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stadtblatt Jahresrückblick 2017 2 OB-INTERVIEW „Wohnquartiere, Innovationspark, Großsporthalle: Wir können vieles realisieren, ohne Grünflächen anzutasten“ Interview mit Ober- bürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner zum Jahresende Am 20. Juli 2017 gingen Bilder aus Heidel- berg umdie ganzeWelt.War das für Sie das eindrücklichste Ereignis in diesem Jahr? Prof. Dr. Eckart Würzner Es war ein wunderschöner Tag. William und Kate waren unglaublich sym- pathisch. Und unsere Stadt hat sich einfach toll präsentiert. Ich glaube, wir konnten auch eine politische Botschaft mitsenden: Egal, wie die nationalen Regierungen sich ver- halten – Thema Brexit – es gibt viel Gemeinsames in Europa. Genauso wollten wir uns positionieren. Heidelberg ist eine gesuchte Adresse, 15.000 Einwohner mehr in zehn Jahren – wieviel Zuzug kann Heidelberg noch stemmen? Würzner Wir sind in Heidelberg in einer glücklichen Lage. Es gibt in Deutschland ganz andere Situa- tionen. Es gibt viele Regionen, aus denen die Menschen wegziehen. Heidelberg dagegen ist hoch attrak- tiv und zieht Menschen an. Das kre- iert auch Schwierigkeiten, das ist richtig. In Heidelberg wurden über Jahrzehnte zu wenige Wohnungen gebaut. In den vergangenen Jahren haben wir zwar sehr viel Wohnraum geschaffen. Aber wir werden den Bedarf damit immer noch nicht de- cken. Das ist ein großes Thema. Des- wegen brauchen wir die Region. Nur gemeinsam können wir gute Kon- zepte entwickeln. Neues Wohnen in der Bahnstadt und auf den Konversionsflächen Durch den Abzug der Amerikaner sind große Flächen frei geworden. Hätten Sie die Projekte, die jetzt umgesetzt werden, ohne diese überhaupt realisieren können? Würzner Wir hätten es auf jeden Fall anders lösen müssen. Wir hät- ten auf landwirtschaftliche oder freie Flächen gehen müssen. Genau das wollen wir nicht, denn wir wol- len den grünen Gürtel um Heidel- berg erhalten.Deswegen bin ich sehr froh, dass wir die Konversionsflä- chen haben. So haben wir in Innen- stadt-Lage tolle Flächen bekommen. Wir schaffen in der Südstadt ein ganzes Quartier mit bezahlbarem Wohnraum. Hier entstehen 1.200 Wohnungen, davon mehr als 800 im bezahlbaren Segment. Das heißt ganz konkret: für eine Miete von maximal acht Euro. Wir können so auch den Innovationspark auf den ehemaligen Patton Barracks umset- zen oder unsere neue Großsporthal- le, ohne auch nur einen Quadratme- ter Grünfläche anzutasten. Die Bahnstadt ist ja auch ein Konversi- onsprojekt – die Umwandlung von einer Industriebrache in einen Stadtteil. Kann man die Bahnstadt als Modell für den Stadtteil der Zukunft bezeichnen? Würzner Ja, das kann man. Das Zentrum der Bahnstadt bilden Forschungs- und Wissenschafts- einrichtungen sowie innovative Unternehmen. Darum liegen Wohn- quartiere, Lokale und Geschäfte, Kitas,die Grundschule,das Kino und so weiter. Wir haben bewusst keine Einfamilienhaus-Siedlung gebaut, sondern vier- und fünfgeschossige Häuser. So gehen wir schonend mit natürlichen Ressourcen um. Und so sorgen wir gleichzeitig für eine gro- ße Angebotsvielfalt im Quartier. Das kommt sehr gut an. Gerade junge Familien gehen gerne in die Bahn- stadt, aber auch Ältere,weil sie kom- plett barrierefrei ist. Die Bahnstadt wird auch Standort für das Konferenzzentrum. Sind Sie mit dem, was da entstehen wird, zufrieden? Würzner Ich bin sehr zufrieden. Wir haben uns auf denWeg gemacht, durch einen breiten Bürgerdialog ei- nen neuen Standort zu finden und den haben wir jetzt. Wir haben den Architektenwettbewerb mit einem tollen Ergebnis abgeschlossen und fangen bald an zu bauen. Ich bin si- cher, dass das für Heidelberg einen großen Sprung nach vorne geben wird, weil wir gerade für unsere hervorragenden wissenschaftlichen Einrichtungen endlich einen Ta- gungsort anbieten. Gleichzeitig gibt es eine fantastische Perspektive für unsere Stadthalle. Wir müssen das Gebäude sanieren, die Toiletten, den Umkleidebereich, die Zugänge, die nicht barrierefrei sind. Wolfgang Marguerre und wei- tere Mäzene haben in dieser Situati- on Spenden im Umfang von 22 Milli- onen Euro zugesagt.Damit kommen wir in ganz andere Dimensionen. Jetzt müssen wir nicht das Notwen- digste flicken, sondern können die Stadthalle zu einem Konzert- und Kulturhaus für alle Bürger weiter- entwickeln. Heidelberg ist im Wandel, das wirkt sich auf die Mobilität aus. Welches Mobili- tätskonzept verfolgt die Stadt? Würzner Wir müssen vor allem im Bereich der Massenverkehrsträ- ger, also Straßen- oder auch S-Bahn, unsere Angebote weiter verbessern. Wir bauen unsere Straßenbahn mit dem Mobilitätsnetz aus. Das alleine hat ein Volumen von 160 Millionen Euro. Heidelberg hat neben Münster den höchsten Anteil an Radverkehr in Deutschland. Das wollen wir wei- ter ausbauen. Wir planen mehrere Radschnellwege, nach Mannheim, von der Südstadt ins Neuenheimer Feld, und eine Achse nach Schwet- zingen. Heidelberg ist Vorreiter beim Klima- schutz. Sie haben Elektrobusse bestellt. Ist der Klimaschutz für Sie eine Heraus- forderung oder auch eine Herzensangele- genheit? Würzner Es ist beides. Ich komme selbst aus der Umweltbewegung und habe früher als Umweltfachberater, Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner ( Foto Geiss) „William und Kate waren unglaublich sympathisch. Und unsere Stadt hat sich einfach toll präsentiert.“ ( Foto Diemer)

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