Ausgabe Nr. 46 · 15. November 2000 |
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Heinz Reutlinger |
CDU |
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Unverschämtheit Der Ausländerrat der Stadt Heidelberg hat sich um das konkrete Wohl der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu kümmern. Das ist seine einzige, aber überaus wichtige Aufgabe. Er hat Brücken zu bauen und nicht mutwillig Gräben aufzureißen, wie dies geschieht, wenn er meint, sich mit fragwürdigen Resolutionen in die allgemeine parteipolitische Auseinandersetzung einmischen zu müssen. Darum verdient die Haltung von Stadtrat Manfred Benz, der unter Protest die letzte Sitzung des Ausländerrates vorzeitig verlassen hat, Respekt und Anerkennung. Es gibt Grenzen der Zumutung. Es ist eine Unverschämtheit - egal wie man zum Begriff "Leitkultur" steht -, in einem Resolutionsentwurf den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der CDU, Friedrich Merz, als geistigen Brandstifter zu deklarieren. Für diese Entgleisung wäre eine öffentliche Entschuldigung von Seiten des Vorsitzenden des Ausländerrates mehr als angebracht. Nach den Ursachen fragen! Es ist allmählich unerträglich, dass mit Blick auf die Ausländerpolitik kein kritisches Wort mehr gesagt werden kann, ohne dass man Gefahr läuft, in die rechtsextreme und ausländerfeindliche Ecke abgedrängt zu werden. Im Übrigen: Wer bestimmt denn bei uns, was rechtsextrem und ausländerfeindlich ist!? Es ist höchste Zeit, darüber nachzudenken - die große Mehrheit des Volkes lässt sich nicht gerne mundtot machen - ob nicht gerade dieses völlig abnormale Verhalten mit dazu beiträgt, dass rechtsextreme und ausländerfeindliche Gesinnung zunimmt. Mit einem Verbot der NPD - die übrigens bei Wahlen von kaum jemand gewählt wird - ist es nicht getan. Die diesbezüglichen Aktivitäten der letzten Zeit scheinen mir eher ein Akt politischer Hilflosigkeit als eine notwendige Maßnahme einer streitbaren Demokratie zu sein. Gesinnungen kann man nicht verbieten! Man muss nach den Ursachen fragen! Man muss politische Antworten geben, die den Menschen die Sorgen und Ängste nehmen, seien sie nun berechtigt oder nicht, die sie mit der weitgefächerten Thematik 'Einwanderung' verbinden. Darum darf diese Thematik - aus welchen Gründen auch immer - nicht tabuisiert werden, wie dies bisher weithin geschehen ist. Auch das Dauerthema der Türkin (Kurdin) Fena Özmen - genannt "Neshe" - trägt nicht gerade dazu bei, rechtsextremen und ausländerfeindlichen Tendenzen vorzubeugen. Die Menschen fragen sich: Hat dies alles noch was mit Recht und Gerechtigkeit zu tun, was hier geschieht!? Bei der "Neshe" weiß man nur eines genau: Sie will - wie viele, viele Millionen aus allen Teilen der Welt auch - nach Deutschland kommen bzw. dort bleiben. Dieser Wunsch nimmt ihr auch niemand übel. Über alles andere - von Anfang bis heute - möchte ich an dieser Stelle nichts sagen. Man hat immer - und das ist ganz milde ausgedrückt - ein ungutes Gefühl! Dies gilt auch im Blick auf die immer wieder neu konstruierten "besonderen Härtefälle", die ein Abschieben der "Neshe" in ihr Heimatland, in die Türkei verhindern sollen. Dabei sind schon viele abgeschoben worden - und das kann man mit gutem Gewissen sagen -, die ein weitaus härteres Schicksal getroffen hat. Vor einem Gesetz sind in einem demokratischen Staat alle gleich. Auch die Stadt Heidelberg hat sich - was manche in diesem Fall offenbar nicht begreifen wollen - an Gesetze zu halten. Geradezu grotesk finde ich den Vorwurf an die Oberbürgermeisterin, sie habe sich nicht genügend für die "Neshe" eingesetzt. Diesen Vorwurf kann man der OB nun wirklich nicht machen. |
