Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 44 · 2. November 2000

Werner Pfisterer

CDU

Aufenthaltsrecht von Fena Özmen

Fena Özmen, genannt "Neshe", sorgt wieder für Schlagzeilen: Sie soll das Land verlassen. Das hatte die Ausländerbehörde der Stadt Heidelberg im Einklang mit geltendem Recht verfügt, denn ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland war abgelaufen. Dieses gründete sich nämlich auf einer Ehe, die sich mittlerweile als Scheinehe herausgestellt hat.

Özmen hatte kurz vor Ablauf einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung ihren in Stuttgart lebenden Cousin geheiratet und war dann im Rahmen einer Familienzusammenführung wieder nach Deutschland zurückgekehrt. So viel Glück gibt es selten: Nicht nur, dass sie in ihrem Cousin plötzlich die große Liebe gefunden hatte, "ganz nebenbei" sprang noch eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland heraus. Eigentlich hätte jetzt die Welt der Fena Özmen in Ordnung sein müssen. Doch die große Liebe war es wohl nicht. Statt in Stuttgart bei ihrem Mann, lebte Özmen in Heidelberg. Der einsame Strohwitwer sah sich getäuscht und reichte einen Antrag auf Annullierung der Ehe ein.

Solche Scheinehen finden vor dem Gesetz keine Anerkennung. Die Aufhebung der Aufenthaltsgenehmigung ist die juristische Konsequenz, weil der Grund für diese Genehmigung erloschen ist. Ein grüner Landtagsabgeordneter fordert nun ein "eigenständiges Aufenthaltsrecht" für Özmen, ohne allerdings zu sagen, auf welche Rechtsgrundlage er sich stützen will. Ein Lehrerin sieht sich gar "gezwungen, ihr Schweigen zu brechen", und füllt zahlreiche Zeitungszeilen mit wunderlichen Erinnerungen an frühe Liebesschwüre zum Cousin und wilden Theorien über die mögliche Zukunft "Neshes" in der Türkei.

Bereits vor Özmens Abschiebung war immer wieder spekuliert worden, sie habe keine Familie, zu der sie zurückkehren könne. Es wurde gemutmaßt, sie müsse in ein gefährliches "Kriegsgebiet" reisen.

Das Gegenteil war der Fall: Sie konnte unbeschadet wieder nach Deutschland reisen. Sie fand ihre Familie in der Türkei. In ihrer Heimat wurde sie auch nicht zwangsverheiratet. Sie hätte sonst wohl kaum ihren Cousin in Stuttgart heiraten können.

Ihr Ziel ist, hier bleiben zu dürfen und dabei ist ihr jedes Mittel recht. Aus ihrer individuellen Perspektive ist das auch nachvollziehbar. Ebenso klar ist aber auch, dass der Rechtsstaat nach dem für alle geltenden Recht entscheidet. Dann wird sie ausreisen müssen.

Natürlich werden sich wieder Menschen engagieren, die sich persönlich mit Fena Özmen verbunden fühlen, auch das ist nachvollziehbar. Betroffenheitsrituale und wilde Spekulationen ersetzen aber weder das Recht noch können sie die Wirklichkeit ersetzen. Bis zum Ende der Gerichtsverhandlungen sollte sie noch bleiben können, dann aber sollte das geltende Recht auch umgesetzt werden und ihre Ausreise erfolgen, nach Möglichkeit freiwillig. Es stünde Fena Özmen gut zu Gesicht, die hiesige Rechtsordnung diesmal anzuerkennen.
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Roger Schladitz

SPD

Gut so, Heidelberg!

Jedes Jahr im Herbst beginnt der öffentliche Auftakt zur Haushaltsplanung des folgenden Jahres mit der Verabschiedung der Jahresrechnung des Vorjahres. Hier lässt sich schon (bei Kenntnis der entsprechenden Entwicklung im laufenden Jahr) vorsichtig abschätzen, welches Potential sich für die Gestaltung der Politik des kommenden Jahres anbietet.

Das unabhängige Rechnungsprüfungsamt (RPA) untersucht insbesondere, ob in der Stadtverwaltung wirtschaftlich und sparsam und sachlich gerecht verfahren wurde. Das Ergebnis ist für Heidelberg - wie in den Jahren zuvor - hervorragend. Der Stadtverwaltung wird eine gute Finanzpolitik und ein gutes Wirtschaften attestiert.

Die SPD hatte schon dem Entwurf 99 zugestanden, ausgewogen zu sein und den Aufgaben der Stadt gerecht zu werden. Wir verabschiedeten darüber hinausgehend einen Leitantrag (zusammen mit CDU, FDP, und FWV) mit dem zentralen Ziel, die Investitionskraft Heidelbergs auch für die Zukunft zu sichern. Unbegreiflich waren für uns die Angriffe der konservativen Seite im Vorfeld und während der Beratungen. Mit Begriffen wie Bankrotterklärung, der Voraussage eines 18-Millionen-Lochs im Haushalt und der Notwendigkeit eines Nachtragshaushaltes war noch Ende 1998 in fahrlässiger Weise Stimmung gegen die Stadt gemacht worden.

