieder der SPD äußerten sich "zufrieden mit dem vorgelegten Haushalt". Für den Verwaltungshaushalt hat die SPD 11 Anträge mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 189.000 Mark gestellt. Im Einzelnen handelt es sich um:

Kultureller Bereich
- Anmietung einer Halle für das Theater zur Unterbringung seines Fundus, wo möglicherweise auch eine Probebühne errichtet werden kann. Veranschlagte Kosten: 35.000 Mark.
- Anhebung des Zuschusses für das Unterwegstheater um 20.000 Mark, da auf Grund der Raumsituation nicht selbst zu verantwortende Mehrausgaben entstanden sind.

Sozialer Bereich
- Weitere Förderung der Arbeit der Bahnhofsmission und geringe Aufstockung der Unterstützung von 19.000 auf 21.000 Mark.
- Erhöhung des Zuschusses für Pro Familia, um steigende Lohnkosten aufzufangen.
- Zuschuss für den Kinderbund zur Beratung von Eltern und Kind bei Trennung oder Scheidung in Höhe von 25.000 Mark.
- In der offenen Jugendarbeit will man für Betreuer aus den Sportvereinen 25.000 Mark bereitstellen, damit diese Kinder und Jugendliche betreuen, die keinem Verein angehören, aber vorhandene Sportstätten nutzen möchten.
- Die Arbeit der DLRG soll bei der Schwimmmeisterausbildung mit 2.500 Mark honoriert werden und dieses Geld mit der Miete für den Sportboothafen verrechnet werden. Für Anschaffungen soll die DLRG einen einmaligen Zuschuss von 25.000 Mark erhalten.
- Der Regiebetrieb Gartenbau im städtischen Landschaftsamt soll 60.000 Mark zusätzlich für die Grundstücksbewirtschaftung erhalten. Mit einer Umfrage möchte die SPD klären, welche Flächen in der Stadt intensiver und welche eventuell weniger intensiv gepflegt werden müssen, um die vorhandenen Gelder optimal einzusetzen.

7 Anträge zum Vermögenshaushalt
- Sportzentrum West: Zur vorgelegten Planungsrate für den Bau der Sporthalle von 100.000 Mark sollen noch einmal 500.000 Mark eingestellt werden. So soll noch im Jahr 2000 eine baureife Planung und eine dazugehörige Ausschreibung entstehen.
- 40.000 Mark will die SPD als Planungsrate für die Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Altstadt einstellen. Mit dem Geld sollen vorrangig Plätze im Stadtteil neu gestaltet werden, beispielsweise mit Sitzgelegenheiten.
- Für den Fahrradverkehr beantragt die SPD einen Fahrradabstellplatz am Rohrbach Markt (30.000 Mark), die Umplanung des Radweges Ziegelhausen (20.000 Mark) und die Beleuchtung des Weges zwischen Alt-Rohrbach und Rohrbach Süd (150.000 Mark), um die Verkehrssicherheit bei Dunkelheit zu verbessern.
- Der Gartenweg im Pfaffengrund soll ebenfalls eine Beleuchtung erhalten. Kosten: 20.000 Mark.

Grundsätzlich überlegt die SPD, ob die freien Zuschussempfänger aus den Bereichen Kultur und Soziales eine Erhöhung der Förderung von drei Prozent erhalten sollten.

Weitere Anträge könnten folgen, da die Beratungen noch nicht abgeschlossen seien, so die SPD. Ziel der Anträge sei es, die Wahrnehmung der sozialen Verantwortung, die Förderung von, unter anderem, Kultur, Sport und Wirtschaft durch die Stadtverwaltung zu unterstützen und zu ergänzen. Die Handlungsfähigkeit der Stadt Heidelberg, auch für die Zukunft, müsse erhalten werden und dürfe nicht gefährdet werden.
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Susanne Bock

GAL

"Runder Tisch für sozialen Bereich"

Anträge zur Verkehrspolitik, den sozialen Bereich und Kultur stellten die Sprecher der GAL-Fraktion Christian Weiss, Susanne Bock und Peter Holschuh. Sie beantragten für den Bereich

Verkehr
- unter anderem eine Übersicht über Investitionskosten, Zuschussmöglichkeiten, Folgekosten für Neckarufertunnel, Königstuhltunnel, die Neckarquerung bei Wieblingen und den Ausbau der HSB nach dem Verkehrsentwicklungsplan
- einen Zwischenbericht über den Bau der Straßenbahn nach Kirchheim.
- Die Verwaltung wird beauftragt, eine detaillierte Planung für eine Stadtbahn nach Sinsheim, die das HSB und DB-Gleisnetz nutzen kann, zu erstellen.
- Die GAL fordert von der Verwaltung einen Bericht über die Steigerung der Effektivität bei der HVV mit Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung der HSB.
- Weiterhin wünscht die GAL einen Bericht über die Verbesserungsbemühungen bei Ampelschaltungen, den Stand der Verbesserungen bei Radwegen und einen Bericht über die besonderen Bedürfnisse von Senioren im Verkehr.