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Roger Schladitz |
SPD |
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"Grüner Strom" Man sieht es ihm nicht an, aber elektrischer Strom kann von höchst unterschiedlicher Qualität sein. Entscheidend dafür ist nicht die mit ihm erworbene Leistungsfähigkeit, sondern die mit ihm verknüpfte Belastung der Umwelt aufgrund seiner Herkunft. Hochwertiger Strom (auch Ökostrom oder Grüner Strom genannt) wird aus erneuerbaren Energiequellen (z.B. Wind-, Biomasse-, Solar-, oder Wasserenergie) gewonnen. Unsere Umwelt wird geschont und zugleich werden nur begrenzt vorhandene Rohstoffe wie Erdöl nicht sinnlos vergeudet. Mit der Liberalisierung des Strommarktes kann jeder Verbraucher selbst bestimmen, welchen Strom er von wem bezieht. Dabei sollten unseres Erachtens die eigenen Stadtwerke unbedingt den Vorzug erhalten, da sie faire Preise bieten und darüber hinaus für unsere Stadt einen unverzichtbaren Beitrag zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs leisten. Ökostrom unterscheidet sich physikalisch nicht von anders gewonnenem Strom. Deshalb muss die Herkunft aus erneuerbaren Energiequellen glaubwürdig gesichert sein. Die Zertifizierung des Ökostroms der Stadtwerke Heidelberg (FOX-Energreen) mit dem Gütesiegel "Gold" durch den Verein Grüner Strom Label (getragen von Umweltverbänden wie BUND, NABU, Eurosolar u.a.) bescheinigt, dass dieser die Bedingung zu 100 Prozent erfüllt. Der zu leistende Aufpreis - 8 Pf pro kWh - wird weitgehend in Neuanlagen investiert. Mit der Errichtung dieser Neuanlagen wird die lokale Wirtschaft gefördert - ein gewollter Effekt moderner Umweltpolitik. Wer heute Ökostrom bezieht, zahlt für Strom kaum mehr als 1998 (vor der Liberalisierung). Die Stadtwerke bieten aber auch die Möglichkeit, nur 25, 50, oder 75 Prozent des Bedarfs als Ökostrom zu beziehen. Jeder Bürger hat so die Möglichkeit mitzumachen und zum Erfolg der erneuerbaren Energien beizutragen. Auch der Gemeinderat hat den Bezug ökologisch erzeugten Stroms auf seine Tagesordnung gesetzt. SPD, GAL und HDer beantragten, die Umstiegsmöglichkeit auf mindestens 25 Prozent Ökostrom zu prüfen. Wir wollen, dass die aufgrund verbesserter Bezugsabschlüsse gewonnenen Beträge im oben beschriebenen Sinn reinvestiert werden.Die Stadt Darmstadt und der Landkreis Bergstraße haben bereits entsprechende Entscheidungen getroffen. Anlässlich der Verabschiedung der Jahresrechnung Heidelbergs für 1999 betonte ich in der vorletzten Ausgabe, dass sich die SPD in der Kommune und im Bund für eine leistungsstarke und nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik ganz im Sinne der Agenda 21 einsetzt. Hier füge ich hinzu: eine konsequente Umweltpolitik ist untrennbar damit verbunden. So hat die SPD (zusammen mit den Bündnis-Grünen) das erneuerbare Energiegesetz entwickelt und verabschiedet. In Heidelberg beschlossen wir auf unserer Kreisdelegiertenkonferenz, die Kampagne "Unser Strom ist grün" mitzutragen. |
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Irmtraud Spinnler |
GAL |
