stadtblatt zum Blättern

stadtblatt Jahresrückblick 2021 3 OB-INTERVIEW ist in den letzten Jahren um 10.000 Einwohner gewachsen, ohne die Siedlungsfläche zu vergrößern. Das ist praktizierte Nachhaltigkeit. In Heidelberg ist klimaneutrales Bauen Standard Klimaschutz ist so etwas wie ihr politi- sches Lebensthema und Heidelberg gilt heute international als Vorreiterstadt. Was ist der wichtigste Schlüssel dazu? Würzner  Dass jeder in seinem Be- reich das macht, was er machen kann. Kommunen in Deutschland haben da viele Gestaltungsoptionen – über ihre Stadtwerke, Wohnungs- baugesellschaften, Verkehrsunter- nehmen und über die Sparkassen. Das Problem ist leider oft, dass Ge- nehmigungsverfahren zu aufwän- dig sind und auch zu wenig wirt- schaftliche Anreize zum Umstieg bestehen. Wie meinen Sie das? Würzner  Ein Beispiel: Wir haben in Heidelberg vor zwölf Jahren die Bahnstadt als klimaneutralen Stadt- teil auf den Weg gebracht. Wir re- den nicht nur, wir handeln. Für uns ist klimaneutrales Bauen Standard. Auf Bundes- und Landesebene da- gegen ist klimaneutrales Bauen noch nicht ansatzweise verankert. Das wird nochmal Jahre dauern. Ein Verzug von fast 20 Jahren bis etwas, das technisch längst möglich ist,tat- sächlich in der Realität ankommt, ist zu lang. Das ist leider oft so. Wir reden auch schon seit 20 Jahren über den S-Bahn-Ausbau zwischen Heidelberg und Mannheim. Oder es dauert acht Jahre, bis eine Windkraftanlage genehmigt ist.Das können wir uns nicht länger erlau- ben. Bund und Land müssen die Ver- fahren erheblich verkürzen. Bund und Land müssen Verfahren verkürzen Sie wollen mehr Tempo – aber wie nehmen Sie dabei Menschen mit, die vor so man- cher Veränderung Angst haben? Würzner  Klimaschutz muss sozial gerecht sein. Und: Klimaschutzpoli- tik darf nicht länger mit dem Auf- kleber „Du darfst nicht!” daherkom- men. Das Motto heißt doch: „Nutze die Chance!“ Wir haben eine Bäcke- rei in Heidelberg, die hat nach einer umfassenden Beratung so viel Ener- giekosten eingespart, dass sie jetzt ihre Brötchen zum selben Preis aber mit viel besseren und noch dazu re- gionalen Zutaten verkaufen kann. Das ist genau das, was man unter „Green Deal“ versteht. Das funktioniert auch im Privaten: Wenn ich meine Wohnung saniere, kostet das natürlich Geld.Aber wenn ich danach viel weniger Heizkosten habe, meinen Strom über Solarmo- dule auf dem Dach selbst produziere und damit mein von der Stadt geför- dertes E-Auto auflade, geht die Rech- nung mittelfristig auf. Blicken wir zum Schluss noch in die Zu- kunft: Im November 2022 ist OB-Wahl. Treten Sie für eine dritte Amtszeit an? Würzner  Ja. Ich bringe viel Er- fahrung ein und ich brenne immer noch für diese Aufgabe. Ich sage im- mer: Ich bin gerne für meine Familie verantwortlich, im Kleinen und im Großen. Meine kleine Familie sind meine Frau, meine vier Kinder, mei- ne Enkel. Und meine große Familie ist Heidelberg. Als Parteiloser kann ich Brücken zwischen allen Fami- lienmitgliedern schlagen. Und abgesehen vomWahlkampf – worauf freuen Sie sich 2022? Würzner  Dass die Impfquote hof- fentlich so weit steigt, dass wir end- lich diese Pandemie überwinden und wieder mehr Normalität erle- ben können. Die Menschen müssen durchatmen,müssen sich treffen,re- den, feiern dürfen. Darauf haben wir alle viel zu lange verzichten müssen. Ein Video-Interview mit Oberbür- germeister Prof. Dr. Eckart Würz- ner zum Jahresrückblick 2021 ist im Internet zu sehen. www.heidelberg.de „Wir sind die Stadt in Baden-Württemberg, neben Heilbronn, mit dem höchsten Woh- nungszuwachs in den letzten zehn Jahren. Unsere städtische Wohnungsbaugesell- schaft GGH spielt dabei eine zentrale Rolle.“ Das von der GGH sanierte Höllen- stein-Quartier bietet nun mehr Wohnraum in 335 Ein- bis Sechs-Zim- mer-Wohnungen. ( Foto GGH/Buck) „Der ÖPNV muss attraktiver wer- den. Nicht nur durch bessere Angebote – was wir ja seit Jahren stetig machen –, sondern auch durch einen geän- derten Preis.“ Bequem vom Bahnhof in die Straßenbahn, ohne eine Straße zu queren: die Haltestelle am Hauptbahnhof ( Foto Dittmer)

RkJQdWJsaXNoZXIy NjQ3NzI2