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Klaus Weirich

Ein Ruck geht durch Deutschland

Klaus Weirich

Wenn es nicht zu traurig wäre... es ist nahezu unglaublich: Man fühlt sich an die guten alten Zeiten erinnert, als man die Asterix-Comics gelesen hat: „...ganz Deutschland ist erfasst von einer Begeisterungswelle, ganz Deutschland? Nein, wenn es nach dem Ansinnen unserer Stadtoberen geht, wäre ein kleines Dorf ausgeschlossen...“ Aber nun zum ernsten Hintergrund des Vergleiches: Seit vielen Jahren bewundere ich in den Urlaubsländern, mit welchem Selbstverständnis die Bevölkerung zu Ihren Ländern und Ihren Traditionen steht. Es ist dort völlig normal, dass an öffentlichen Gebäuden (auch ohne besonderen Anlass) die Nationalfahnen wehen, es ist ebenso normal, dass in den Gassen der Altstädte und in den Lokalen Symbole, Farben und Fahnen des jeweiligen Landes vorherrschen. Und das besondere dabei: Uns gefällt das doch allen, oder? Nur in unserem Land fehlte bislang dieses Selbstverständnis. Auch vor dem Hintergrund der schlimmen Geschehnisse in der Vergangenheit konnte man meiner Meinung nach stolz auf unser Land und unsere Traditionen sein und dies auch nach außen tragen. Leider blieb dies fast völlig aus.

Durch die Fußball-Weltmeisterschaft haben wir über das ganz Land verteilt endlich zu diesem Selbstverständnis gefunden, auf das wir über sechs Jahrzehnte verzichtet haben. Was mich am meisten freut ist, dass auch die ganze Welt, die diese Welle der Begeisterung für Deutschland hautnah mitbekommen hat, uns dies geglaubt und in keiner Weise verurteilt hat. Hierauf können wir stolz sein, denn dies ist meiner Meinung nach ein wirklich historischer Schritt für uns alle gewesen.

Nur Heidelberg musste hier wieder einmal ausscheren. Ich vermochte es kaum zu glauben, als ich als Stadtrat aus der Presse vernahm, dass die Verwaltung dazu aufforderte, die Fahnen insbesondere in der Altstadt zu entfernen. Auch, wenn man am Tage darauf anscheinend vom Gegenwind aus der gesamten Bevölkerung überrascht, zurückruderte (oder wohl eher zurück rudern musste, nachdem sich sogar die bekannteste aller Boulevardzeitungen um das Thema annahm!), bleibt dies für mich ein Trauerspiel. Ich gehe davon aus, dass die Gäste und die Bevölkerung von sich aus erkennen können, wo das Ambiente passend ist, und wo bloße Werbefahnen eher störend wirken. Dann wird sich mit der ausbleibenden Nachfrage die Sache von selbst regulieren. Mich freut eine schöne geschmückte Altstadt. Dazu gehört eine Außenbewirtschaftung, Blumenschmuck und auch Fahnen. – Es würde mich auch freuen, wenn die Stadtverwaltung aus dieser Provinzposse etwas für die Zukunft lernen würde und künftig die Regelung solcher Banalitäten den Menschen und den Gesetzen der Marktwirtschaft überlassen würde.