Soziales
Die GAL stellt den Antrag, das Rahmenprogramm "soziale Sicherung" fortzuschreiben, und zwar mit einer Erhöhung von 150.000 Mark. Im Einzelnen soll ein Internetcafe (60.000 Mark) eingerichtet werden und ein Streetworker zur Verfügung stehen, der Jugendlichen Sportstätten auch ohne übliche Vereinsmitgliedschaft zugänglich macht. Zusätzliche Gelder will die GAL für den Jugendhof, den Kinderschutzbund, den Verein Schädel-Hirn-Verletzte, der Werkstatt, e.V. Pro Familia, für allgemeine Frauenarbeit und für die Bahnhofsmission.

Grundsätzlich strebt die GAL eine jährliche oder zweijährliche finanzielle Anpassung als Inflationsausgleich an. Wie diese Summe verteilt wird, darüber soll ein "Runder Tisch" aus Ämtern, Gemeinderäten und Betroffenen entscheiden. Von dieser Einrichtung erhofft sich die GAL eine bessere Koordinierung und Zusammenarbeit der im sozialen Bereich Tätigen.

Kultur
Für Zuschussempfänger im kulturellen Bereich beantragt die GAL eine Erhöhung des Zuschussvolumens um zwei Prozent. Das zusätzliche Geld soll nicht gleichmäßig verteilt werden. Stattdessen soll dem Kulturamt ein Spielraum für eine eigene Schwerpunktsetzung gegeben werden.

Schließlich beantragt die GAL zusätzliche 45.000 Mark für das Unterwegstheater, da die neue Spielstätte in der Klingenteichhalle Mehrkosten verursacht.
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Annette Trabold

F.D.P.

"Durch behutsame Ansatzreduzierungen einsparen"

Stadträtin Dr. Annette Trabold hat für die F.D.P. folgende Anträge eingebracht:
- Erhöht werden sollen die Ansätze für das Unterwegstheater um 45.000 Mark, für den Kinderschutzbund für das Projekt "Betreuter Umgang" um 25.000 und für Pro Familia um 16.000 Mark.
- Um diese Erhöhungen zu ermöglichen, will die F.D.P. bei Planungen und Gutachten, beim Projekt Gesunde Städte und bei der Abfallberatung durch Dritte die entsprechenden Summen durch behutsame Ansatzreduktionen einsparen.
- Den Haushaltsansatz "Stadtmarketing" in Höhe von 150.000 Mark soll mit folgender Fußnote versehen werden: "Gesperrt bis zur Vorlage und Verabschiedung einer Konzeption durch den Gemeinderat." 20.000 Mark dieser Summe sollen außerdem für "Vorbereitungskosten für den Citybus" konkret verwendet werden.
- wollen 200.000 Mark will die F.D.P. für die "Vorbereitung einer Entscheidung über die fünfte Neckarquerung" einsetzen.
- Die F.D.P. will außerdem dem Ansatz für die EDV-Ausstattung der Verwaltung um 10 Prozent kürzen. Ein wesentlicher Beitrag für den Haushalt wird außerdem die Effizienzsteigerung bei der HVV sein. Es gelte zu prüfen, in wieweit der Leitantrag von 1998 zur Effizienzsteigerung in Höhe von 25 Millionen Mark bis zum Jahr 2002 erfüllt ist. Konkrete Zahlen müssten nun für 1999 auf den Tisch, nachdem 1998 bereits 5,8 Millionen eingespart wurden. Die F.D.P. befürchtet, dass die HVV ihre Forderungen nicht Ernst genug nehme und langfristig die Finanzierung des ÖPNV nicht mehr gewährleistet sei..."
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Hermann Gundel

FWV

"Verwirklichung von Zukunftsprojekten nicht zufrieden stellend"

"Mit Ausnahme des Technologieparks ... war das Bemühen und der Erfolg der Verwaltung bei der Inangriffnahme und Verwirklichung von Zukunftsprojekten nicht zufrieden stellend", sagte Stadtrat Hermann Gundel von der FWV in seiner Stellungnahme. Um dies zu ändern, wurde der Leitantrag zum Haushalt 2000 von CDU, "Heidelbergern" und FWV gestellt.

