Thema der Woche

Ausgabe Nr. 51 · 20. Dezember 2000



"Signal für Kontinuität": Prof. Dr. Raban von der Malsburg (r.) folgte Prof. Dr. Joachim B. Schultis als Erster Bürgermeister. (Foto: Kresin)







"Großes Interesse an unserer japanischen Partnerstadt": Oberbürgermeister Yasuyuki Misumi (Mitte) besuchte Heidelberg anlässlich der "Kumamoto-Woche". (Foto: Rothe)







Hoher Besuch: Bundeskanzler Gerhard Schröder war Gast bei der Eröffnung der Print Media Academy und trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein. (Foto: Rothe)

"Kompromissbereitschaft von allen gefordert"

STADTBLATT-Gespräch mit Oberbürgermeisterin Beate Weber zum Jahreswechsel


In ihrem schon traditionellen Gespräch mit dem STADTBLATT zum Jahreswechsel bilanziert Beate Weber das zu Ende gehende Jahr und gibt einen Ausblick auf das Jahr 2001.

STADTBLATT: Das Jahr 2000 neigt sich seinem Ende zu. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit Gemeinderat und Bürgermeistern in den vergangenen 12 Monaten?

Weber: Es war ein Jahr, das von einem Wechsel und von einer richtungweisenden Entscheidung geprägt war. Der Wechsel im Amt des Ersten Bürgermeisters von Prof. Dr. Joachim B. Schultis auf Prof. Dr. Raban von der Malsburg war ein deutliches Signal für Kontinuität im Baudezernat. Ich bin davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit dem neuen Ersten Bürgermeister genauso konstruktiv und für Heidelberg vorteilhaft verläuft wie die mit seinem Vorgänger.

Die Entscheidung des Gemeinderats, das vierte Dezernat beizubehalten, war ein Signal dafür, dass Umweltpolitik weiterhin einen sehr hohen Stellenwert in Heidelberg haben soll. Auch wenn die Gemeinderäte, die die Zahl der Dezernate reduzieren wollten, sicher nicht vorhatten, die Umweltpolitik der Stadt einzustellen: Ich persönlich halte es für sehr wichtig, dass man den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft, den Verbänden und Umweltschutzgruppen die Ernsthaftigkeit städtischer Umweltpolitik mit einem eigenständigen Dezernat untermauert.

STADTBLATT: Der Haushalt 2001 steht vor der Verabschiedung: Wo liegen die Schwer- und Knackpunkte?

Weber: Der erfreuliche Aufschwung in Deutschland macht sich natürlich auch in Heidelberg bemerkbar und erleichtert unsere finanzielle Planung. Ich habe in meiner Haushaltsrede vier Schwerpunkte städtischer Politik für das neue Haushaltsjahr dargestellt: nachhaltige Stadtentwicklung, soziale Stadt, Wirtschaftsförderung und Beschäftigung sowie bürgerschaftliches Engagement. Im Gemeinderat sind wir uns weitgehend einig, dass weitere Investitionen in Kindergärten, Schulen, Sportstätten, in die Betreuung von Kindern und Jugendlichen notwendig sind, dass wir Arbeitsplätze schaffende Firmen bei Ansiedlung und Expansion unterstützen und für diejenigen gute Rahmenbedingungen schaffen müssen, die sich bürgerschaftlich engagieren.

Einen gemeinsamen Nenner müssen wir noch beim Thema Mobilität finden. Nach der Heidelberg-Studie halten 69 Prozent der Heidelbergerinnen und Heidelberger den Verkehr für das wichtigste Problem. In diesem Bereich müssen wir längerfristige Stabilität sichern und deshalb dürfen wir nicht mit knappsten Mehrheiten Entscheidungen treffen. Einen Ausgleich zu finden zwischen einem möglichst reibungslosen Verkehrsfluss, dem Sicherheitsbedürfnis von Fußgängern und Radfahrern und den Anforderungen des Umweltschutzes und der Zukunftsvorsorge, ist nicht leicht. In diesem wahrlich nicht einfachen Spannungsfeld ist Kompromissbereitschaft bei allen gefordert.

STADTBLATT: In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der zukünftigen Finanzierung des ÖPNV-Angebots in Heidelberg und der Region.

Weber: Da wartet die größte Aufgabe auf uns. Vor kurzem haben wir ja schon einen Vertrag unterschrieben, der eine schrittweise Steigerung der Kostenbeteiligung des Kreises am HSB-Linienangebot beinhaltet. Fest steht aber, dass der verschärfte Wettbewerb auf dem Energiemarkt die Querfinanzierung des ÖPNV massiv einschränkt. Allerdings sind Busse und Bahnen kein Luxus, sondern tragen ihren Teil zur Lebensqualität in Heidelberg bei, weil sie umweltfreundlich sind und allen Menschen die gewünschte Mobilität ermöglichen. Vor diesem Hintergrund müssen wir entscheiden, welchen Wert der ÖPNV in Heidelberg und der Region hat und was wir bereit sind, dafür auszugeben. Die HSB wird selbstverständlich auch ihren Teil zur Problemlösung beitragen und intern nach Möglichkeiten der Kostensenkung und der Optimierung von Strecken suchen.

