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stadtblatt  / 3. Februar 2021 6 BEKANNTMACHUNGEN INFORMATION ZUR REFORM DER GRUNDSTEUER Das im November 2020 verabschiedete Landesgrundsteuergesetz gilt erst ab dem 1. Januar 2025 als Grundlage für die neu zu berechnende Grundsteuer. Die Reform der Grundsteuer wird sich somit erstmals in den Grundsteuerbescheiden ab dem Jahr 2025 auswirken. Bis dahin werden die Grundsteuerbescheide auf den bishe- rigen gesetzlichen Grundlagen erlassen. Warumüberhaupt eine Reform der Grundsteuer? Die Grundsteuer basiert auf den Einheits- werten. Diese wurden letztmals flächen- deckend in einer Hauptfeststellung zum 1.1.1964 nach den Wertverhältnissen in diesem Zeitpunkt ermittelt. Während sich die Wertverhältnisse seither sehr unter- schiedlich entwickelt haben, blieben die Einheitswerte unverändert.Mit Urteil vom 10. April 2018 erklärte das Bundesverfas- sungsgericht deshalb die Verwendung der Einheitswerte von 1964 als Basis für die Grundsteuer für verfassungswidrig und verpflichtete den Bundesgesetzgeber, bis Ende 2019 die Grundsteuer neu zu regeln. In einer Übergangszeit bis 2024 darf das bisherige Recht noch angewendet werden. Ab 2025 muss die Grundsteuer auf Grundla- ge neu ermittelterWerte erhobenwerden. Die gesetzliche Neuregelung Im Herbst 2019 hat der Bundesgesetzge- ber die Reform beschlossen. Er hat dabei den Ländern die Möglichkeit eröffnet, vom bundesgesetzlichen Grundsteuer- recht abzuweichen und landesspezifi- sche Regelungen zu erlassen. Davon hat der Landtag von Baden-Württemberg Gebrauch gemacht und am 4. November 2020 ein Landesgrundsteuergesetz be- schlossen. Nähere Informationen zum Landesgrundsteuergesetz finden Sie auch auf der Internetseite des Ministeriums für Finanzen Baden-Württemberg unter https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/ haushalt-finanzen/grundsteuer/. Die Eckpunkte der Neuregelung in Baden-Württemberg › Wie bisher unterliegen der Grundsteuer die Betriebe der Land- und Forstwirt- schaft (Grundsteuer A) und die Grund- stücke des Grundvermögens (Grund- steuer B) . › Auch verfahrensrechtlich bleibt es beim bisher bekannten dreistufigen Verfahren: Die örtlich zuständigen Finanzämter (Lagefinanzämter) bewerten den steuer- pflichtigen Grundbesitz und stellen die Grundsteuerwerte (bisher: Einheitswer- te) durch Grundsteuerwertbescheide fest.In einemweiteren Schritt berech- nen sie die Grundsteuermessbeträge und setzen diese durch Grundsteuermess- bescheide fest.Die Gemeinden/Städte setzen den örtlichen Hebesatz jeweils für die Grundsteuer A und die Grundsteuer B fest,erlassen die Grundsteuerbescheide und erheben die Grundsteuer. › Die Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) er- folgt inAnlehnung an die Bundesregelung in einem Ertragswertverfahren : Die land- und forstwirtschaftlichen Flächenwerden dabei mit vomGesetzgeber vorgegebenen typisierten Reinertragswerten bewertet. Der Grundsteuerwert des Betriebs wirdmit der Steuermesszahl 0,55 Promille verviel- facht und ergibt den Grundsteuermessbe- trag.Grund und Boden sowie Gebäude und Gebäudeteile,dieWohnzwecken oder ande- ren nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen,werden Steuergegenstand der Grundsteuer B. › Die Bewertung der bebauten und unbebauten Grundstücke des Grund- vermögens (Grundsteuer B) orientiert sich ausschließlich an den Bodenwer- ten .Der Landesgesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet,auch die Gebäude in die Bewertung einzubeziehen.Der Boden- wert,so seine Überlegung,spiegele den Verkehrswert eines (fiktiv) unbebauten Grundstücks lageabhängig wider und verkörpere das abstrakte Nutzenpotenzial eines Grundstücks.Grundlage sind die von den Gutachterausschüssen zu ermitteln- den Bodenrichtwerte.Maßgebend ist der Bodenrichtwert des Richtwertgrundstücks in der Bodenrichtwertzone,in der sich das zu bewertende Grundstück befindet. Soweit von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt wurde,ist der Wert des Grundstücks aus denWerten vergleichbarer Flächen abzuleiten. Der Grundsteuerwert ergibt sich aus der Multiplikation der Grundstücksfläche mit demBodenrichtwert .Die Fokussie- rung auf die Bodenwerte mit Verzicht auf die Berücksichtigung der Grundstücksbe- bauung macht die Bewertung für Zwecke der Grundsteuer bürokratiearm.Eine aufwendige Erhebung und Pflege von Ge- bäudeflächen (Wohn-/Nutzflächen,Brutto- grundflächen) und weiterer Gebäudedaten entfällt bei der Finanzverwaltung und bei den Steuerpflichtigen. Der Grundsteuerwert wird mit einer Steuermesszahl (1,3 Promille) multipli- ziert . Daraus ergibt sich der Grundsteu- ermessbetrag , der Bemessungsgrundla- ge der Grundsteuer ist. