Thema der Woche

Ausgabe Nr. 39 · 26. September 2001

Wohnservice für Senioren

Selbstbestimmtes Leben im Alter - Abschlussworkshop nach bundesweitem Modellprogramm


Zwei Tage lang diskutierten in Heidelberg Sozialpolitiker/innen aus Bund, Ländern und Kommunen, Wissenschaftler/innen und andere Experten für Altenfragen. Der Workshop am 12. und 13. September im Kongresshaus Stadthalle war die Abschlussveranstaltung des dreijährigen Bundesmodellprogramms "Selbstbestimmt Wohnen im Alter".

Vor drei Jahren hatte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bundesweit ein Modellprogramm ausgeschrieben, das untersuchen sollte, wie - angesichts der demografischen Entwicklung - auch in Zukunft ein selbstbestimmtes Wohnen im Alter möglich ist. Zwölf Städte wurden in das Programm aufgenommen, darunter Hamburg, Bremen, Hannover, Dresden, Halle und München. Für Baden-Württemberg wurde Heidelberg ausgewählt.

Alle Modellstandorte haben sich mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten dem Thema gewidmet und zahlreiche Lösungsansätze erarbeitet, wie ein selbstbestimmtes Leben und Wohnen auch im Alter möglich ist. Die Ergebnisse wurden beim Abschlussworkshop in der Heidelberger Stadthalle vorgestellt und diskutiert.

In Heidelberg befasste sich das Projektbüro "Selbstbestimmt Wohnen im Alter" - eine Arbeitsgemeinschaft der Stadt Heidelberg, der Akademie für Ältere sowie des Vereins "Selbstständig Wohnen in Heidelberg e.V." - sowohl mit dem Arbeitsschwerpunkt "Kommunale Wohnpolitik für ältere Menschen" als auch mit der Frage, wie man ältere Menschen zur Partizipation, also zum Mitmachen bei den sie selbst betreffenden Entscheidungsprozessen, motivieren kann.

Unter der Fragestellung: "Wie wollen Sie in Zukunft leben?" veranstaltete das Projektbüro zahlreiche Veranstaltungen, die bei den Senioren auf reges Interesse stießen. Im Mittelpunkt standen dabei Fragen zu gemeinschaftlichen Wohnformen, Hausgemeinschaften von älteren Menschen. Das führte beispielsweise zur Gründung der Gruppe "Oase" mit 17 Frauen und einem Mann im Alter von 57 bis 75 Jahren, die nun ihren Wunsch nach gemeinschaftlichem Leben in Heidelberg in die Tat umsetzen möchten.

Wichtigstes Ergebnis für Heidelberg: Nach Auslaufen des Modellprogramms zum 31. Dezember 2001, wird ab 1. Januar 2002 ein "Wohnservice für ältere Bürgerinnen und Bürger" eingerichtet, um die Arbeit der letzten drei Jahre fortführen zu können. Zu den Aufgaben des neuen Wohnservice gehören Wohnberatung und Wohnraumanpassung. Das neue Wohnservice soll es ermöglichen, auch bei Hilfs- und Pflegebedürftigkeit noch in der eigenen Wohnung bleiben zu können.

Mit dem Aufbau einer Wohnungstauschbörse und eines Umzugsmanagements werden Suche und Umzug in eine den Altersbedürfnissen entsprechende Wohnung erleichtert. Schließlich werden Gruppen, die in gemeinschaftlichen Wohnformen leben möchten, in ihrem Bestreben begleitet und unterstützt.

Der Wohnservice wird zum 1. Januar 2002 mit einer neu geschaffenen Stelle der Informations-, Anlauf- und Vermittlungsstelle Heidelberg (IAV-Stelle) zugeordnet, die beim Amt für Altenarbeit und soziale Angelegenheiten der Stadt Heidelberg angesiedelt ist.

Oberbürgermeisterin Beate Weber: "Ich freue mich, dass der neue Wohnservice ab nächstem Jahr dort weitermachen kann, wo das Projektbüro Ende dieses Jahres aufhören muss. Ich verspreche mir eine Belebung der Diskussion zu selbstbestimmtem Wohnen im Alter. Dem Ministerium bin ich sehr dankbar für seine Unterstützung. Durch das Projektbüro sind wir unseren Zielen im Stadtentwicklungsplan 2010 weitaus näher gekommen, als ich mir das vor drei Jahren hätte vorstellen können."

