Kultur und Freizeit

„Ich setze auf unsere eigene Kraft“

Ein Gespräch mit der künftigen Heidelberger Tanzdirektorin Nanine Linning

Die aus Amsterdam stammende Nanine Linning gilt gegenwärtig als eine der erfolgreichsten Choreografinnen der Niederlande. Ab der Spielzeit 2012/13 übernimmt sie die Leitung des neuen Heidelberger Tanztheaters. Dem Heidelberger Publikum stellt sich Linning aber bereits am 22. Oktober vor: mit der Heidelberg-Premiere der Tanzproduktion „Requiem“.

Szene aus der Tanzproduktion „Requiem“.
Szene aus der Tanzproduktion „Requiem“. (Foto: Kalle Kuikkaniemi)

Frau Linning, Sie haben in Heidelberg keine leichte Aufgabe. Die Tanztheaterkooperation Freiburg – Heidelberg hat die Begeisterung des Publikums für den Tanz nicht befördert. Wie wollen Sie die Heidelberger für den Tanz zurückgewinnen?

Linning: Ich fange hier mit einer neuen Truppe an und setzte ganz auf unsere eigene Kraft. Meine Arbeit unterscheidet sich von der bisherigen insofern, als ich spartenübergreifend arbeite und sehr körperlich. Ich setze auf die Energie, die sich dabei entwickelt und auf das Publikum überträgt. Das ist es, was eine Stadt braucht. Meine Arbeit ist universal lesbar, man braucht dazu nicht einmal ein Programmheft, weil sie Themen und Gefühle anspricht, die jeder aus seinem eigenen Leben kennt. Auch Leute, die nicht viel über Tanz wissen, können einfach einsteigen.

Mit Johann Kresnik arbeitete in den 80ern einer der Pioniere des deutschen Tanztheaters in Heidelberg. Ist er nicht eine Art „Übervater“ für die, die sein Erbe antreten?

Linning: Nein, das sehe ich nicht so. Ich mache etwas ganz Eigenes. Wir haben eine Gemeinsamkeit in unserem spartenübergreifenden Ansatz. Aber ich mache kein Handlungsballett, ich erzähle keine Geschichte. Ich kreiere Bilder, die assoziativ wirken.

Sie wollen in Heidelberg spartenübergreifend arbeiten.Warum ist der Blick über den Tanz hinaus so wichtig für Sie?

Linning: Es geht mir um die Freiheit, zu gestalten, was ich im Kopf habe. Ich kann Werkzeuge benutzen, die der Tanz alleine nicht bietet, kann beispielsweise mit Mode etwas erschaffen, was ein nackter Körper nicht kann. Warum sollte ich mich auf eine Sparte beschränken, wo es doch so viele Möglichkeiten gibt? Meine Ideen kommen aus dem Tanz, aus der Körperlichkeit, aber dabei alleine muss es nicht bleiben.

Sie kommen erst zur nächsten Spielzeit ganz nach Heidelberg. Was bedeutet das für den Heidelberger Tanz in dieser Spielzeit?

Linning: Wir möchten schon in dieser Spielzeit eine Art „Warming up“ mit dem Heidelberger Publikum machen, eine Vorschau auf das geben, was in der nächsten Spielzeit kommen wird. Ab 22. Oktober ist „Requiem“ im Opernzelt zu sehen, eine Produktion, die ich bereits in Osnabrück gezeigt habe. Ich arbeite hier mit Tänzern aus acht Nationen, mit Chor und Orchester. „Requiem“ ist ein Cross-Over-Projekt zwischen Ausstellung, Konzert und Tanz, keine Totenmesse, sondern eine Feier des Lebens. Natürlich bin ich gespannt, wie das Publikum reagiert. Das Opernzelt ist das ganze Gegenteil zur Bühne in Osnabrück. Auch das ist für uns eine neue Herausforderung.

Nanine Linning

Die 34-jährige Nanine Linning absolvierte die Rotterdamer Tanz- Akademie und assistierte unter anderem William Forsythe. Seit 2006 leitet sie ihre eigene Compagnie NANINELINNING.NL. Seit 2009 ist sie auch künstlerische Leiterin und Chefchoreografin der Dance Company Theater Osnabrück. Ab der Spielzeit 2012/13 übernimmt Nanine Linning die Leitung der Theater Heidelberg/Dance Company Nanine Linning. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, unter anderem als beste Choreografin der Niederlande.  (eu)