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6 JAHRESINTERVIEW DES OBERBÜRGERMEISTERS 17. Dezember 2025 „Bleiben unserem Wertekompass treu“ OB Eckart Würzner über Sparzwänge, Potenziale und seine Gründe für Zuversicht Herr Würzner, der Haushalt war das überragende Thema in diesem Jahr – hat Heidelberg künftig noch Möglichkeiten, um zu gestalten? Oberbürgermeister Eckart Würzner Verglichen mit anderen Städten ist unsere Situation in Heidelberg noch gut – wir bleiben unserem Wertekompass treu. Vor allem Kinder und Familien wollen wir so fördern, dass jeder seine Potenziale nutzen kann. Dennoch: Die finanzielle Situation ist leider so, dass wir in allen Bereichen Einsparungen erzielen müssen. Was kommt da noch auf die Stadt zu? Würzner Wir haben bereits erfolgreich gegengesteuert und unser Ergebnis 2025 um rund 37 Millionen Euro verbessert. Für 2026 liegt ein Maßnahmenpaket mit Einsparungen von über 40 Millionen Euro auf dem Tisch. Darüber entscheidet der Gemeinderat am 18. Dezember. Das ist nicht einfach und ich bedanke mich bei allen, die hier verantwortungsvoll mitgewirkt haben. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Unsere Ausgaben liegen immer noch rund 60 Millionen Euro über den Einnahmen. Wie will die Stadt das ändern? Würzner Das können wir alleine gar nicht. Städte und Gemeinden bundesweit ächzen unter einem Defizit von rund 30 Milliarden Euro. Bund und Land müssen endlich aufhören, den Kommunen Aufgaben zuzuschieben, die nicht gegenfinanziert sind. Das fordern wir seit Jahren – auch ich ganz persönlich als Präsidiumsmitglied im Städtetag. Aber erst jetzt dringen wir langsam durch und werden endlich etwas entlastet. Spielen Sie auf das Sondervermögen an, bei dem auch Heidelberg eine große Summe bekommt? Würzner Das gibt etwas Rückenwind und hilft dabei, trotz leerer Kassen Investitionen in unsere Infrastruktur zu tätigen. Aber erstens erhält Heidelberg diese 113,5 Millionen Euro über zwölf Jahre hinweg – und nur auf Antrag zu konkreten Vorhaben. Zweitens ändert das gar nichts an der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen. Städte und Gemeinden leisten 25 Prozent der staatlichen Aufgaben – von Kinderbetreuung über Straßensanierungen bis zu Bürgerdienst und Müllabfuhr. Sie erhalten aber nur 14 Prozent der Steuereinnahmen. Das ist einfach nicht mehr akzeptabel. Gab es 2025 dennoch Momente, die Sie erfreut haben? Würzner Die neue Städtepartnerschaft mit Odessa war bewegend. Es verändert Perspektiven, wenn man mit Menschen spricht, deren Stadt im Kriegszustand ist. Gefreut habe ich mich über das erste Heidelberger Tiny House am Messplatz und die neue Sporthalle an der Geschwister-Scholl-Schule. Und ein schöner Termin kommt noch: die Eröffnung der Da-Vinci-Brücke, das Herzstück der neuen Radachse vom Süden bis ins Neuenheimer Feld. Und worauf freuen Sie sich im nächsten Jahr? Würzner Ganz klar auf die Eröffnung des Konzerthauses Stadthalle rund um den 1. Februar. Es erstrahlt in neuem Glanz, es gibt eine moderne Haustechnik, Barrierefreiheit und neue Ausblicke auf die Bühne oder in Richtung Neckar. Die ganze Stadt darf unserem Ehrenbürger Wolfgang Marguerre, seinem Unternehmen und seiner Familie dafür dankbar sein, dass sie die gesamten Kosten von 57 Millionen Euro getragen haben. Ohne sie wäre die Sanierung niemals möglich gewesen. Hoffen Sie noch auf einen Windpark am Lammerskopf, nachdem der Regionalverband dort kein Vorranggebiet ausgewiesen hat? Würzner Ja, wir wollen das planerisch jetzt auf kommunaler Ebene in die Hand nehmen. Für mich ist klar, dass wir alle Potenziale nutzen müssen, um die Energiewende in Heidelberg voranzubringen. Andernfalls riskieren wir, dass Energiepreise für alle steigen, Unternehmen abwandern und die Versorgungssicherheit infrage steht. Am Lammerskopf sind hervorragende Bedingungen – ein einziges Windrad könnte ganz Ziegelhausen versorgen. Und ein Gutachten sagt eindeutig, dass wir auch im FFH-Gebiet Windkraft mit dem Arten- und Naturschutz zusammenbringen können. Es geht nur noch umDetails bei der Zuwegung. Da finden wir sicherlich Lösungen. Sind Sie auch beim Patrick-HenryVillage optimistisch? Der Bund prüft, ob das Areal für die Bundeswehr gebraucht wird … Würzner Wir sind im Gespräch mit dem Bundesverteidigungsministerium und haben klar gemacht: PHV ist von zentraler Bedeutung für Heidelberg. Wir brauchen dringend Wohnraum in unserer wachsenden Stadt und PHV ist die letzte große Entwicklungsfläche. Wir haben dort einen Zukunftsstadtteil für 10.000 Einwohner und 5.000 Arbeitsplätze geplant – ich gehe davon aus, dass wir mit unseren Argumenten Gehör finden und unsere Pläne umsetzen können. 2026 sind Sie 20 Jahre Oberbürgermeister von Heidelberg. Haben Sie einen Wunsch zum Amtsjubiläum? Würzner Dass alle in der Stadt wahrnehmen, was für ein Potenzial wir in Heidelberg haben: Wir sind ein Hotspot für Innovationen und Start-ups, internationales Wissenschafts- und Medizinzentrum, eine der Städte mit der jüngsten Bevölkerung, einer großartigen Bildungslandschaft, einem umfangreichen Kultur- und Sportangebot und einem guten sozialen und gesellschaftlichen Miteinander. Die Heidelbergerinnen und Heidelberger haben allen Grund, jede Herausforderung mit Zuversicht anzugehen. tir Trotz schwieriger Haushaltslage hat die Förderung von Familien und Kindern für OB Würzner Priorität. Beim Kindertag stellte er Schulkindern seinen Job vor. (Foto Dittmer) Das Konzerthaus Stadthalle wird rund um den 1. Februar 2026 eröffnet. (Foto Niebylski)

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