Pfaffengrund


Der "dicke Bergmaier" - Heizkessel des Alten Gaswerks und Wahrzeichen des Pfaffengrund, 1950.
Der Pfaffengrund ist Heidelbergs drittjüngster Stadtteil und gleichsam am Reißbrett entstanden. Er geht zurück auf eine nach dem Ersten Weltkrieg gegründete Genossenschaftssiedlung. Der Name der Siedlung wird auf ältere Flurnamen zurückgeführt, wie "Pfaffengründer Platte", "Niederer und Hinterer Pfaffengrund" und "Pfaffenwinkel", in denen der "Besoldungsacker eines Pfaffen", also geistlicher Versorgungsbesitz vermutet wird.

Am Anfang steht im Jahre 1918 die Gründung der "Gemeinnützigen Baugesellschaft für Volks- und Kriegerheimstätten Heidelberg" (heute: Baugenossenschaft Neu-Heidelberg). Satzungsgemäße Aufgabe ist die Schaffung gesunder und zweckmäßig eingerichteter Wohnungen und Häuser zu billigen Preisen für sozial Schwächere. Im Jahre 1919 schließen die "Gemeinnützige Baugenossenschaft" und die Stadt Heidelberg einen Vertrag, in dem letztere sich verpflichtet, das Gewann Pfaffengrund als Siedlungsgelände im Erbbaurecht bereitzustellen. Dieser Erbbauvertrag kann als Geburtsurkunde des neuen Stadtteils gelten.

Noch im selben Jahr beginnen auf den weitläufigen Kartoffel- und Gemüseäckern an der Straße zwischen Heidelberg und Eppelheim die Bauarbeiten nach einem vom Leiter des Heidelberger Bezirksbauamts Dr. Schmieder konzipierten Siedlungsplan. Dieser steht im Zeichen der Gartenstadtbewegung und bevorzugt den Flachbau mit Gartenland, das die Möglichkeit zu Gartenbau und Kleintierzucht eröffnet. Bereits Ende 1920 wird der erste Bauabschnitt mit 103 Wohnungen seiner Bestimmung übergeben. Darin finden 450 Menschen ein Unterkommen. Nach Vollendung des sechsten Baubabschnitts leben hier 1850 Menschen in 388 Wohnungen.

Dem weiteren Ausbau der Siedlung Pfaffengrund folgt auch die allmähliche Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur mit Anschluß an das elektrische Kabelnetz, Errichtung einer Notkirche der katholischen Kirchengemeinde und des evangelischen Gemeindehauses sowie 1926 der Ersatz der provisorischen Schulbaracke durch ein massives Schulhaus. Läden entstehen: ein Metzger-, ein Friseur-, ein Haushalts-, ein Schuh- und ein Papierwarengeschäft. Ein Arzt siedelt sich an, ein Polizeiposten wird eingerichtet.

In den Jahren 1932 bis 1934, auf dem Höhepunkt der Massenarbeitslosigkeit, setzt ein neuer Bauschub ein. 150 arbeitslose Familienväter erhalten Darlehen, um ein Häuschen in Eigenarbeit zu errichten. 1935 schafft die Autobahntrasse eine Grenze zwischen dem Pfaffengrund und Eppelheim, wodurch ein denkbares Zusammenwachsen in der Folge verhindert wird. Auch nach dem zweiten Weltkrieg herrscht wiederum Wohnungsnot. Innerhalb von nur fünf Jahren (1948-53) entstehen, teilweise in Selbsthilfe insbesondere von Ausgebombten und Heimatvertriebenen, 180 Wohnungen.

Nördlich der Eppelheimer Landstraße entwickelt sich, ausgehend vom 1915 errichteten städtischen Gaswerk, Heidelbergs erstes planmäßig angelegtes Industrie- und Gewerbegebiet. Wahrzeichen des Industriegebiets, ja schließlich des Pfaffengrund überhaupt, wird der "dicke Bergmaier", der nach dem Direktor der Stadtwerke benannte 70 Meter hohe markante Gaskessel.

Heute leben im Pfaffengrund knapp 8.000 Menschen. Für die vielfältigen kulturellen Aktivitäten im Stadtteil stehen mit der Fertigstellung des Neuen Gesellschaftshauses 1997 auch die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung.
   
Weiterführende Literatur

Neu-Heidelberg 1918-1928

Zehn Jahre Siedlungstätigkeit der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Neu-Heidelberg. Heidelberg 1928.

Eine Idee wird 75

Baugenossenschaft Neu Heidelberg e.G. (Hrsg.). Heidelberg 1993.
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Stand: 7. April 1999