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Haltbarkeitsdauer von Beschlüssen dramatisch gesunken Chronik des HSB-Straßenbahnnetzes: Kahlschlag in den 70er Jahren, Netzverkürzung von über 50 km Länge auf 22 km. Stillstand in den 80er Jahren, einstimmiges Bekenntnis zur Straßenbahn. Lückenschluss Berliner Straße und Ausbaupläne von breit getragener Mehrheit bis Ende der 90er Jahre. Zustimmung u.a. zur 4,5 km langen Straßenbahn Kirchheim, Trasse A, mit lediglich 6 Gegenstimmen! Beginn des Planfeststellungsverfahrens. Auswahl der Variante Altstadt-Straßenbahn. Im neuen Jahrtausend: Anträge der CDU und Heidelberger auf Stopp und Nicht-Realisierung der beschlossenen Erweiterung des Schienennetzes. Einstimmiger Beschluss über Vorgehensweise Verkehrsentwicklungsplan-Fortschreibung, Planfeststellungsverfahren nicht betroffen. Und dazu von den selben Antragstellern die Weisung an das Verkehrsunternehmen, die Kosten für die Personenbeförderung zu senken und das Angebot der Nachfrage anzupassen. Nachfrage: Heute sind überquellende Busse keine Seltenheit. Kein Wunder, stieg doch seit 1990 der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr stetig an! Der Fahrgastwechsel im voll gestopften Bus führt zwangsläufig zu Verspätungen und höheren Kosten. Gequälte Menschen sagen nur noch - unerträglich! An der Nachfrage ausgerichtet - also noch mehr Busse, noch mehr Kosten? Oder sollen sie, wenn möglich, das Auto nehmen und zum Stau beitragen? Jüngste Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass es kaum noch schwache Auslastungszeiten gibt: Nach dem Ausbildungs- und Arbeitsverkehr setzt der Freizeit-, Einkaufs- und Seniorenverkehr ein. Die HSB muss darauf hinarbeiten, ihre Fahrzeuge im "Gegenlastverkehr" optimal auszulasten und damit ihr Betriebsergebnis verbessern. Konkret heißt dies, dass der Straßenbahnausbau bis Sandhausen-Walldorf und nach Wiesloch weitergehen muss, um die großen Betriebe wie SAP oder HDM bestmöglich zu bedienen. Diese Option darf der HSB nicht verloren gehen. Die zukünftige S-Bahn wird wie bisher im Halbstunden-Takt fahren und den Mittelkorridor erschließen, sie ist keine Alternative. Die HSB will und muss die Personenkosten pro Kilometer senken und sie braucht noch mehr Fahrgäste. Dazu beitragen werden die bestellten Niederflurstraßenbahnen mit größerem Platzangebot. Kombi-Fahrer wurden ausgebildet, Werkstätten zusammengelegt, Personal wurde reduziert. Sie wird ernsthafter als bisher ihre Betriebsabläufe optimieren, Angebote im Nachtverkehr verbessern müssen. Diese ersten Schritte, die unter Mitwirkung der Beschäftigten zustande gekommen sind, zeigen bereits Erfolg. Die HSB muss die Kosten trennen. Für vergleichbare Wettbewerbsbedingungen braucht sie die Unterteilung in Geschäftsfelder: Der Fahrdienst allein für die Bahnen, Busse und die Bergbahn und die Qualität sind wettbewerbsrelevante Kosten. Das Schienennetz und der Gleisbau gehört zur Vorhaltung der städtischen Infrastruktur wie das Straßennetz und der Straßenbau. Sonderleistungen wie beim Heidelberger Herbst, bei Schlossbeleuchtungen, bei der Basket-Night usw., sind extra auszuweisen. Ebenso gibt es unbezahlte Leistungen für Planungsaufträge, die auch im Interesse der Stadt sind, gibt es fremde Industriegleise etc. Was aber passiert im Gemeinderat? Das wirkungsvollste Mittel, nämlich Investitionen in den Schienenausbau und die Ausweitung des "Mickey-Mouse-Netzes" zu einem wirtschaftlichen Netz, wird ihr von CDU und Heidelbergern versagt. Ein Unding! Der Schlüssel des wirtschaftlichen Erfolgs liegt gerade im Ausbau des Schienennetzes - die positiven Rechnungen liefern uns Städte mit dieser Erfahrung. Wir brauchen eine klare Aussage des Gemeinderat zur Straßenbahn, wir brauchen eine klare Aussage zum Ausbau. |
