Stadt & Leute
Gegen Armut und Ausgrenzung
Stadt legt Maßnahmenkonzept für mehr Teilhabegerechtigkeit vor – Bildungsbereich im Fokus
Heidelberg handelt: Mit einem umfangreichen Maßnahmenprogramm will die Stadt Armut und soziale Ausgrenzung verhindern. Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner und der Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur, Dr. Joachim Gerner, präsentierten dem Gemeinderat Anfang Oktober ein Handlungskonzept, das Teilhabegerechtigkeit in der Stadt großschreibt.
In der gemeinsamen Sitzung des Stadtentwicklungs- und Verkehrs-, des Sozial- und des Jugendhilfeausschusses am 8. Oktober gab es viel Lob für die Vorlage der Verwaltung. Die 120 vorgeschlagenen Maßnahmen setzen zum Großteil im Bildungsbereich an. Die „sehr gute Vorlage“, so SPD-Stadträtin Anke Schuster, sei eine wichtige Entscheidungshilfe für die jetzt anstehenden Haushaltsberatungen. Ihr Wunsch: Die Maßnahmen stadtteilbezogen zu ordnen und das Essensgeld auch für Schüler/innen der weiterführenden Schulen sicherzustellen.
Eine bessere Sortierung der Maßnahmen wünscht sich auch Grüne-Stadträtin Dr. Barbara Greven-Aschoff. Sie begrüßte die klare Positionierung für Ganztagsschulen – eine geteilte Freude mit CDU-Stadträtin Margret Dotter, die betonte: „Teurer als eine gute Schulausbildung ist eine schlechte Schulausbildung.“ Durch die konsequente Förderung von Ganztagsschulen könne die Stadt hier viel Positives bewirken. Das sieht FWV-Stadtrat Klaus Pflüger ebenso. Langfristiges Ziel der Stadt müsse grundsätzlich die Ganztagsschule sein, aber es sei wichtig, als flankierende Maßnahmen geeignete Qualitätskontrollen einzuführen. Heidelberger-Stadträtin Lore Schröder Gerken mahnte an, das Handlungsfeld Arbeiten sei nicht ausreichend berücksichtigt, denn: „Das Problem sind nicht Hauptschüler ohne Abschluss, sondern Hauptschüler mit schlechtem Abschluss, die keine Ausbildungsstelle finden.“
Bürgermeister Dr. Joachim Gerner unterstrich, das vorgelegte Handlungsprogramm werde sukzessive systematisiert, aktualisiert und erweitert. Demnächst sei eine Broschüre geplant, in der selbstverständlich eine klare Gliederung nach Lebenslagen und Zielgruppen erfolge.
Fakten zur sozialen Lage
Der Bericht zur Sozialen Lage hat es gezeigt: Heidelberg ist eine wohlhabende Stadt, die im Vergleich zu anderen Großstädten des Landes gut dasteht. Dennoch galten im Jahr 2005 11.600 Heidelberger/innen als armutsgefährdet, das sind acht Prozent der Bevölkerung. Von Armut betroffen oder armutsgefährdet sind dabei insbesondere Kinder und Jugendliche, besonders wenn die Eltern alleinerziehend sind, wenn sie aus kinderreichen Familien oder solchen mit Migrationshintergrund stammen.
Heidelbergs südliche Stadtteile sind eher von Armut betroffen als die im Norden, der Wohlstand und Bildungschancen sind ungleich verteilt und die hohen Wohnkosten ein Problem für einkommensschwache Haushalte.
Weil sich Heidelberg aber im Stadtentwicklungsplan 2015 auf die Fahnen geschrieben hat, eine „Stadt des sozialen Ausgleichs“ zu sein, will man mit einem Bündel von mehr als 120 Maßnahmen gegen Armut vorgehen: Zugang zu Bildung, Zugang zum Wohnungsmarkt und Zugang zu Arbeit sind die drei wesentlichen Säulen, auf die sich das Handlungsprogramm stützt. Darunter sind Maßnahmen wie der Essensgeldfonds für Klein- und Grundschulkinder, die bezahlbare Kinderbetreuung, die Einrichtung weiterer Ganztagesschulen in allen Schulsparten, Programme zur Integration von Migranten, gezielte Angebote für Wohnsitzlose und vieles andere.
Als eine Art „Frühwarnsystem“ soll der Arbeitskreis Soziale Lage fungieren. In ihm sind Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, des Jobcenters, der GGH, des Ausländer-/Migrationsrates und des Beirats von Menschen mit Behinderungen vertreten, die die Erstellung des Handlungsprogramms wesentlich mitgetragen haben. (eu/hei)