Dass der Rechenschaftsbericht mit seinen positive Eckdaten diese Miesmacherei widerlegen würde, war zu erwarten. Die anerkannt gute Arbeit der Stadt sowie die guten Rahmenbedingungen standen und stehen dafür. Letztere haben sich nicht zuletzt auch aufgrund der verantwortlichen und beherzten Politik der Bundesregierung wesentlich verbessert. Nicht vorhersagbar aber war die Größenordnung der nachgewiesenen Erfolge. Trotz (erwarteter) geringerer Gewerbesteuereinnahmen konnten alle anvisierten Eckdaten wesentlich verbessert werden. Die Investitionskraft Heidelbergs wird massiv gestärkt, die Rücklagen werden erhöht, die vorgegebenen Einsparungen eingehalten - z.T. sogar übertroffen. Über die Erledigung der vorgegebenen Aufgaben u.a. im kulturellen, ökologischen, schulischen, sozialen und sportlichen Bereich wird ausführlich berichtet.

Das Manko der hohen Ausgabenreste im Investitionsbereich des Vermögenshaushalts erklärt sich u.a. auch mit der späten Verabschiedung des Haushaltsplans. Hier gilt es, zukünftig Verbesserungen zu erzielen. Die Modernisierung der Stadtverwaltung (Verwaltungsreform) nimmt weiter Gestalt an. Damit verbessern sich die Grundlagen für die Steuerung des "Unternehmens" Stadt auch für den Gemeinderat.

Wir freuen uns über dieses Ergebnis, zumal sich für den Verlauf des Haushaltsjahr 2000 ähnlich gute Ergebnisse andeuten. Wir werden natürlich leichter die Zukunft der Stadt gestalten können. Kürzungsorgien, wie sie noch zum Haushalt 2000 durch CDU und HDer vorgesehen waren, werden hoffentlich schon im Vorfeld zu verhindern sein. Dennoch schließen wir uns der Meinung des RPA an, dass es weiterhin unumgänglich ist, die Haushaltskonsolidierung fortzuführen und so künftige Handlungsspielräume zu sichern. Hier spielt auch die Situation des städtischen Konzerns HVV eine wesentliche Rolle. Sie wird Thema meines nächsten Beitrags sein.

Die SPD wird sich wie im Bund so auch hier in der Kommune für eine leistungsstarke und nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik ganz im Sinne der Agenda 21 einsetzen.
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Peter Holschuh

GAL

CDU will Ausländerrat bevormunden

In der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses stand die "Förderung der Arbeit mit ausländischen Jugendlichen" auf der Tagesordnung. Es ging dabei um die Verteilung von insgesamt 46.700 DM, die dafür im Haushalt vorgesehen sind. Der Ausländerrat hat 16 förderwürdige Projekte ausgesucht und den zuständigen gemeinderätlichen Gremien vorgeschlagen. Diese Vorschläge wurden im Jugendhilfeausschuss diskutiert; laut Gemeindeordnung sind sie dann zur endgültigen Beschlussfassung in den Sozialausschuss zu verweisen:

Die CDU sah sich außerstande, die Projekte:

  1. Sprachliche Förderung fremdsprachiger Kinder im Kindergarten (13.600 DM) - das ist Deutschunterricht für Kinder, damit sie bereits bei der Einschulung über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen
  2. Muttersprachlicher Unterricht in kurdischer Sprache (1.000 DM)
  3. Unterrichtsmaterial (Landkarte in griechischer Sprache, 500 DM)

zu unterstützen.

Im Jugendhilfeausschuss wurde darüber heftig diskutiert; über den genannten Antrag von 500 DM wurde 20 Minuten lang gestritten. Wenn man nun glaubt, das war es, dann hat man sich getäuscht. Auf Antrag der CDU wurde die gleiche Debatte noch einmal zwei Wochen später im Sozialausschuss geführt und spitzte sich zu, als eine CDU-Gemeinderätin drohte, die Vergabe der 500 DM gerichtlich überprüfen zu lassen. Am Ende hat der Sozialausschuss mit 9:5 Stimmen dem Vorschlag des Ausländerrates zugestimmt (GAL, SPD, HDer, FDP für - CDU gegen).

Die CDU hat gegen die Projekte keine sachlichen Argumente vorgebracht; ich sehe in ihrem Vorstoß nur ein Ziel; die wenigen Rechte des Ausländerrates zu beschneiden, ihn zu bevormunden. Ich hoffe, dass die KollegInnen der CDU aus dieser blamablen Vorstellung ihre Lehren ziehen werden.

