Thema der Woche
„Eine Schlüsselrolle kommt dem Gesprächskreis zu“
Zur nachhaltigen Verbesserung der Situation in der Altstadt müssen Stadt, Anwohner/-innen, Wirte, Einzelhändler und Polizei eng zusammenarbeiten
Der vom Gemeinderat am 22. Oktober bei vier Nein-Stimmen und einer Enthaltung beschlossene Bebauungsplan Östliche Altstadt regelt künftig die Nutzung von Gewerbeflächen in der Altstadt. Doch der Plan entfaltet seine Wirkung nur langfristig. Ein STADTBLATT-Interview mit Bürgeramts-Leiter Bernd Köster über die Situation in der Altstadt.
Was kann die Stadtverwaltung tun, um die Konflikte zwischen Anwohnern und den Gästen gastronomischer Betriebe kurzfristig zu entschärfen?
Grund für die derzeit sehr hohen Belastungen für die Anwohner/-innen in der Altstadt ist eine Vielzahl von Faktoren, deshalb soll eine Vielzahl von Maßnahmen Abhilfe schaffen. Der Bebauungsplan ist ein wichtiger Baustein. Für die massiven Störungen in der Kernaltstadt sind nicht allein die Gastwirte und ihre Gäste verantwortlich. Fakt ist, dass ein geändertes Ausgeh- und Trinkverhalten, die erhebliche Zunahme von Junggesellenabschieden, die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten sowie der Erlass des Landesnichtraucherschutzgesetzes die Situation im öffentlichen Raum drastisch verschlimmert haben.
Oberbürgermeister Würzner hat als Sofortmaßnahme angeordnet, die über die Sondernutzungserlaubnis hinausgehende Außenbewirtschaftung zu untersagen. Stellen der Kommunale Ordnungsdienst oder die Polizei Verstöße fest, wird gegen Gaststättenbetreiber konsequent Anzeige erstattet. Bei Beschwerden und konkreten Lärmbelästigungen werden Gaststättenbetreibern für den Innenraumbetrieb längere Öffnungszeiten verweigert; im Extremfall kann verfügt werden, dass die Gaststätte noch früher schließen muss als bisher.
Gegen die sogenannten „Rucksacktrinker“, die auf Straßen und Plätzen störend auffallen, wird in Absprache mit der Polizei konsequent Anzeige wegen Ordnungwidrigkeit erstattet. Künftig sollen mehr Platzverweise sowie längerfristige Aufenthalts- und Betretungsverbote ausgesprochen werden. Über den Städtetag soll ferner eine Ermächtigung im Polizeigesetz verankert werden, die es uns ermöglicht, an Brennpunkten vorsorglich den Alkoholkonsum zu verbieten.
Eine Schlüsselrolle wird dem Gesprächskreis Pro Altstadt mit Vertreterinnen und Vertretern aller beteiligten Organisationen, Initiativen und Verbänden zukommen, der von Oberbürgermeister Dr. Würzner eingerichtet worden ist. Denn die Situation lässt sich nachhaltig nur verbessern, wenn Anwohner, Wirte, Bürgerinitiativen, Einzelhändler, Polizei und Stadt eng zusammenarbeiten. Der Gesprächskreis tagt erstmals am 10. November 2009.
Welche Rolle hat dabei künftig der Kommunale Ordnungsdienst (KOD)?
Eine sehr wichtige. Nur Kontrollen durch den KOD und die Polizei können nachhaltige Verbesserungen erzielen. Kontrollen stellen sicher, dass Anordnungen und Auflagen eingehalten werden. Nur durch konsequentes Vorgehen, unter anderem durch Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen, werden Verhaltensänderungen erreicht. Erste Gespräche mit der Polizei, wie die Kontrollen und die Präsenz vor Ort verstärkt werden können, haben bereits stattgefunden.
Ab 1. Januar 2010 tritt in Baden-Württemberg eine Regelung in Kraft, wonach Gaststätten und Diskotheken bis fünf Uhr morgens öffnen dürfen. Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner hat angekündigt, dass diese Regelung – zumindest in der Altstadt – mit einer Satzungsänderung eingeschränkt werden soll. Wie muss man sich das vorstellen?
Nach der derzeitig gültigen Gaststättenverordnung beginnt die Sperrzeit um 2 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag um 3 Uhr. Nach dem Willen des Landes soll die Verordnung zum 1. Januar 2010 dahingehend geändert werden, dass die Sperrzeit um 3 Uhr und in der Nacht von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag um 5 Uhr beginnt.
Nach unseren Informationen wird es für die Gemeinden – wie bisher auch – die Möglichkeit geben, die Sperrzeit zu verlängern, beispielsweise bei besonderen örtlichen Verhältnissen. Da die Altstadtbewohner/-innen derzeit enormer Lärmbelastung ausgesetzt sind, wird es rechtlich möglich sein, die voraussichtlich ab Januar 2010 geltenden, längeren Öffnungszeiten für Gaststätten gleich wieder zu verkürzen.