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Ausgabe Nr. 38 · 19. September 2001 |
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50 jüdische ehemalige Bürgerinnen und Bürger Heidelbergs trugen sich in das Goldene Buch der Stadt ein. (Foto: Pfeifer) |
Geste der Versöhnung |
Jüdische ehemalige Bürgerinnen und Bürger waren eine Woche Gäste
der Stadt Heidelberg
In diesem Zusammenhang dankte die Oberbürgermeisterin auch dem "Förderkreis Begegnung" mit Konrad Müller, Dr. Norbert Giovannini und Dr. Frank Moraw für deren großes Engagement. Sie verglich die jüdischen Gäste mit "Brückenbauern zwischen den Zeiten, zwischen den Generationen, zwischen Nationen, zwischen Leid und Freud". |
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Oberbürgermeisterin Beate Weber enthüllte die Erinnerungstafel (Foto: Pfeifer) Unter den Zuschauern waren einige, die den engagierten Lehrer noch kannten. (Foto: Pfeifer) |
Engagierter Lehrer jüdischer Kinder |
Gedenkstunde und Erinnerungstafel an der Landhausschule für Hermann Durlacher An der Landhausschule in der Weststadt erinnert seit vergangener Woche eine Gedenktafel an den Lehrer Hermann Durlacher, der von 1935 bis 1938 an dieser Schule die jüdischen Kinder aus Heidelberg unterrichtete. Oberbürgermeisterin Beate Weber enthüllte die Gedenktafel am 13. September im Anschluss an eine Gedenkfeier gemeinsam mit den in Heidelberg weilenden jüdischen ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern. Einige von ihnen - wie Dr. Henri Brunswic, der sich noch gut an seinen früheren Lehrer erinnert - waren selbst einmal Schülerinnen oder Schüler Hermann Durlachers. Nach dem in der voll besetzten Turnhalle der Landhausschule ein Chor der Grundschule die Teilnehmer/innen der Gedenkfeier begrüßt hatte, und Rektor Udo Gärtner die jüdischen Gäste fragte, wer denn als Schülerin oder Schüler einst an dieser Stelle gestanden habe, erhoben sich fast ein Dutzend Hände. Zur heutigen Situation an der Landhausschule berichtete Gärtner, dass etwa 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler ausländische Eltern haben, die völlig unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften angehörten. Im friedlichen Miteinander zu leben, sei ein besonderes Anliegen der Schule. Sehr eingehend zeichnete anschließend der Lehrer und Historiker Dr. Norbert Giovannini ein Porträt Hermann Durlachers - unterbrochen durch ein mehrminütiges stilles Gedenken an die Opfer der Terroranschläge in den USA. Hermann Durlacher stammte als Kind jüdischer Eltern aus Münzesheim bei Bretten. Er besuchte das Lehrerseminar in Heidelberg und war seit 1912 Lehrer des Landes Baden. Mehr als vier Jahre Soldat im ersten Weltkrieg machten ihn später zum Vorsitzenden des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten in Heidelberg. Ab 1920 unterrichtete Durlacher an der Volksschule in der Plöck, der späteren Friedrich-Ebert-Schule. 1923 heiratete er Marta, geb. Fischer. Der Ehe entstammten zwei Söhne. Seit 1870 wurden in Heidelberg auf Grund eines Bürgerentscheids die Grundschulkinder aller Konfessionen in gemeinsamen Volksschulen unterrichtet. 65 Jahr später hoben die Nationalsozialisten - hier in der Person des damaligen Stadtoberschulrats und NSDAP-Kreisleiters Seiler - die Gemeinsamkeit wieder auf. 1935 wurden alle jüdischen Kinder der Stadt in zwei Gruppen (Klassen eins bis drei und vier bis acht) in der Pestalozzi-Grundschule zusammengefasst, die damals in dem Gebäude der heutigen Landhausschule untergebracht war. Mit dem Unterricht der jüdischen Kinder wurde Hermann Durlacher beauftragt. Ihn unterstützten jüdische Lehrkräfte höherer Schulen und brachten den Kindern auch Englisch und Hebräisch bei. Die jüdische Klasse bestand bis zum Pogrom am 9./10. November 1938. In jener Nacht zerstörte die SA nicht nur die Einrichtungen der jüdischen Gemeinde und das Eigentum jüdischer Bürger, sondern demolierten auch das jüdische Klassenzimmer. Dem damaligen Rektor der Pestalozzischule reichte das als Vorwand, von nun an den jüdischen Kindern den Zugang zur Schule zu verwehren. Hermann Durlacher wurde ins Konzentrationslager Dachau gebracht und dort bis Januar 1939 eingesperrt. Nach seiner Rückkehr setzte er den Unterricht in Räumen der jüdischen Gemeinde fort, bis er - zusammen mit einer Frau - am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich deportiert wurde. Von dort wurde er 1942 nach Auschwitz verschleppt und ermordet. |
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