Thema der Woche

Ausgabe Nr. 47 · 19. November 2003



Eine Fachausstellung zu Passivhaus-Komponenten ergänzte das Seminar. (Foto: Neudert)
Kann ein Altbau zum Passivhaus werden?
Thema des dritten Heidelberger Passivhausseminars war der Einsatz von Passivhaus-Elementen bei der energetischen Sanierung von Altbauten


Zum dritten Mal veranstaltete das Amt für Umweltschutz, Energie und Gesundheitsförderung der Stadt Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Architektenkammer Heidelberg vergangene Woche ein Praxisseminar zur Passivhaus-Bauweise.

In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf der Anwendung von Passivhaus-Technik an bestehenden Gebäuden. Damit kann bei der Modernisierung und Sanierung alter Gebäude sehr viel Energie eingespart werden. Mit dem nachträglichen Einbau moderner Passivhaustechnik überholen manche Altbauten mittlerweile die Neubauten in punkto Energieeffizienz. Allerdings wird die Passivhaus-Technik hier aber auch vor besondere Anforderungen gestellt, da moderne Komponenten in alte Gebäudestrukturen integriert werden müssen.

Bürgermeister Dr. Eckart Würzner begrüßte die rund 130 Teilnehmer, hauptsächlich Architekten und Vertreter von Wohnungsbaugesellschaften aus der Region, im Seminarzentrum der SRH. "Dieses Seminar ist Teil des Klimaschutzprogramms der Stadt Heidelberg", sagte Dr. Würzner. Seit zehn Jahren fördere die Stadt die energetische Sanierung von Altbauten und den Bau von Niedrigenergie- und Passivhäusern über das Förderprogramm zur rationellen Energieverwendung. "Eine solche Kontinuität bei der Energieeffizienz weist bundesweit kein anderes Förderprogramm auf."

Den zentralen Vortrag "Passivhauskomponenten bei der Modernisierung von Gebäuden" hielt Dr. Wolfgang Feist, Leiter des Passivhaus-Institutes in Darmstadt. Er stellte fest, dass sich die Komponenten für einen Passivhaus-Neubau auch bei Altbauten einsetzen lassen. Die Qualität der Dämmung sei fast gleich gut wie beim Neubau. Nur der Sockel und Bereiche, die sich nicht thermisch abtrennen lassen, bildeten die Ausnahmen.

Dr. Feist plädierte dafür, bei der Sanierung von Altbauten eine möglichst hohe Luftdichtheit anzustreben, um unangenehmen Luftzug und Bauschäden zu vermeiden. Auch eine starke Wärmedämmung verbessere gleichzeitig den Wohnkomfort und vermeide Bauschäden, vor allem Schimmelbildung. Anhand von Berechnungen und praktischen Beispielen (das untersuchte Objekt steht in Nürnberg) belegte er, dass nur bei einer nachträglichen Außenwand-Dämmung auf Passivhaus-Niveau in gefährdeten Bereichen eines Raums die Temperatur aller Oberflächen von Außenwänden, Decken und Fenstern so hoch ist, dass Tauwasser und Schimmelbildung keine Chance haben. Die Oberflächen dürfen dafür auch in den Ecken nicht kälter als 13 Grad sein.

Allerdings muss bei einer weitgehenden Luftdichtheit eines Gebäudes auch für eine ausreichende Wohnungslüftung gesorgt werden. "Zwei Mal tägliches Stoßlüften reicht für eine ausreichende Abfuhr von Raumluftbelastungen nicht aus", stellte Dr. Feist klar. Die Lufterneuerung müsse dauerhaft gesichert werden, eine Wohnungslüftung sei daher unverzichtbarer Bestandteil einer energetischen Modernisierung. Ein weiterer Baustein auf dem Weg zum Passivhausstandard sind Passivfenster mit einer Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung.

Bei einem konsequenten Einsatz von Passivhauskomponenten für Altbauten kann sich der Heizwärmebedarf um rund 90 Prozent verringern. Eine konventionelle Dämmung bringt bis zu 55 Prozent. Die Mehrinvestitionen, so der Passivhaus-Experte, ließen sich in Grenzen halten.

