Thema der Woche

Ausgabe Nr. 40 · 6. Oktober 1999



Sehen dem 1. 1. 2000 gelassen entgegen (v. r. n. l.): Rolf Huber, Leiter der Abteilung Informationsverarbeitung der Stadtverwaltung, und sein Team: Tom Robers, Rainer Kern und Dirk Siegmann. (Foto: Rothe)

Keine Angst vor dem Jahrtausendwechsel

Stadtverwaltung und städtische Unternehmen sind gut vorbereitet


Erinnern Sie sich noch an den vor einigen Jahren heftig geführten Streit, wann das dritte Jahrtausend wirklich beginnt - am 1. 1. 2000 oder am 1. 1. 2001? Die mathematisch orientierten Zeitgenossen, die fürs korrekte Datum fochten, haben den Kampf längst aufgegeben. Da mag der Kopf noch so oft "2001" sagen, die runde 2000 hat einfach mehr Charme. Für Computerexperten dagegen war der Fall stets völlig klar. Ihr kritisches Datum heißt "y2k".

Das unter diesem Kürzel (es steht für "year 2 kilo", also das Jahr 2000) bekannt gewordene Computerproblem, auch "millenium bug" genannt, betrifft alle Lebensbereiche. Es ist nicht auf Rechenzentren oder die Computernetzwerke großer Unternehmen beschränkt. Von der öffentlichen Versorgung mit Strom, Gas und Wasser über die Abwasserentsorgung, den Verkehr, die medizinische Technik und vieles mehr werden heute nahezu alle Bereiche des Alltags über Computer und Mikroprozessoren gesteuert. Auch herkömmliche PCs und viele elektronische Geräte, in denen eingebaute Chips Datum und Uhrzeit erfassen, sind vom Jahr-2000-Problem betroffen.

Bei der Stadt Heidelberg ist Rolf Huber als Leiter der Abteilung Informationsverarbeitung der Zuständige für das Jahr-2000-Problem. Er hat eine umfangreiche Checkliste von Geräten und Anlagen erarbeitet, die auf ihre Jahr-2000-Fähigkeit zu untersuchen waren. Sie ist inzwischen nahezu komplett abgearbeitet. Huber: "Wir haben das städtische Computernetz mit rund 1000 PCs gründlich durchgecheckt. Es wird den Neujahrstag problemlos überstehen." Mit Schwierigkeiten rechnet er nur bei einer Hand voll älterer, nicht vernetzter Rechner, "die irgendwo unterm Schreibtisch stehen". Bei ihnen kann es passieren, dass das BIOS nicht mitspielt.

Das BIOS (basic in- and output system) ist ein Programm, das viele zentrale Funktionen des Rechners steuert, so auch das Datum. Moderne BIOS wissen, dass nach dem 31. 12. 1999 der 1. 1. 2000 folgt und dass 2000 ein Schaltjahr ist. Veraltete BIOS wissen das nicht. Dennoch muss, wer einen alten Rechner beispielsweise mit dem nicht 2000-fähigen Betriebssystem Windows 3.x sein Eigen nennt, nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen. Weder wird die Hardware Schaden nehmen, noch der Bildschirm schwarz bleiben. Doch bestimmte Funktionen, die mit dem Datum arbeiten, könnten eingeschränkt sein. Vorsicht ist angebracht bei allen Berechnungen unter Verwendung des Datums. "Wer seinen älteren PC überwiegend nur als Schreibmaschine nutzt", meint der städtische Computerexperte Gerd Ludwig, "sollte auch nach dem 1. 1. 2000 keine größeren Probleme haben." Das BIOS ließe sich zwar austauschen, "aber das", so Ludwig "lohnt sich bei alten Geräten in der Regel nicht."

Das Regionale Rechenzentrum Franken - Unterer Neckar, das für die Stadt Heidelberg zahlreiche Aufgaben erledigt, befindet sich mit den Umstellungsarbeiten im Zeitplan. Das Tiefbauamt hat den zentralen Verkehrsrechner und die dezentralen Anlagen, die die Ampeln im Stadtgebiet steuern, auf ihre 2000-Festigkeit überprüft. Die Telefonanlage der Stadt hat ihre Prüfung ebenso bestanden wie die städtischen Einbruchmeldeanlagen, die Brandmelder und die Schulsignalanlagen. Letztere müssen nicht nur nach den Weihnachtsferien wieder pünktlich klingeln, sie haben noch eine zweite wichtige Aufgabe: sie sind gleichzeitig Gefahrmeldeanlagen.

