Stadt & Leute
Eidechsen ziehen um
Sie räumen das Bahnstadtgelände und erhalten neuen Lebensraum an der Hardtstraße
Die etwa 700 Mauer- und 200 Zauneidechsen, die noch auf dem Gelände der zukünftigen Bahnstadt leben, merken es zuerst: Es geht los mit den ersten vorbereitenden Bauarbeiten für das neue Heidelberger Quartier.
Deswegen werden die Tiere, die im ersten Bauabschnitt leben, jetzt nach und nach eingefangen und auf rund 2,2 Hektar Fläche am Rande eines ehemaligen Gleisbettes entlang der Hardtstraße ausgesetzt. Bevor sie da allerdings einziehen, wird das Areal eidechsengerecht umgestaltet. Darüber informierte jetzt die Entwicklungsgesellschaft Heidelberg, das Konsortium aus der Sparkasse Heidelberg, der LBBW Immobilien GmbH sowie der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz Heidelberg (GGH), das für Erschließung, Vermarktung und Bebauung des neuen Stadtteils zuständig ist.
Damit sich die flinken Reptilien auf ihrem neuen Quartier auch wohl fühlen, musste und muss dort noch einiges verändert werden: So ließen die beauftragten Landschaftsarchitekten des Büros „IUS – Weibel und Ness“ das Gehölz dort erst einmal weitgehend beseitigen. Anschließend wurden Gabionen aufgestellt. Das sind in Metallgittern eingefasste Trockenmauern, die als Unterschlupf für die Eidechsen dienen. Zusätzliche Schotterflächen, sandige Böden, holzgefüllte Gabionen und Reisigbündel bieten nahezu ideale Bedingungen für die wärmeliebenden Tiere. Und besonders werden die Kriechtiere zu schätzen wissen, dass ihr neuer Lebensraum regelmäßig gepflegt wird, damit er nicht verschattet. Das gab es auf dem Bahnstadtgelände nicht.
Diese ökologische Ausgleichsmaßnahme ist zwingend vorgeschrieben, weil die Eidechsen bundes- und EU-weit als streng geschützte Arten eingestuft sind. Deswegen war auch das Regierungspräsidium Karlsruhe mit eingeschaltet, das die Umquartierung zu genehmigen hatte. Das Umweltamt der Stadt Heidelberg als untere Naturschutzbehörde und Naturschutzverbände begleiteten das Ausgleichskonzept.
Die Vertreter der Naturschutzverbände äußerten sich bei der Vorstellung der Ausgleichsmaßnahme prinzipiell positiv, sie befürchten aber, dass die Eidechsen auf der neu gestalteten Fläche zu wenig Nahrung finden. Hartmut Müller-Falkenhan vom Büro IUS sieht das nicht so skeptisch, da sich in den Gabionen schon Spinnen angesiedelt hätten und eine benachbarte Kleingartensiedlung als Jagdgebiet tauge. Um Gewissheit zu erlangen, dass sich die Eidechsen tatsächlich in ihrem neuen Quartier wohl fühlen, wird die Größe der Population in den nächsten zehn Jahren regelmäßig überprüft.
Joachim Weber vom Regierungspräsidium zeigte sich sehr zufrieden mit der „ökologischen Maßnahme mit Vorzeigecharakter“. Und Dr. Hans-Wolf Zirkwitz, Leiter des städtischen Umweltamtes, wies darauf hin, dass auch der neue Stadtteil Bahnstadt selbst europaweites Vorbild im Natur- und Klimaschutz sei. Seien doch dort fast durchgängig Passivhäuser, viele naturnahe Grünflächen, begrünte Dächer und andere umweltschonende Maßnahmen vorgesehen.
Wie fängt man Eidechsen?
Frühmorgens, wenn ihnen die Kühle der Nacht noch in den Gliedern steckt, haben die wechselwarmen Tiere Anlaufschwierigkeiten. Dann sind die ansonsten flinken Echsen mit einer Schlaufe an einer Angel oder mit einem Käscher relativ leicht zu fangen. (neu)