Kultur

Von Genie, Wahnsinn und Kunst

Die Sammlung Prinzhorn zeigt Arbeiten professionell ausgebildeter Künstler aus dem Depot

Vom 1. Mai bis 14. September sind in der Sammlung Prinzhorn außergewöhnliche, bisher nicht gezeigte Werke zu bewundern: Die Ausstellung „Künstler in der Irre“ zeigt Arbeiten von Anstaltsinsassen, die vor ihrer psychischen Erkrankung eine professionelle künstlerische Ausbildung erhielten.

„Ohne Titel“ blieb das Werk Karlmax Würtenbergers, das nun erstmals in einer Ausstellung zu sehen ist.
„Ohne Titel“ blieb das Werk Karlmax Würtenbergers, das nun erstmals in einer Ausstellung zu sehen ist. (Foto: Sammlung Prinzhorn)

Ausgewählt wurden Arbeiten von 18 Malern, Grafikern und Bildhauern. Ihre Hoffnung auf eine glänzende künstlerische Karriere wurde durch den Anstaltsaufenthalt zunichte gemacht, eine Etablierung in der Kunstszene ‚draußen‘ war oft nicht mehr möglich. Ein Jahrhundert lang blieben ihre Werke unbeachtet.

Dass die Werke, die zwischen 1850 und 1920 entstanden, bisher neben rund 5000 weiteren Arbeiten im Depot der Sammlung verwahrt blieben und erst jetzt in einer Ausstellung präsentiert werden, liegt vor allem an Prinzhorns Begeisterung für eine ‚naive‘ Herangehensweise: „Für Prinzhorn waren diese Werke nicht ungewöhnlich genug, da die Künstler ausgebildet waren und nicht erst durch die Erkrankung zur Kunst fanden. Doch gerade diese Lebensläufe zeichnen ein interessantes Bild der Stellung der Künstler in der Gesellschaft, an der sie oft genug scheiterten“, so Dr. Thomas Röske, der die Ausstellung gemeinsam mit Dr. Bettina Brand-Claussen kuratierte.

Zu entdecken gibt es ganz unterschiedliche Stile und Genres: Neben figurativen Darstellungen ist die Landschaft ein häufiges Thema. Manche der Künstler, darunter August Richter und Lucie Maquet, dokumentieren ihren Alltag in der Anstalt. Auffallend ist dabei, dass die Werke häufiger Anklänge an zeitgenössische Strömungen in der Kunst aufweisen als die Arbeiten nicht ausgebildeter Künstler der Sammlung. Die stilistische Divergenz ist offensichtlich, so Dr. Röske: „Einige der Werke scheinen ihrer Zeit voraus zu sein. Andere zeigen traditionelle Stilmittel von Spätromantik bis Expressionismus.“

Mit ihrer Doppelexistenz als Künstler und Patienten repräsentieren die Schöpfer und ihre Werke knapp einhundert Jahre Kunst- und Psychiatriegeschichte. Erneut wird der alte Topos „Genie und Wahnsinn“ unter Beweis gestellt: An den Lebensläufen der Künstler lässt sich ablesen, dass Kunst und Krankheit häufig Hand in Hand gingen. Die starke schöpferische Kraft der sogenannten ‚Irren‘ ist beeindruckend und zeigt einmal mehr den besonderen Wert der Sammlung Prinzhorn.

Infos

Die Ausstellung wird am Mittwoch, 30. April, um 19 Uhr in der Sammlung Prinzhorn, Voßstraße 2, eröffnet. Öffnungszeiten und weitere Informationen unter www.prinzhorn.uni-hd.de (kdi)