12 Änderungsanträge hat die FWV eingebracht. Dazu gehören
- eine Anschubfinanzierung für das Stadtmarketing nach Erarbeitung eines Konzeptes durch die Stadtverwaltung
- die Einrichtung eines "Sport-Streetworkers", damit die städtischen Sportstätten auch für nicht vereinsgebundene Jugendliche geöffnet werden können.
- eine Erhöhung des Zuschusses an den Jugendhof
- Förderung und Unterstützung der Vereine durch mehr ehrenamtliche Übungsleiter.
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Wolfgang Lachenauer

"Heidelberger"

"Image der Stadt wieder aufbessern"

Die "Heidelberger" haben mit der CDU und der FWV den Leitantrag eingebracht. Wolfgang Lachenauer erläuterte die Änderungsanträge.

"Ziel ist es und muss es sein, das Image der Stadt Heidelberg wieder aufzubessern und deutliche Signale zu setzen. Notwendig ist eine "Standortsicherung" der Stadt Heidelberg und der hiesigen Betriebe und Arbeitnehmer, ein Bestehen im Konkurrenzkampf der Städte und weiterhin, dass in Heidelberg wieder investiert wird. Es muss außerhalb Heidelbergs und in der Bundesrepublik die Botschaft ankommen: "In Heidelberg tut sich wieder etwas."

Neben dem Leitantrag stellten die "Heidelberger" noch verschiedene Einzelanträge wie

- Beginn der Finanzierung der Tunnelprojekte
- Erhöhung der Mittel zur Instandhaltung des städtischen Vermögens wie Straßen und Gebäude, insbesondere die Schulen
- Sanierung der Brücke Grenzhöfer Weg, nicht zuletzt als Nachbarschaftshilfe für die Stadt Eppelheim
- Bau der Feuerwehrhäuser in Kirchheim und Handschuhsheim
- Bau des Feuerwehrhauses für die Berufsfeuerwehr
- Aufwertung des Neckarmünzplatzes
- Umwandlung des Frauennachttaxis in ein Sozialtaxi
- Steigerung der Unterstützung des Jugendhofes
- Abschaffung von Angsträumen (Kehler Weg im Hasenleiser, Wiesenweg in Handschuhsheim)
- Erhöhung der Sportförderung, teils für den Sportstättenbau und teils für die im Sport ehrenamtlich Tätigen

Zudem wollen "die Heidelberger" eine Strukturdiskussion über die Aufgaben des Verkehrsvereins, der Heidelberger Wirtschafts- und Entwicklungsgesellschaft und eines möglichen City-Mangers führen, um drei nebeneinander tätige und bezuschusste Einrichtungen zu vermeiden.

Schließlich wollen "die Heidelberger" auch das Image des Gemeinderats verbessern: "Wir wollen nicht immer dasselbe stundenlang diskutieren, sondern entscheiden und für die Umsetzung der Entscheidungen Sorge tragen.", so Lachenauer.
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Erste Stellungnahme der OB

"Wenn die Gewerbesteuer sinkt, dann hätten wir direkte Mindereinnahmen von rund 2,8 Millionen Mark", sagte Oberbürgermeisterin Beate Weber in einer ersten Stellungnahme auf den Leitantrag von CDU, "Heidelberger" und FWV. "Dies würde bedeuten, dass uns eine Investitionssumme von etwa 30 bis 35 Millionen Mark verloren ginge." Da in Heidelberg über 4.000 kleine und mittlere Betriebe gar keine Gewerbesteuer zahlen, bringe eine Senkung dieser Steuer gerade für diejenigen Betriebe keine Entlastung, die von den Antragstellern besonders begünstigt werden sollen.

Im Zusammenhang mit den Kürzungsvorschlägen bei den Verwaltungsausgaben wies die Oberbürgermeisterin darauf hin, dass die Verwaltung in den letzten Jahren mit eigener Kraft schon 28 Millionen Mark eingespart habe. Jetzt werde das Doppelte in vier Jahren gefordert. "Wie soll das zu bewerkstelligen sein, ohne ganze Leistungspaletten zu streichen oder die Bürger mit erheblich schlechterer Qualität von Leistungen zu belasten?", fragte die Oberbürgermeisterin.

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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 8. Februar 2000