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte bebaute Grundstücke wird die Steuermesszahl umeinenAbschlag inHöhe von 30 Prozent gemindert,beträgt also 0,91 Promille . Der Grundsteuermessbetrag wird,wie bis- her,mit dem jeweiligen Hebesatz der Ge- meinde/Stadt multipliziert, woraus sich die tatsächlich zu leistende Grundsteuer ergibt, die von der Gemeinde/Stadt mit Steuerbescheid oder durch öffentliche Be- kanntmachung festgesetzt wird. Wie geht es nun konkret weiter? Zunächst steht die Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte zum Stichtag 1. Ja- nuar 2022 an.In Baden-Württemberg sind 5,6 Millionen Grundstücke und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft von den Fi- nanzämtern auf diesen Zeitpunkt neu zu bewerten. Grundlage für die Bewertung der bebauten und unbebauten Grundstü- cke des Grundvermögens sind die von den Gutachterausschüssen der Gemeinden zum 1.Januar 2022 zu ermittelnden und zu veröffentlichenden Bodenrichtwer- te .Anknüpfend an diese Grundsteuerwer- te setzen die Finanzämter die ab 1. Januar 2025 geltenden neuen Grundsteuermess- beträge fest, die der Grundsteuer ab 2025 zugrunde gelegt werden. In Zeitabständen von sieben Jahren sollen die Grundsteuerwerte dann aktua- lisiert werden, ebenso die daran anknüp- fenden Grundsteuermessbeträge. Dafür will die Finanzverwaltung ein vollauto- matisiertes, modernes Bewertungsver- fahren einsetzen. Das ist jedoch für den Auftakt noch nicht vollumfänglich mög- lich. Für die erste Wertermittlung zum 1. Januar 2022 müssen die Steuerpflichtigen deshalb die relevanten Daten,insbesonde- re die Grundstücksgröße und den Boden- richtwert,mittels elektronischer Steuer- erklärung dem Finanzamt übermitteln. Bei der nächsten zum 1. Januar 2029 vor- gesehenen flächendeckenden Aktuali- sierung der Grundsteuerwerte (Haupt- feststellung) - auf der Grundlage der auf diesen Zeitpunkt von den Gutachteraus- schüssen zu ermittelnden Bodenricht- werte - soll dieser Aufwand dann weitge- hend entfallen können. Um eine zügige Umsetzung sicherzustel- len,werden die Steuerpflichtigen im Laufe des Jahres 2022 von der Finanzverwaltung voraussichtlich durch eine Allgemeinver- fügung aufgefordert, eine Erklärung für ihren Grundbesitz einzureichen. Hierfür wird das Aktenzeichen des Finanzamts für das jeweilige Grundstück benötigt. Dieses ist auf dem aktuellen Grundsteuer- bescheid der Gemeinde/Stadt mit angege- ben. Die Finanzämter berechnen aus den Angaben den Grundsteuerwert, legen den Steuermessbetrag fest und teilen beides den Steuerpflichtigen per Bescheid mit. Auch die Kommunen erhalten die von ih- nen benötigen Daten. Auf Basis der Vorarbeit der Finanzämter kann jede einzelne Stadt und Gemeinde bis Anfang 2025 den kommunalen Hebe- satz berechnen und beschließen. An- schließend erstellt und versendet die Kommune die Grundsteuerbescheide für das Jahr 2025 an die Steuerpflichtigen.Die neue Grundsteuer in Baden-Württemberg ist dann umgesetzt. Was bedeutet die Grundsteuerreform in Euro und Cent für die einzelnen Grund- stücke? Derzeit sind noch keine belastbaren Aus- sagen dazu möglich, wie hoch die Grund- steuer ab dem Jahr 2025 für die einzelnen Grundstücke ausfallen und welche Be- lastungsveränderungen es geben wird. Entscheidend dafür ist neben den boden- wertgeprägten neuen Grundsteuermess- beträgen der künftige im Jahr 2025 an- zuwendende Hebesatz. Diesen kann die Gemeinde/Stadt erst ermitteln, wenn sie aus den Messbescheiden des Finanzamts die Summe der neuen Messbeträge kennt. Diese Datenbasis wird den Gemeinden/ Städten voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 2024 vollständig vorliegen.Auch bei insgesamt angestrebterAufkommensneut- ralität wird es allerdings zwischen Grund- stücken, Grundstücksarten und Lagen zu Belastungsverschiebungen kommen. Dies ist nach der Entscheidung des Bundes- verfassungsgerichts, in der die bisherige Bewertung und damit auch die Verteilung der Grundsteuerlast auf die Grundstücke als verfassungswidrig erachtet und dem Gesetzgeber eine Neuregelung aufgegeben wurde,die zwangsläufige Folge der Reform.

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