Weitere Ergebnisse der dreijährigen Arbeit in Heidelberg: Die Anstrengungen, altersgerechtes Wohnen in allen Stadtteilen zu ermöglichen - ein Ziel aus dem Stadtentwicklungsplan 2010 - haben deutlich zugenommen. Betreutes oder altersgerechtes Wohnen sind nicht nur in der Verwaltung präsent, sondern mittlerweile auch im Bewusstsein von Wohnbaugesellschaften und Investoren. Bei größeren Wohnbauvorhaben wird betreutes Wohnen bereits in der Planungsphase mit berücksichtigt. Die Anliegen von Senioren zu gemeinschaftlichen Wohnprojekten werden ernst genommen und mit ihnen gemeinsam diskutiert.

Finanziert wurde das Programm überwiegend aus Bundesmitteln. Das Land beteiligte sich mit 90.000 Mark. Die Stadt Heidelberg setzte den Schwerpunkt in der unterstützenden Begleitung durch die Verwaltung, der Durchführung von Arbeitskreisen sowie der Finanzierung von Veranstaltungen, insbesondere der 1. Heidelberger Wohnkonferenz im Juni 2000.

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Pressegespräch zum Auftakt der Abschlusskonferenz "Selbstbestimmt Wohnen im Alter mit (von links) Ministerialrätin Dr. Gertrud Zimmermann (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Oberbürgermeisterin Beate Weber, Ministerialrat Jörg Huber (Sozialministerium Baden-Württemberg) und Dr. Hans Peter Tews (Heidelberg). (Foto: Pfeifer)

Warteliste ist größer als das Angebot

Modellprogramm sollte Bewusstsein für betreutes Wohnen wecken - Pressegespräch mit Regierungsvertretern


"Es ging darum, möglichst viele Leute gemeinsam an einen Tisch zu bringen, die sich zuvor noch gar keine Gedanken über dieses Thema gemacht hatten," erläuterte Dr. Gertrud Zimmermann, Ministerialrätin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Ziele des von ihrem Ministerium initiierten Modellprogramms.

In einem von Oberbürgermeisterin Beate Weber geleiteten Pressegespräch zum Auftakt der zweitätigen Abschlussveranstaltung in der Stadthalle unterstrich die Ministerialrätin die Bedeutung des Themas: "Bei Eintritt in den Ruhestand liegen vor den Menschen heute noch so viele Lebensjahre wie der gesamte Zeitraum Kindheit, Jugend und Heranwachsen zum jungen Menschen umfasst.

Daraus entstehe ein Bedarf an altengerechtem Wohnen in differenzierten Formen. Dr. Zimmermann: "Diesem Bedarf sollte man nach Möglichkeit immer einen Schritt voraus sein."

In Baden-Württemberg gebe es bereits ein breite Palette von Angeboten zum Wohnen im Alter, sagte der Ministerialrat im Stuttgarter Sozialministerium, Jörg Huber. Dennoch seien frühzeitige Bemühungen, betreutes Wohnen zu etablieren und entsprechende Richtlinien zu entwickeln, sehr wichtig. Weil es dafür keine Patentlösungen gebe, sei der bundesweite Modellversuch zu begrüßen. Denn (der Ministerialrat zitierte ein chinesischen Sprichwort): "Der Stock fürs Alter muss in der Jugend geschnitzt werden."

Besonderes Lob schenkte Huber dem Heidelberger Projektbeitrag. Die IAV-Stelle in der Abteilung Altenarbeit des städtischen Amtes für Soziale Angelegenheiten habe wichtige Koordinierungsaufgaben für Baden-Württemberg wahr genommen.

Über die Erfahrungen in Heidelberg während der dreijährigen Modellphase berichtete Dr. Hand Peter Tews, der das Modellprogramm wissenschaftlich begleitete. Er wies unter anderem auf den umfassenden Abschlussbericht hin, den die Koordinierungsstelle Heidelberg zur Abschlussveranstaltung vorgelegt hat.

Der Bedarf an betreutem Wohnen sei in Heidelberg vorhanden, sagte Dr. Tews. "Die Wartelisten sind größer als das Wohnungsangebot - vor allem im innerstädtischen Bereich." Und: "Kurzfristige Erfolge sind auf diesem Gebiet nicht möglich, deshalb muss auf Kontinuität gesetzt werden."

"Vor vier Jahren war betreutes Wohnen für die meisten noch ein Fremdwort", ergänzte Hermann Bühler, Leiter der Abteilung Altenarbeit im Amt für Soziale Angelegenheiten der Stadt Heidelberg. "Heute rennen sie uns die Bude ein." Oberbürgermeisterin Beate Weber fasste das Pressegespräch zusammen: "Wichtig für die älteren Mensche ist es zu wissen: Betreutes Wohnen ist keine Auslieferung an Fremde, sondern die Inanspruchnahme von Hilfe." (br.)

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Stand: 25. September 2001