Beratung und...
Mit Fragen (nicht nur) zu diesem Thema kann man sich an das Amt für Umweltschutz, Energie und Gesundheitsförderung der Stadt Heidelberg oder an die KLiBA, die Klimaschutz- und Beratungsagentur Heidelberg-Nachbargemeinden, wenden. Die Mitarbeiter beantworten alle Fragen zur Energieeinsparung und zum Einsatz von regenerativen Energietechniken, insbesondere bei Altbausanierungen und Neubaumaßnahmen im Sinne einer energetisch ökologisch optimalen Bauweise. Ein wichtiger Bestandteil der Beratungstätigkeit ist die Initialberatung mit Hilfe des Heidelberger Wärmepasses. Anhand der Daten und Fakten zu einem Gebäude wird festgestellt, welche Optionen für eine Sanierung vorhanden sind, um den (Heiz-)Energiebedarf zu verringern. Kontakt: Telefon 603808, E-Mail: kliba.heidelberg@t-online.de

... Förderung
Die Stadt Heidelberg gibt Zuschüsse für die energetische Sanierung von Altbauten. Wer Wände, Keller und Dach dämmt oder wärmeschutzverglaste Fenster einbaut, kann Fördergelder abrufen. Für 2003 sind allerdings die Fördergelder schon erschöpft. Frühestens 2004 kann man neue Gelder abrufen - wenn der Gemeinderat sie für den neuen Haushalt bewilligt. Für Einfamilienhäuser im Passivhausstandard gibt es 5200 Euro, für Mehrfamilienhäuser pro Wohneinheit 3100 Euro. Mehr zum Förderprogramm unter www.heidelberg.de oder beim Amt für Umweltschutz, Energie und Gesundheitsförderung, Telefon 58-1814, E-Mail: Sabine.Lachenicht@Heidelberg.de.
 
 

Passivhaus

Passivhäuser sind Rekordhalter bei der Energieeinsparung. Ihre Technik hat sich inzwischen tausendfach bewährt. Passivhäuser verbinden komfortables Wohnen mit kostenbewusstem Bauen. Charakteristisch für Passivhäuser ist der minimale Heizwärmebedarf von höchstens 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr, was etwa 1,5 Litern Heizöl entspricht. Das ergibt Heizenergiekosten von gerade mal 150 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Auch schon nicht schlecht gedämmte Niedrigenergiehäuser verbrauchen rund vier Mal so viel Energie. Erreicht wird dieser niedrige Wert durch eine konsequente Dämmung des Gebäudes und Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung.

Passivhaus-Technik hat sich in den letzten Jahren als Standard für den modernen Hausbau etabliert. Durch ihre energieeffiziente Bauweise tragen sie in vorbildlicher Weise zum nachhaltigen Umgang mit den Energieressourcen bei und erhöhen gleichzeitig die Wohnqualität. Das entspricht auch den Zielen des Klimaschutzkonzepts der Stadt Heidelberg.

Die ersten Passivhäuser in Heidelberg entstanden am Wieblinger Weg in Bergheim. Bauherr ist die Kraus Immobilien GmbH.

Auch den Bau von Passivhäusern fördert die Stadt Heidelberg. Kontakt: Telefon 58-1827, E-Mail: Ralf.Bermich@heidelberg.de, Internet: www.heidelberg.de.
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Diese 24 Zentimeter starke mit Folie geschützte Dämmung umschließt die Kellerwände und auch das Fundament der Turnhalle. (Foto: Rothe)
Turnhalle ohne Heizung

An der Kurpfalzschule entsteht eine Sporthalle im Passivhausstandard


Die erste Turnhalle Baden-Württembergs im Passivhausstandard entsteht an der Kurpfalzschule in Kirchheim. Kürzlich konnte dort Richtfest gefeiert werden.

Entscheidende Punkte für die Erreichung des Standards und einem Heizwärmebedarf von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (ungedämmte Bauten verbrauchen bis zu 200 Kilowattstunden) sind beispielsweise:

  • eine sehr gute und wärmebrückenfreie Dämmung
  • luftdichte Konstruktion
  • effiziente Lüftungsanlagen, die 85 Prozent der Wärme zurückgewinnen
  • solare Warmwasserbereitung
  • tageslichtabhängige Lichtregelung.

Obwohl die Halle aufgrund der Nordorientierung der Hauptfensterfläche Sonnenwärme nicht optimal zur Wärmeversorgung nutzen kann, kann sie die erforderlichen Kriterien erfüllen. Das zeigt, so Ralf Bermich, Abteilungsleiter Energie im Umweltamt, in einer Baubeschreibung, dass der Entwicklungsstand der Passivhaus-Bauweise auch die Realisierung unter schwierigsten Bedingungen erlaubt. Die Dämmung der Halle ist so effektiv, dass auf eine zusätzliche Heizung verzichtet werden konnte. Der geringe Wärmebedarf kann über die vorhandene Brennwertkesselanlage der Schule gedeckt werden. Ausgeklügelt ist auch die Lüftung. Die Zuführung der Frischluft für die Halle erfolgt nach dem CO2-Gehalt der Luft.

Die Halle wird voraussichtlich April 2004 fertig gestellt sein. Der Bau kostet rund 2,4 Millionen Euro. (neu)


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Stand: 18. November 2003