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Ausgabe Nr. 50 · 15. Dezember 1999 |
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Weihnachten individuell |
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Von der Lust und Last eines traditionsreichen Festes Welche Erinnerung verbinden Sie mit Weihnachten? Gibt es einen liebgewordenen Brauch, den Sie "alle Jahre wieder" pflegen? Diese Fragen hat das STADTBLATT Heidelberger Künstlerinnen und Künstlern gestellt. Die Auswahl der Antworten deutet das Spektrum der zahlreichen Möglichkeiten an, das Weihnachtsfest am Ende des 20. Jahrhunderts zu begehen. Ilse Rohnacher, Schriftstellerin Von Wunschzetteln und Christkindengeln. Es war seltsam. Unsere Mutter wusste vor Weihnachten immer ganz genau, an welchem Tag das Christkind einen Engel zum Wunschzetteleinsammeln auf die Erde schickte. Sie kannte auch die Tageszeit und manchmal die Stunde. Aus welcher Himmelsrichtung er kam und wohin er später weiterflog, wusste sie ebenfalls. Vom Westen her immer schön am Neckar entlang und nachdem bei uns die Wunschzettel eingesammelt waren weiter nach Ziegelhausen. Ähnlich war es bei der Mutter unserer Mutter gewesen, die am Anfang der Hauptstraße in Heidelberg ihre Kindheit verbracht hatte. Das himmlische Wesen näherte sich auch vom Westen und entfernte sich nach Erledigung seiner Pflichten nach Osten. Die Mutter der Mutter der Mutter war Heidelbergerin und deren Mutter ebenso. Das ist schon lange her. Fast 200 Jahre. Wunschzettelschreiberei und Christkindengelbesuche. Da ich noch am Ort meiner Kinderwunschzettelzeit wohne, fiel es mir nicht schwer, meinen Kindern in Engelsfragen beizustehen. Sie wussten bald mehr darüber als ich, sahen Christkind und Engel, ja, ganze Heerscharen, die sich vom Himmel aus auf die Wunschzettelbriefchen stürzten. Je öfter sie die Geschichte erzählten, desto länger und farbenprächtiger wurde sie. Jetzt sind meine Kinder groß und aus dem Haus. Ich bin immer noch an Ort und Stelle, habe oft Besuch von meiner Enkeltochter. Auch vor einem Jahr in der Vorweihnachtszeit. Da sie nicht lesbar schreiben konnte, brauchte sie eine Briefschreibkundige... " Dora Mittenzwei, Malerin "Ich stamme aus einer "Schenke-Familie". Päckchen über Päckchen werden in der Vorweihnachtszeit verschickt. Alljährlich nehme ich mir vor, die "Liste der Beschenkten" zu reduzieren, den "Verschickungseifer" einfach zu vergessen und schlichtweg ad acta zu legen, aber spätestens eine Woche vor Heiligabend geht es immer wieder rund... Ich liebe es zu schenken, am besten selbst Gemachtes, möglichst Persönliches - als Kind waren es Basteleien, in meiner Jugendzeit Genähtes oder Gestricktes, und anschließend, nachdem ich intensiv zu malen begonnen hatte, von Hand gestaltete Kalender mit Fotografien meiner Bilder. Im Freundeskreis und in der Verwandtschaft wartete man schon geradezu auf dieses Präsent. Also ist vielleicht gerade zu Weihnachten die Kraft der unbewussten Absicht, Traditionen zu bewahren, stärker als der Wille oder Wunsch, sie zu durchbrechen?" Angelika Dirscherl, Papierkünstlerin "Die Fichten werden zu Weihnachtsbäumen: ineinander verschränkt, miteinander verzweigt und verästelt - gleichzeitig und endlos, heiter und leicht auch die Gedanken an den Zauber der kindlichen Weihnachten: Adventskranz - Rot - Bücher - Fäustlinge- Elisenlebkuchen - Sterne - Musik - Hörspiele - Schlitten - Pakete - Silber - Linzertorte - Orchesterproben - Schneeflocken - Springerle - Engel - Spaziergänge - Honigkerzen - Memory - Currywurst - Gold - Familienfotos - Weihnachtsbaum." Martin Münch, Pianist und Komponist "Mein ganz persönlicher Weihnachtsbrauch ist das wohl "bewussteste" Bad des ganzen Jahres - in den ein, zwei Stunden, in denen ich die 2/3-Mehrheit in der Kirche weiß. Ich gönne mir ein besonderes gutriechendes Öl, ein Buch, das ich mir meist schon Anfang Dezember für das warme Weihnachtsbad ausschaue und das mir auf eine mir wohltuende (also auf eine erleichternd vom Christentum freie) Weise Innehalten und Aktualisieren meiner Lebensphilosophie ermöglicht. Dazu höre ich eine Musik, von der ich weiß, dass sie mir viel gibt." Marie Marcks antwortete mit einer Karikatur © Marie Marcks |
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