Thema der Woche
„Vieles und viele bewegt“
Tag der Erinnerung an Heidelbergs Ehrenbürger Reinhold Zundel mit Ausstellungseröffnung, Kranzniederlegung und Gedenkfeier
Am Mittwoch, 9. April, wäre Reinhold Zundel, Heidelbergs ehemaliger langjähriger Oberbürgermeister, 78 Jahre alt geworden. Diesen Tag nahm die Stadt Heidelberg zum Anlass, mit mehreren Veranstaltungen ihres am 21. Januar dieses Jahres verstorbenen Ehrenbürgers zu gedenken.
Jeweils weit mehr als hundert Gäste nahmen an der Eröffnung einer Fotoausstellung im Rathausfoyer sowie an der abendlichen Gedenkfeier im Großen Rathaussaal teil. Der Dauerregen am Nachmittag verhinderte, dass sich bei der Kranzniederlegung durch Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner und Dekanin Dr. Marlene Schwöbel am Grabe Reinhold Zundels auf dem Bergfriedhof ebenso viele Teilnehmer/innen einfanden.
Unter ihnen waren nicht nur viele Heidelbergerinnen und Heidelberger, die sich noch immer mit ihrem früheren Oberbürgermeister verbunden fühlen, sondern auch Europa-, Bundes- und Landespolitiker, Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden, Mitarbeiter/innen der Stadtverwaltung, Mitglieder des Gemeinderats sowie zahlreiche ehemalige Stadträtinnen und Stadträte, die noch gemeinsam mit Zundel Heidelberger Kommunalpolitik gestaltet hatten.
Als besondere Ehrengäste konnte Oberbürgermeister Würzner die Tochter des Verstorbenen, Dr. Vera Bull, und deren Ehemann Prof. Dr. Heinz Bull begrüßen.
Als Redner aller drei Veranstaltungen würdigte Oberbürgermeister Dr. Würzner die Ära Zundel als eine Zeit erfolgreicher Entwicklung Heidelbergs: „Reinhold Zundel hat als Oberbürgermeister vieles und viele bewegt – und was ihm nicht gefiel, hat er geändert.“
Geschichte in Bildern
Bis einschließlich 6. Mai ist im Foyer des Rathauses die Fotoausstellung „Stationen“ über Reinhold Zundels fast 24-jährige Amtszeit von 1966 bis 1990 zu sehen. Sie zeigt auf 14 Tafeln insgesamt 70 Bilder – beginnend mit dem Amtseid als Amtverweser am 10. Dezember 1966 bis zur Verleihung des Ehrenbürgerrechts am 11. Juni 1995 – und ruft damit viele Ereignisse jener Jahre in Erinnerung.
Zusammengestellt wurde die Ausstellung durch das Archiv der Stadt Heidelberg. Die Bildtafeln sind mit kurzen Statements verschiedener Persönlichkeiten – ehemalige Mitarbeiter und Stadträte, Sport- und Verbandsvertreter – versehen, die zur Charakterisierung des früheren Rathaus-Chefs beitragen.
Für eine abschließende historische Bewertung des Oberbürgermeisters Reinhold Zundel, die Historiker aus kritischer und zeitlicher Distanz einmal vornehmen müssten, sei es noch zu früh, betonte Oberbürgermeister Dr. Würzner bei der Ausstellungseröffnung. Es spreche aber nichts dagegen, sich der Person Zundel mit Hilfe von Bildern anzunähern:
„Hier können wir aus dem Vollen schöpfen. Die im Stadtarchiv verwahrten Fotos zeigen ihn als handelnden, gestaltenden und vorwärts drängenden politischen Menschen. Sie zeigen verschiedene Stationen seiner Amtszeit und deuten damit die Vielseitigkeit, aber auch die Belastungen des Amtes an.“
Reinhold Zundel habe bisweilen auch polarisiert, sagte OB Würzner: „Und das mag auch heute noch vielfach die Wahrnehmung der Ära Zundel mitbestimmen.“ Es sei jedoch kaum noch zu ermitteln, welche Seite die Wahrheit vertreten habe. Denn, so zitierte Dr. Würzner die Schauspielerin Geraldine Chaplin: „Die Wahrheit ist selten so oder so. Meistens ist sie so und so.“
Als „ungewöhnlich begabt und tatkräftig“ charakterisierte Nils Kroesen, ehemaliger Geschäftsführer des Verkehrsvereins und der Heidelberger Kongress und Tourismus GmbH, den früheren Oberbürgermeister, den er auf zahlreichen Reisen unter anderem in die USA und nach Japan begleitet hatte. Es ging dabei um die Stärkung der touristischen Beziehungen ebenso wie um wissenschaftlichen Austausch.
