Stadt & Leute
Diplomat im Dienste der Sprache
Kurt Brenner war Gesprächsgast von Michael Buselmeier bei „Erlebte Geschichte – erzählt“
Im Rahmen der „Französischen Woche“ und an ungewohntem Ort, weil der Hilde-Domin-Saal während des Stadtbücherei-Umbaus nicht zur Verfügung steht: Auf der Bühne des „Zwinger 3“ befragte Michael Buselmeier (70) im Rahmen der Reihe des Kulturamtes „Erlebte Geschichte – erzählt“ am vorvergangenen Sonntag Kurt Brenner (73), Leiter des Heidelberg-Hauses in Montpellier.
Beruflich aktiv weit jenseits der üblichen Pensionsgrenze – möglich ist das nur, weil das Haus von einem Verein getragen wird. So steht der beeindruckend vitale Kurt Brenner, mittlerweile eine Kultfigur der deutsch-französischen Beziehungen, dem Heidelberg-Haus seit fast 40 Jahren vor. 1969 übernahm er die Leitung in stürmischen Zeiten. 1966 gegründet, hatte das Heidelberg-Haus zwei Jahre funktioniert, war dann aber – 1968 – für ein Jahr geschlossen. Brenner startete neu mit einem breit gefächerten Angebot an deutschen Sprachkursen und hatte den hochaktuellen „Jungen deutschen Film“ im Gepäck.
Turbulent wurde es nochmals 1977. Einen Tag nach der Geiselbefreiung von Mogadischu fand man eine Bombe unter Kurt Brenners Auto. Sie galt, so Brenner, wohl weniger ihm als Person denn als Repräsentanten Deutschlands. Die „Rote Armee Fraktion“ hatte in jenen Tagen eine Operationszentrale im Hinterland von Montpellier.
Doch das ist alles längst Geschichte. Heute leitet Kurt Brenner ein gut etabliertes Kulturhaus, das deutsche Sprache und Kultur nicht nur in die Stadt Montpellier, sondern in die gesamte Region von der Rhone bis zu den Pyrenäen trägt und zum Vorbild für die Schaffung von sechs ähnlichen Einrichtungen wurde, unter anderem in Dijon, Nantes und Brest.
Zehn Deutsch-Mobile
Als „kleines mittelständisches Unternehmen mit rund 30 Mitarbeitern“ bezeichnet er sein Lebenswerk, zu dem auch die Erfolgsstory „Deutsch-Mobile“ gehört. Die Deutsch-Mobile sind mit Lektorinnen und Lektoren besetzt im Lande unterwegs, um Schülerinnen und Schüler für die deutsche Sprache zu begeistern. Im Jahr 2001 mit vier Kleinbussen gestartet, sind heute in Frankreich zehn von Mercedes-Benz kostenlos zur Verfügung gestellte Busse im Einsatz.
Als „Diplomat“ im Dienste deutscher Sprache und Kultur erfuhr Kurt Brenner vielfache Ehrungen. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, Ehrenbürger von Montpellier und erhielt für sein besonderes Engagement 2003 den Initiativpreis Deutsche Sprache. Und er darf sich noch ein ganz besonders Verdienst zugute halten: Er habe, so Michael Buselmeier, in vier Jahrzehnten rund 100 deutsch-französische Ehen gestiftet.
2009 wird ein ganz besonderes Jahr für Kurt Brenner: Persönlich kann er auf 40 Jahre an der Spitze des Heidelberg-Hauses zurückblicken, was sicher gebührend gefeiert werden wird. Auf dem Programm des Hauses stehen „60 Jahre Bundesrepublik“ und „20 Jahre Mauerfall“. Gründe genug also, dem romantischen Palais in der Altstadt von Montpellier und dem Chef des Hauses einen Besuch abzustatten. (rie)