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Karlheinz Rehm

DIE HEIDELBERGER

Bürgermeister Schaller diffamiert die Landwirtschaft

Wie in jedem Jahr besuchte ich auch in diesem Jahr die Umweltmesse "Trend", diesmal nicht nur als interessierter Landwirt, sondern auch als Stadtrat. Ich bin sehr angetan von dieser Messe und wer mich und meinen landwirtschaftlichen Betrieb kennt, weiß, dass ich mit den Ressourcen Luft, Boden und Wasser sehr sorgsam umgehe. Um so bestürzter war ich, als ich bei der Eröffnung der "Trend" von Umweltbürgermeister Schaller in selten platter Manier hören musste, dass die Landwirtschaft der größte Grundwasserverschmutzer sei. Eine Aussage, die nachweislich falsch ist. Sicherlich gibt es auch unter Landwirten noch schwarze Schafe oder Unverbesserliche, die nichts dazugelernt haben oder dazulernen wollen. Die gibt es im so genannten Öko-Bereich aber auch. Woher nimmt sich ein eigentlich zu Neutralität verpflichteter Bürgermeister einer Stadt das Recht, eine ganze Berufsgruppe derart pauschal abzuqualifizieren? Eine solche Diffamierung ist ein Schlag ins Gesicht all der Landwirte in der Region, die trotz immer schlechterer Rahmenbedingungen bestrebt sind, ihre Produkte kontrolliert und umweltschonend anzubauen. Herr Schaller kennt die neuesten Gutachten zur Boden- und Grundwasserqualität der Region. Er sollte sich entschuldigen.
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Dr. Annette Trabold

F.D.P.

Positive Überraschung!

Heidelberg kann sehr zufrieden sein mit dem Rechnungsergebnis des Jahres 1999. Die Zuführung zum Vermögenshaushalt beträgt 39,4 Millionen Mark - eingeplant waren nur 22,7 Millionen. Das ist eine positive Überraschung! Wir haben damit die zweitniedrigste Pro-Kopf-Verschuldung von Baden Württemberg. Der Erfolg kam durch verschiedene Faktoren zustande: die äußeren Rahmenbedingungen, auch höhere Zuweisungen und Einnahmen und natürlich die eigenen Leistungen der Stadt. Diese werden von Verwaltung und Gemeinderat bestimmt. Der Gemeinderat hat in den letzten Jahren immer wieder durch sogenannte "Leitanträge" seine Finanzziele formuliert. Der Erfolg zeigt, dass die vorgegebene Richtung richtig war. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass wir Mitte der 90er von der Stadt auch einmal einen Haushalt vorgelegt bekamen, der nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt beinhaltete. Diese musste der Gemeinderat erst noch einarbeiten(!). Nun können wir aber alle zusammen über das Erreichte froh sein, doch bedeutet das nicht, dass man bei den nächsten Haushaltsberatungen das Geld wieder mit vollen Händen ausgeben kann. Ich fürchte dies nämlich im Hinblick auf die Landtagswahl schon wieder kommen... Wir müssen den Verlauf der finanziellen Entwicklung erst einmal beobachten. Vielleicht laufen aber angesichts dieser Zahlen die Haushaltsberatungen - der vorweihnachtlichen Zeit entsprechend - etwas weniger verbissen als beim letzten Mal ab, wo man teilweise den Eindruck gewinnen konnte, ein Haushalt sei dann nur gut und die Finanzen der Stadt auf ewig gerettet, wenn möglichst viele der sogenannten "freiwilligen Leistungen" im Bereich Soziales, Frauen und Kultur gekürzt oder gestrichen würden..... Hoffen wir also, dass bei den Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen nicht wieder von den tatsächlich relevanten Zahlen durch lautstarke Scheingefechte auf Nebenschauplätzen abgelenkt wird.
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat

CDU:

Rohrbacher Str. 57, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 39 72, Fax: 16 48 43
e-mail: CDU-GR-Fraktion-HD@t-online.de

SPD:

Fischmarkt 3, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 67 67, Fax: 16 40 23,
e-mail: SPD-Fraktion-Heidelberg@t-online.de

GAL:

Rohrbacher Str. 39, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 28 62, Fax: 16 76 87
e-mail: mail@gal-heidelberg.de

"Heidelberger":

Bergheimer Str. 95, 69115 Heidelberg,
Tel.: 61 94 21, Fax: 61 94 22
Internet: www.dieHeidelberger.de

FWV:

Fischergasse 14-16, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 30 70, Fax: 65 98 30
Internet: www.FWV-hd.de

FDP:

Zähringerstr. 44a, 69115 Heidelberg,
Tel. 24 56 4, Fax: 18 21 13

PDS:

Sitzbuchweg 14, 69118 Heidelberg,
Tel. 80 03 25

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 31. Oktober 2000