Kultur

Ausgabe Nr. 51 · 20. Dezember 2000



Cholud Kassem vor ihren Arbeiten im Heidelberger Kunstverein. (Foto: Rothe)

Vielschichtig und anrührend

Arbeiten von Cholud Kassem im Kunstverein

Bemerkenswerte Arbeiten der Heidelberger Künstlerin Cholud Kassem zeigt der Kunstverein derzeit in einer Studio-Ausstellung. Die rätselhafte Formensprache voll symbolischer Kraft scheint aus grauer Vorzeit zu stammen und behauptet doch ihren Platz in der Moderne. "Schutzlinge" nennt die Künstlerin ihre groß- und kleinformatigen Arbeiten auf Papier.


Cholud Kassem vergleicht den Entstehungsprozess ihrer Bilder mit einer Malmeditation. Sie beginnt zu malen, ohne konkrete Bildidee. "Oft sind es einfache Farbflächen, die ich über- und aneinander setze, geleitet von inneren Gestaltungsimpulsen", erklärt die Künstlerin. Sie arbeitet mit Wachsmalkreide, Kohle und Acryl. Durch immer neues Auftragen und Wegnehmen von Farbe entsteht ein im wahrsten Sinne des Wortes "vielschichtiges" Bild, an dem scheinbar Verwitterungsprozesse gewirkt haben. Die Spuren dieser Arbeitsweise beseitigt sie nicht, sondern lässt sie bewusst als "Geschichte" stehen.

Als "visuelles Angebot" an die Betrachter will sie ihre Arbeiten verstanden wissen. Und sie freut sich über die sehr unterschiedlichen Assoziationen, die viele Besucher mit ihren Bildern verbinden. Ob Wappenschild, Helm, Schalen, Hörner oder Mützen, etwas archetypisches haftet diesen Formen an, die ihre Betrachter auf eigentümliche Weise berühren. Heraldisch, ernst und kraftvoll versprühen die Bilder auch eine gehörige Portion Witz.

In Bagdad 1956 geborenen, hat Cholud Kassem bereits in frühester Kindheit den Irak verlassen. Dass es Erinnerungen geben könnte, die sie zu ihren Arbeiten inspirieren, verneint sie entschieden. Sie wuchs im Rhein-Neckar-Dreieck auf, absolvierte eine Ausbildung als Zahntechnikerin, nahm ein Kunststudium an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg auf und entdeckte dort ihre Liebe zur Malerei.

Seit fünf Jahren ist sie hauptberuflich als Künstlerin tätig. Ihre erste Ausstellung "Haaf, art-à-schoko" in der ehemaligen Schokoladenfabrik im Jahre 1986 brachte Cholud Kassem öffentliche Anerkennung. Es folgten Ausstellungen in Mannheim, Braunschweig und Italien. Ein 90-seitiger Katalog zur Ausstellung, mit Beiträgen von Britta und Niels Bergemann, Hans Gercke und Manfred Kästner, ist für 48 Mark im Kunstverein erhältlich. (doh)
   
 

Öffnungszeiten

  Parallel zur Ausstellung von Ren Rong sind die Arbeiten von Cholud Kassem im Kunstverein, Hauptstraße 97, noch bis zum 21. Januar zu sehen: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr, Mittwoch von 11 bis 20 Uhr und Freitag von 11 bis 22 Uhr. Führungen durch die Ausstellungen werden mittwochs um 18 Uhr, freitags um 20 Uhr und sonntags um 13 Uhr angeboten.

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Dr. Michael Hampe
(Foto: Rothe)

"Schon mit zehn Jahren Theaterdirektor"

Dr. Michael Hampe im Gespräch mit Michael Buselmeier bei "Erlebte Geschichte - erzählt"


So vollmundig und begeistert wie Michael Hampe erzählt selten ein Mensch von seinem Leben. Der gebürtige Handschuhsheimer schwärmte von einer "phantastischen Jugend voll von Abenteuern" zwischen Wald und Neckar, Musik und Theater. Vor allem die Begeisterung für Musik und Theater sollte ihn sein Leben lang begleiten.

Als jüngstes von fünf Geschwistern in der Handschuhsheimer Mozartstraße aufgewachsen, entstammt Michael Hampe einer bekannten Heidelberger Familie. Sowohl der Großvater, der Historiker Karl Hampe, als auch der Onkel, der Archäologe Roland Hampe, lehrten an der hiesigen Universität. Der Vater Hermann Hampe war Architekt, Mitbegründer der lokalen CDU und 25 Jahre lang Stadtrat.

Vater in der CDU, Mutter der SPD nahe stehend (heute Ehrenmitglied der Handschuhsheimer SPD) wuchs der junge Hampe "mit Politik am Küchentisch", und wie er sich erinnerte, "in einem liberalen Elternhaus" auf. Zwar habe es den klassischen Generationskonflikt nie gegeben, dennoch hätten es fünf aufsässige Kinder dem Vater zu Hause nie leicht gemacht.

"Ich kann mir keine erfülltere Jugend vorstellen", schwärmt der heute 65-jährige, "gerade weil wir damals in der Nachkriegszeit vieles mit Phantasie erschaffen mussten". Er absolvierte das Kurfürst-Friedrich-Gymnasium und erinnert sich: "Die Schule war für mich der ideale Ort, Theater und Musik zu machen". Bereits mit zehn Jahren gründete er die erste Theater-Kompanie gemeinsam mit Geschwistern und Nachbarskindern. "Ich war schon mit zehn Jahren Theaterdirektor. Seither wollte ich nur das."

Er erhielt eine Ausbildung als Schauspieler und Cellist, studierte Theater- und Musikwissenschaft in München, Heidelberg und Wien und verdiente sich sein Studium als Straßenbahnschaffner in Heidelberg. Er wurde Assistent von Leopold Lindtberg am Schauspielhaus Zürich und avancierte dort bereits 1965 zum Vize-Direktor. Von 1972 bis 1975 war Hampe Intendant am Mannheimer Nationaltheater. 1975 übernahm er die Intendanz an der Kölner Oper, eine Position, die er 20 Jahre lang innehatte. Daneben war er zehn Jahre Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele und bis vor kurzem Intendant der Dresdner Musikfestspiele.

Heute zählt Hampe zu den führenden Opernregisseuren und ist als solcher in aller Welt, von London über Paris und Mailand bis Tokio tätig. Mit Promotion im Bereich Bühnentechnik, Spezialgebiet "Theaterbau", ist er außerdem Ehrenvorsitzender der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft und bei Theaterbauten von Tokio bis Oslo beratend tätig. "Die Architektur ist neben dem Theater meine zweite Passion." (doh)

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Stand: 19. Dezember 2000