Planen und Bauen
Das Neckarufer „zurückerobern“
Der Frankfurter Stadtplaner Prof. Dr. Martin Wentz rät zu „Stadt an den Fluss“
Der Stadtplaner Prof. Dr. Martin Wentz (63), geschäftsführender Gesellschafter der Wentz Concept Projektstrategie GmbH, hielt Anfang Juli im Bauausschuss einen Vortrag zum Thema „Stadt an den Fluss“. STADTBLATT-Redakteur Dr. Bert-Olaf Rieck sprach mit dem früheren Frankfurter Planungs- und Baudezernenten, der maßgeblichen Anteil daran hat, dass die Frankfurter heute eine der längsten und schönsten Uferpromenaden Deutschlands genießen können.
STADTBLATT: Herr Professor Wentz, warum sollte Heidelberg die B 37 unter die Erde legen?
Wentz: Die Stadt muss sich ihrem Fluss wieder zuwenden. Ursprünglich waren die Städte immer dem Wasser zugewandt. Als mit der Entwicklung des Autoverkehrs neue Verkehrswege gebraucht wurden, war die einfachste Lösung, die Flussufer in Anspruch zu nehmen, um die Städte nicht zu zerschneiden. In der Folge sind diese Orte unwirtlich geworden. In den letzten Jahren hat ein Umdenken im Sinne einer „Rückeroberung“ der Flussräume eingesetzt. Mit einem Anteil von 60 bis 75 Prozent Durchgangsverkehr am Neckar ist Heidelberg – wie Düsseldorf – für einen Tunnel hervorragend geeignet, um die städtebaulichen Ziele zu verwirklichen. Und ich habe keine Bedenken, dass bei der Kosten-Nutzen-Berechnung ein positiver Wert herauskommt.
STADTBLATT: Was können wir von Frankfurt lernen?
Wentz: Das Beispiel Frankfurt zeigt, wie solche Konzepte funktionieren. Es geht um eine räumliche Aufwertung, aber auch um den mentalen Aspekt: dass der Fluss mit seinen Ufern als urbaner Raum in den Köpfen wieder präsent wird. Wir haben Frankfurt seine Identität als Frankfurt am Main neu gegeben. Die Bürgerinnen und Bürger haben den Main und seine Ufer als städtischen Lebens- und Freizeitraum angenommen. Tausende flanieren an den Wochenenden entlang der Promenaden. Die Entwicklung ist heute so, dass wir fast eine Überbevölkerung der Flussufer befürchten müssen.
STADTBLATT: Ein Tunnel ist ja nicht ganz billig...
Wentz: Die Investition in das Flussufer ist eine Investition für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und eine Investition in die Stadt als hoch attraktiver Standort. Wenn Sie nach einem Besuch Düsseldorfs zu dem Ergebnis kommen, Sie könnten sich die Stadt ohne Tunnel nicht mehr vorstellen, würde ich empfehlen, positiv zu entscheiden.
STADTBLATT: Sie raten, nicht mehr allzu lange mit der Entscheidung für „Stadt an den Fluss“ zu warten.
Wentz: Heidelberg sollte das Zeitfenster nutzen, auch im Hinblick auf staatliche Zuschüsse. Es besteht jetzt die Chance auf Bezuschussung nach dem Entflechtungsgesetz (früher: Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz). Durch den Beschluss, vorbereitende Untersuchungen nach Paragraph 141 Baugesetzbuch einzuleiten, werden die Voraussetzungen für die Aufnahme in das Stadterneuerungsprogramm des Landes geschaffen.
STADTBLATT: Vielen Dank für das Gespräch.