Kranzniederlegung
Auf den Lebensweg Reinhold Zundels ging Oberbürgermeister Dr. Würzner bei der Kranzniederlegung auf dem Bergfriedhof ein. Als drittes von elf Kindern habe er schon in jungen Jahren lernen müssen hart zu arbeiten. Sein Studium der Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Frankfurt habe er selbst finanziert.
Im Alter von 36 Jahren wurde Reinhold Zundel von den Bürgerinnen und Bürgern Heidelbergs zum Oberbürgermeister gewählt. „Sein Prinzip war, dass die Einhaltung des Rechts die Voraussetzung der Freiheit ist“, sagte Dr. Würzner und fügte hinzu: „Auch wegen seiner Ehrlichkeit und Gradlinigkeit wurde er 1976 und 1984 jeweils mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt.“ Und: „Im Namen des Heidelberger Gemeinderats, der Stadtverwaltung und der Bürgerschaft verneige ich mich vor diesem großartigen Bürger dieser Stadt.“
Menschen wichtiger als Geld
„Die Menschen waren ihm wichtiger als das Geld.“ Oberbürgermeister Dr. Würzner erinnerte während der Gedenkfeier im Großen Rathaus-Saal daran, das Reinhold Zundel nach seiner Wiederwahl 1976 das Angebot erhalten hatte, Vorstandsvorsitzender einer großen Bank zu werden. Seine Reaktion: „Leute, ich kann mich nicht erst von den Menschen wählen lassen und dann wegen eurem Geld abhauen.“ Bei seinem Amtsantritt habe Reinhold Zundel versprochen, es weder sich selbst noch dem Gemeinderat „leicht zu machen“, sagte OB Würzner: „Dieses Versprechen hat er 24 Jahre lang gehalten. Und Heidelberg hat davon enorm profitiert.“
Mit einem „Dank für diese wunderbare Gedenkveranstaltung“ wandte sich Prof. Dr. Heinz Bull, Schwiegersohn Reinhold Zundels, auch im Namen seiner Ehefrau Vera an das Auditorium im Großen Rathaussaal. Er bereicherte die offiziellen Betrachtungen um einige familiäre Facetten. Er sei überzeugt, sagte Heinz Bull, Reinhold Zundel hätte zur ihm gewidmeten Gedenkfeier anerkennend „gut so“ gesagt.
Einen „klaren Denker und Lenker“ nannte Dr. Wolfgang Wagner den früheren Oberbürgermeister, mit dem er 18 Jahre lang eng und vertraut als Amtsleiter und Stadtkämmerer zusammenarbeitete: „Guten Mitarbeitern eröffnete er immer neue Perspektiven, um sie bei der Stadt Heidelberg zu halten“, erinnerte er sich.
Reinhold Zundel sei gegenüber kulturellen Belangen ebenso offen gewesen wie gegenüber Wirtschaft und Wissenschaft. Unter ihm etablierten sich die Hochschule für Jüdische Studien und das Kultur- und Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma, blickte Wolfgang Wagner zurück. Ein besonderes Anliegen sei ihm stets das Eintreten für Bedürftige gewesen.
„Seine erfolgreiche Amtsführung mobilisierte natürlich auch Gegenkräfte.“ Das war, so Dr. Wagner, auch gegen Ende seiner Amtszeit der Fall. (br.)