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Dr. Ursula Lorenz |
FWV |
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Zweiter Teil zum Thema Stadtmarketing Unser Vorstandsmitglied Karl-Heinz Stoll möchte noch ergänzend ausdrücklich auf die Problematik der Stadtteile hinweisen, die mehr denn je darauf angewiesen sind, in dieses Stadtmarketing einbezogen zu werden. Auch in den übrigen Stadtteilen kämpfen Geschäfte ums Überleben. Schon heute findet man in vielen Stadtteilen keinen ausreichenden Branchenmix mehr, der das Einkaufen erst attraktiv und bequem macht. Die übermächtige Konkurrenz der Kettenläden und Discounter vor allem im Lebensmitteleinzelhandel ist deutlich zu spüren. Es gilt unseres Erachtens, lebendige Stadtteilzentren wie z. B. Handschuhsheim, Rohrbach, Neuenheim und Kirchheim zu unterstützen, und gerade bei den beiden letzt genannten nur behutsame Eingriffe, z. B. im Verkehr, vorzunehmen. Man denke an die Diskussion über die Straßenbahn, die mitten durch das Zentrum Kirchheims fahren soll, oder die anstehende Sanierung der Brückenstraße. In beiden Fällen befürchten Gewerbetreibende und Bevölkerung gleichermaßen einen Einschnitt in o.g. Branchenmix, der unweigerlich zum Ausbluten der Stadtteile führt. Stadtmarketing kann und muss nicht alles leisten. Alle Beteiligten sind aufgefordert, mitzumachen: Verwaltung, Einzelhändler, Politik und natürlich auch die Verbraucher. Gerade sie entscheiden mit ihrem Einkaufsverhalten, ob die Geschäfte in ihrer Nachbarschaft überleben können und der ganze Stadtteil attraktiv bleibt. Eine spannende und schwierige Aufgabe, die Herr Wagner zu bewältigen hat. Die Freien Wähler werden ihn gerne auf dem eingeschlagenen Weg begleiten, dabei aber Augen und Ohren im Interesse der Stadtteile offen halten. |
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Dr. Annette Trabold |
F.D.P. |
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Ausländerrat Da ich leider in der letzten Sitzung des Ausländerrates aus beruflichen Gründen nicht teilnehmen konnte, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ich mich ganz und gar hinter die dort einstimmig (!) verabschiedete Resolution stellen kann! Sie lautet: "Resolution des Ausländerrates der Stadt Heidelberg zur Äußerung des Vorsitzenden der CDU-Bundestagsfraktion Herrn Merz: Anpassung an die deutsche Leitkultur." Es wäre falsch, die ungelöste Frage der Zuwanderung zu tabuisieren oder auf dem Niveau der Green Card abzuhandeln. In diesem Punkt geben wir Herrn Merz recht. Wer jedoch von der Anpassung an die deutsche "Leitkultur" spricht, zeigt kein pluralistisches Integrationsverständnis. Wir erwarten, dass alle anderen Kulturen in der Bundesrepublik respektiert werden. Wir lassen uns den Wert unserer Kulturen durch Herrn Merz nicht in Frage stellen; Außerdem befürchten wir, dass solche Äußerungen rassistische Gewalttaten zur Folge haben können. Die Rot-Grüne Regierung sollte mit einem vernünftigen Einwanderungs- und Niederlassungsgesetz diese Diskussion vor der Bundestagswahl versachlichen. |
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat |
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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT | ||||||||||||||
Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved Stand: 14. November 2000 |