Thema der Woche

Ausgabe Nr. 46 · 15. November 2000



Der Heidelberger Bauausschuss und Mitarbeiter der Verwaltung vor Ort in Ulm. (Foto: Rieck)






Das Congress Centrum Ulm, entworfen von den Stuttgarter Architekten Fiedler Aichele. (Foto: Horn)






Unmittelbar an der Donau liegen Congress Centrum und Turm des Maritim-Hotels. (Foto: Horn)

Konferenzzentrum nach Ulmer Erfolgsrezept?

Heidelberger Bauausschuss besichtigt "Congress-Centrum Ulm" mit angeschlossenem Tagungshotel


Die Ausschreibung für das am Hauptbahnhof geplante Heidelberger Konferenzzentrum mit Hotel "hat eine gute Resonanz gefunden", so Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg. Neun Bewerber haben ihr Interesse am Gelände der ehemaligen Hauptpost bekundet. Zur Vorbereitung auf die anstehenden Entscheidungen fuhr der Bauausschuss des Gemeinderates gemeinsam mit Mitarbeitern der Verwaltung, Verkehrsvereins-Geschäftsführer Nils Kroesen und Journalisten nach Ulm, um das dortige Congress Centrum Ulm in Augenschein zu nehmen.

Warum Ulm? Zwischen Ulm und Heidelberg gibt es eine Reihe von Parallelen. Nicht nur, dass Ulm ein Konferenzzentrum hat und Heidelberg eines haben möchte, beide sind Universitätsstädte ähnlicher Größe, beherbergen eine Reihe von bedeutenden Forschungszentren der Industrie und beide Städte haben einen Technologiepark (in Ulm "Science Park" genannt).

Das 1993 eröffnete Congress Centrum Ulm verfügt über einen großen Saal für bis zu 1500 Personen, einen kleinen Saal mit 300 Plätzen und eine Ausstellungsfläche von 900 Quadratmetern. In der Tiefgarage stehen 690 Plätze zur Verfügung. 65 Millionen Mark hat es gekostet, informierte Ulms Erster Bürgermeister Gunter Czisch, der die Gäste aus Heidelberg begrüßte. Es sei "eine klassische Infrastrukturleistung der Stadt", so Czisch.

Gute Auslastung
Weitere 90 Millionen Mark hat die Hotelkette Maritim in das angeschlossene Kongresshotel investiert. Das Hotel, das man wohl als Fünf-Sterne-Haus bezeichnen kann (Maritim verwendet diese Klassifizierung nicht), verfügt über 287 Zimmer und achtzehn Konferenzräume. Direktor Walter Heiligenstetter, der die Heidelberger Besucher durch die Räume führte, nannte einen Auslastungsgrad von "weit über fünfzig Prozent". Dass sein Haus die Existenz anderer Hotels am Ort gefährdet, glaubt er nicht: "Wenn wir voll sind, belegen wir die Hotels der Stadt mit."

Die Architektur des direkt an der Donau und in Altstadtnähe gelegenen Bauwerks wirkt beeindruckend. Aus einem 1988 von der Stadt Ulm gemeinsam mit Maritim ausgelobten Architektenwettbewerb ging das Stuttgarter Büro Fiedler Aichele als Sieger hervor. Das Congress Centrum, ein relativ niedriger Bau, und das als Hochhaus ausgeführte Hotel bilden eine harmonische Einheit.

Ein großer autofreier Vorplatz bietet genügend Abstand, damit das anspruchsvolle architektonische Ensemble seine Wirkung auf den Betrachter entfalten kann. An der Rückseite wurde eine mittelalterliche Bastion harmonisch integriert. Architekt Manfred Aichele zeigte sich denn auch gewiss, "dass es gelungen ist, die städtebauliche Aufgabe überzeugend zu lösen".