STADTBLATT: Welche gesellschaftlichen Ereignisse bilden Schwerpunkte im kommenden Jahr?

Weber: Auch im kommenden Jahr wird in Heidelberg viel passieren. Zwei Dinge möchte ich hervorheben. Zum einen werden auch wir 2001 das "Jahr der Freiwilligen" in der Stadt feiern. Damit findet, weltweit übrigens, eine schon fast überfällige Würdigung der Menschen statt, die ein Ehrenamt inne haben und sich bürgerschaftlich engagieren. Unsere Verwaltung sorgt zwar dafür, dass die Stadt recht reibungslos funktioniert. Die zahllosen und meist unbezahlten "Freiwilligen" aber füllen sie mit Leben.

Persönlich freue ich mich besonders auf die Veranstaltungen anlässlich des Jubiläums der Städtepartnerschaft mit Montpellier. Es ist großartig, dass schon über vier Jahrzehnte eine so lebendige Beziehung zwischen beiden Städten besteht, obwohl sie rund 1.000 Kilometer auseinander liegen. Was mich übrigens sehr gefreut hat, war das große Interesse an unserer japanischen Partnerstadt während der "Kumamoto-Woche". Das hat der Beziehung zwischen beiden Städten einen enormen Schub gegeben.

STADTBLATT: Viele neue Wohn- und Gewerbegebiete entstehen in der Stadt oder sind geplant. Wird Heidelberg bald unübersichtlich?

Weber: Das glaube ich nicht. Vielmehr erhalten wir eine Aufwertung der Quartiere und Stadtteile, in denen die neuen Wohn- und Gewerbegebiete entstehen. Man muss sich nur einmal die Entwicklung Bergheims anschauen. Der Stadtteil hat sich zu einem begehrten Wohn- und Arbeitsviertel mit städtischem Flair entwickelt. Einen ähnlich positiven Schub erwarte ich in Rohrbach durch die Bebauung des Furukawa- und Nanzgeländes. Und wenn wir weiter Dampf machen, dann können wir in absehbarer Zeit auf dem Gelände der Bahninsel und um den Bahnhof herum ebenfalls städtebauliche Akzente setzen.

Heidelberg wird nicht unübersichtlicher, sondern vielfältiger. Denn bei allen Planungen achten wir darauf, dass neue Quartiere und alter Bestand miteinander harmonieren.

STADTBLATT: Die Wirtschaft legt zu, die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Da scheint ja eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt einzutreten.

Weber: Aber nur in Teilbereichen. Wir haben weiterhin nahezu unveränderte Zahlen bei Arbeitslosen über 55 Jahren und mit Behinderung. Und auch wenn die Zahl der Jugendlichen ohne Arbeit sinkt: Wir müssen weiterhin alles tun, um diesen Menschen eine Perspektive zu geben. Die Stadt ist genauso aufgefordert, ihren Teil dazu beizutragen wie die Untenehmen in Heidelberg. Das gute Wirtschaftsklima kann uns bei der Lösung dieses Problems helfen.

STADTBLATT: Es gibt ja fast einen Wettstreit der Städte in Sachen Bürgerservice. Was können die Heidelbergerinnen und Heidelberger in diesem Bereich noch erwarten?

Weber: Wir haben ja schon viel getan in Heidelberg, auch im zu Ende gehenden Jahr. Ich erinnere an die Einrichtung des Bürgertelefons oder des "Kulturservice Heidelberg". Das neue Amt vermarktet nicht nur das kulturelle Heidelberg, man kann auch über dessen neues Vertriebssystem Eintrittskarten zu vielen Veranstaltungen bequem von zu Hause aus bestellen. Immer mehr städtische Formulare für Anträge und Ähnliches kann man übers Internet (www.heidelberg.de) ausdrucken oder sogar ausfüllen. Ein weiterer Meilenstein zu einer bürgerorientierten Verwaltung wird das Technische Rathaus sein, das wir im 2. Quartal 2001 eröffnen wollen. Dort werden wir die verschiedenen Aufgaben aus den Bereichen Planen und Bauen bündeln, so dass die Bürgerinnen und Bürger einen Großteil ihrer Anliegen bei einem Ansprechpartner bearbeiten lassen können. Das spart Zeit und Geld.

Solche Innovationen erwartet man heute von einer Kommune und mit der Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt werden wir sie in Zukunft weiter ausbauen.

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Stand: 19. Dezember 2000