Bei den Heidelberger Versorgungs- und Verkehrsbetrieben (HVV) kümmert sich eine bereichsübergreifende "Projektgruppe 2000" um das Problem. Obwohl alle Vorlieferanten für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme erklärt haben, "dass alle Maßnahmen für einen reibungslosen Ablauf zum Jahreswechsel in die Wege geleitet sind", gilt ein Stromausfall als nicht völlig auszuschließendes Risiko. Da weder Telekommunikation, Wasserversorgung und selbst nicht einmal mehr die Abwasserentsorgung ohne Strom auskommt, würde dies Probleme in zahlreichen anderen Bereichen nach sich ziehen.

Die HSB will ihre Straßenbahnen um Mitternacht kurz halten lassen. "Damit soll", so die HSB, "verhindert werden, dass bei Ausfall der Stromversorgung Straßenbahnfahrzeuge an verkehrsungünstigen Stellen zum Stehen kommen." Bei den Stadtwerken ebenso wie bei der HSB werden in der Silvesternacht Bereitschaftsdienste eingesetzt sein. Rolf Huber selbst gehört mit einigen anderen städtischen Mitarbeitern zu denjenigen, die diese Nacht bei alkoholfreien Getränken in der Nähe des Telefons verbringen werden. Und wenn auch das Telefon nicht mehr geht? Huber: "Dann mache ich mich auf den Weg zum Rathaus."

Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und das DRK haben jüngst schon mal den Fall geprobt, wie es ist, wenn man nicht mehr telefonieren kann (das STADTBLATT berichtete). Die Funkverbindungen zwischen der Leitstelle, den Feuerwehr-Gerätehäusern in den Stadtteilen, der Polizei und den anderen Hilfsdiensten haben gut funktioniert. Silvester sollen auch noch die Taxifahrer eingebunden werden. Die Post will sicherstellen, dass ausreichend Münzfernsprecher zur Verfügung stehen, die auch bei Stromausfall noch funktionieren. Alles bedacht? Man darf gespannt sein, welche Überraschung(en) die Silvesternacht uns dennoch bringt. (rie)
   
 

Ratgeber

  "Das Jahr 2000 - Kein Problem?" Tipps und rechtliche Hilfe. Erhältlich für fünf Mark in der Verbraucherberatung, Friedrich-Ebert-Anlage 13. Öffnungszeiten: Dienstag und Freitag 10 - 13 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 13 - 18 Uhr. Enthält in knapper Form die wichtigsten Tipps und zahlreiche Internet-Adressen.
Martin Kunz: "Der 2000 Crash. Wenn die Computer verrückt spielen. Der Survival Guide". München 1999. dtv-Taschenbuch 36139, 14,90 Mark. Umfassende Darstellung des Problems in unterhaltsamer Form.

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Einige Tipps

- Weil Schwierigkeiten mit Geldautomaten nicht auszuschließen sind, ist ein ausreichender Vorrat an Bargeld für die ersten Tage des neuen Jahres ratsam. Verzichten sie über den Jahreswechsel lieber auf Homebanking via Internet.

- Auch wenn es keinen Grund gibt, in Panik zu verfallen: Es kann nicht schaden, Kerzen, Taschenlampen und Batterien bereitzuhalten. So sind Sie für den Fall der Fälle gewappnet.

- Die Gefahr, im Neuen Jahr auf dem Trockenen zu sitzen, ist gering. Dennoch: ein paar Flaschen Trinkwasser und einige Eimer oder eine Wanne voll Brauchwasser bereitzustellen, kann nicht schaden.

- Fragen Sie Hersteller oder Verkäufer nach der Jahr-2000-Festigkeit Ihrer Heizungsanlage und rüsten Sie sie nötigenfalls um. Als Mieter können Sie sich an den Vermieter oder die Hausverwaltung wenden.

- Fahren Sie in der Silvesternacht möglichst nicht mit dem Aufzug.

- Vor allem aber: Freuen Sie sich auf diesen ungewöhnlichen Jahreswechsel und auf die Feiern im privaten oder Freundeskreis!

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Stand: 5. Oktober 1999