Im Erdgeschoss hat der Architekt mit nebeneinanderliegenden Eingangsbereichen "die strategische Verbindung zwischen Hotel und Kongresszentrum" hergestellt. Während die Gebäude äußerlich harmonieren und das Congress Centrum sich auch innen modern, weiträumig und lichtdurchflutet präsentiert, überrascht den Besucher beim Betreten des Hotels ein Stilbruch, wie er größer kaum sein könnte. Hier dominieren holzvertäfelte Wände, Plüschsessel und Chintz-Lampen - eine Innenarchitektur, von der sich Wettbewerbssieger Aichele distanzierte: "Der Stil des Hotels ist nicht unser Stil."

Wichtig: Ausstellungsfläche
Einige Erfahrungen aus sieben Jahren Congress Centrum Ulm gab Hoteldirektor Heiligenstetter den Heidelbergern mit auf den Weg. "Ausstellungsfläche ist heute von enormer Wichtigkeit: Man braucht eine sehr große Industrieausstellungsfläche, weil sie der Refinanzierung von Kongressen dient." Ihre 900 Quadratmeter reichen den Ulmern nicht mehr. Auch an Neben- und Lagerräumen könne man nie genug haben, um ausreichend flexibel zu sein. Das Ausstellungsmaterial wird auf großen Sattelzügen angeliefert, für die ausreichend Stellfläche vorgesehen werden müsse.

Wie die Kombination von Fachkongress und Industrieausstellung funktioniert, konnte man vor Ort am Beispiel des gerade laufenden Zahnärztekongresses gleich besichtigen: Drinnen im Saal fand ein Vortrag zum Thema Implantate statt, deren Hersteller draußen im Foyer in großer Zahl mit Messeständen präsent waren.

Im Anschluss an den Besuch im Congress Centrum besichtigte der Bauausschuss weitere Ulmer Architektur-Beispiele: das Stadthaus des Stararchitekten Richard Meier, das einen modernen Kontrapunkt zum Münster bildet, die Universität, den "Science Park" und die Passivhaussiedlung "Im Sonnenfeld". Die Passivhaussiedlung, die (fast) ohne Heizung auskommt, ist ein Modellvorhaben der ökologischen Stadtentwicklung und Ulms Beitrag zur EXPO 2000. (rie)
   

Prof. Dr. Raban von der
Malsburg (Foto: Pfeifer)

Konferenzzentrum auf einem guten Weg

Von Prof. Dr. Raban von der Malsburg


Eine Studie des German Convention Bureaus hat Heidelberg gleich nach Berlin zum beliebtesten Tagungsort Deutschlands erklärt. Kleines Problem: Heidelberg hat keine ausreichende Tagungsstätte, da die Stadthalle nicht über die erforderliche Technik, Ausstellungsfläche und Nebenräume verfügt. Der Gemeinderat hat sich daher richtig entschieden, als er den Bau eines Konferenzzentrums in Auftrag gab.

Die Besichtigung des Ulmer Kongresszentrums durch den Heidelberger Bauausschuss hat gezeigt, dass wir in Heidelberg mit unseren Planungen auf dem richtigen Weg sind. Mit der mittleren Größe und mit der Kombination von Hotel und Konferenzzentrum folgen wir dem Ulmer Erfolgsrezept. Und mit der größeren Ausstellungsfläche und den differenzierten kleinen und mittleren Tagungsräumen vermeiden wir den Ulmer Fehler. Der Bauausschuss kam daher auch zufrieden nach Heidelberg zurück.

Derzeit liegen für das Konferenzzentrum in Heidelberg neun Bewerbungen vor. Darunter sind zahlreiche namhafte Hotelbetreiber und solide Bauunternehmen. Am 30. November und am 1. Dezember werden sich die Bewerber im Rathaus vorstellen, ihre Pläne erläutern und Fragen zum Umfeld stellen können. Im Januar werden sich dann die gemeinderätlichen Gremien mit einer Auswahl beschäftigen.

Die Dinge sind also auf einem guten Weg.

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Stand: 14. November 2000