Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 36 · 8. September 1999

Karl Weber

CDU

Abschied und Dank

Bei der Gemeinderatswahl am 24. Oktober werde ich nicht mehr kandidieren. Im Dezember 1999 wird dann nach 34 Jahren meine Mitgliedschaft im Stadtrat beendet sein, in den ich erstmals am 7. November 1965 gewählt wurde.

Nach meinem Eintritt in die CDU und die Junge Union am 1. März 1956 nach dem Abitur am Helmholtz-Gymnasium wurde ich 1959 Kreisvorsitzender der JU und Mitglied des Kreisvorstandes der CDU. In den folgenden 40 Jahren wurde ich in zahlreiche Ämter und Funktionen auf allen politischen Ebenen berufen. Von 1969 bis 1980 habe ich als Mitglied des Deutschen Bundestages und von 1980 bis 1992 als Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg die Heidelberger Bürger im Parlament vertreten. Auch während meiner Parlamentszeit bin ich im Gemeinderat geblieben, obwohl dies eine hohe terminliche Beanspruchung mit sich gebracht hat. In "ewiger Erinnerung" bleibt mir das Jahr 1980, in dem ich von März bis November gleichzeitig MdB, MdL und Stadtrat war, als wohl einziger Mandatsträger in der Bundesrepublik. Nach meinem Abschied von der "großen Politik" im Jahre 1992 werde ich nun im Dezember mein letztes Mandat aufgeben. Mit Beginn des neuen Jahrtausends werde ich dann zwar nicht zum "unpolitischen Menschen" werden, aber ich werde kein "öffentlicher Mensch" mehr sein.

Während meiner aktiven Zeit habe ich immer versucht, mich an "Maß und Mitte" zu orientieren. Mir war immer wichtig, worauf es ankommt und nicht was ankommt. Denn ein Politiker sollte das tun, was notwendig ist, und nicht das, was populär ist. Das ist ja nicht immer dasselbe.

Ich habe meiner Heimatstadt Heidelberg "mein Leben lang die Treue gehalten" und war immer bereit zum Mittun und zur Übernahme von Verantwortung. Und ich möchte die Zeit im Gemeinderat nicht missen, insbesondere die "alten Zeiten" in den 60er und 70er Jahren. Es werden viele, vor allem personenbezogene, Erinnerungen bleiben. Und ich denke dabei an den Dichter Jean Paul, der gesagt hat: "Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können". Aber einmal muss Schluss sein. Und man sollte dann gehen, wenn man noch zum Bleiben aufgefordert wird.

Ich möchte nun heute, da sich meine politische Tätigkeit dem Ende zuneigt, ganz herzlich Dank sagen. All denen, die mich in den vergangenen Jahrzehnten bei meinen Kandidaturen und bei meiner politischen Arbeit unterstützt haben, und all denen, die mir in den zurückliegenden zwölf Wahlen ihre Stimme gegeben haben. Und ich bitte diejenigen um Verständnis, die mich zu einer erneuten Kandidatur aufgefordert haben. Ich will jetzt am Ende meiner politischen Laufbahn offen und ehrlich bleiben: ich habe einfach keine Lust mehr.

Deshalb ist es nun Zeit, dass ich mich aus dem öffentlichen Leben zurückziehe und ganz in das private Leben zurückkehre. Ich will dabei versuchen, dem Rat des römischen Geschichtsschreibers Plutarch zu folgen, der sich mit dem Wunsch meiner Frau deckt: "Du sollst Dich nicht erzürnen über diese Welt. Sie kümmert sich nicht darum. So ordne, was da kommt, in Deine kleine Welt und Du wirst glücklich sein".

Ich wünsche meiner Heimatstadt Heidelberg und deren Bürgerinnen und Bürger eine gute Zukunft.
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Dr. Katrin Werner-Jensen

SPD

Mädchen stärken - Mädchen schützen, Teil 3

Einige Daten und Fakten

1997 wurden in der Bundesrepublik insgesamt 16.888 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern erfasst. Die Opfer sexueller Gewalt sind zu über 75 Prozent Mädchen, der Rest sind Jungen. Sie sind meistens zwischen sieben und 13 Jahren alt, wobei der Beginn der Gewalt meistens im Alter zwischen sechs und zehn Jahren liegt. Zwei Drittel der sexuellen Gewalthandlungen gegen Kinder werden im familiären Umfeld begangen. Dazu eine persönliche Anmerkung: Ich habe gerade im eigenen Bekanntenkreis erlebt, dass ein Junge zunehmend durch schlechte Schulleistungen, Angst und verändertes Verhalten auffiel. Es war für die ganze Familie sehr zeit- und kraftaufwändig, den Grund herauszufinden: Im engen Freundeskreis war der Junge missbraucht worden. Erst, als der Täter bestraft war, konnte eine Therapie beim Opfer greifen.

Ein lange tabuisiertes Thema ist das der gewerbsmäßigen sexuellen Ausbeutung von Kindern, dem im August 1990 in Stockholm ein Weltkongress gewidmet war. Ein Aktionsplan wurde verabschiedet, der zu nationalen Maßnahmen und - was ganz zentral ist - zu internationaler Zusammenarbeit aufrief. Im Zuge der Nachbereitung des Ersten Weltkongresses gegen die gewerbsmäßige sexuelle Ausbeutung von Kindern in Stockholm wurde das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom Deutschen Bundestag verabschiedet: Es sieht, unter anderem, für den sexuellen Missbrauch von Kindern und die Verbreitung kinderpornografischer Schriften eine schärfere strafrechtliche Bewertung und ein bedeutend höheres Strafmaß vor: So werden schwere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern seit dem 1. April 1998 als Verbrechen (bisheriges Recht: Vergehen) eingestuft und können bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe einbringen.

Nun ist Strafe bei weitem nicht alles. Zwar wird man Gewalt und Missbrauch wohl nie ganz ausrotten können. Aber Ziel muss sein, beidem entschieden entgegenzutreten. Dazu leistet diese Ausstellung einen wichtigen Beitrag. Dem "Frauennotruf", der auch sonst so wichtige Arbeit in unserer Stadt tut, sei dafür herzlichst gedankt.
   
  Der SPD-Ortsverein Altstadt/Schlierbach lädt ein zur Stadtteilbegehung in der Altstadt:
Mittwoch, 22. September 1999, 17.00 Uhr
Treffpunkt: Plöck, vor Bäckerei Göbes

Von dort aus geht es zur Peterskirche und zum Universitätsplatz, (Straßenbahn in der Altstadt), dann entlang der hinteren Hauptstraße (Einzelhandel) zur Leyergasse, wo Architekt Hansjörg Maier eine Führung durch die in Sanierung befindlichen Räume der Hoepfner-Brauerei mit den in Deutschland einzigartigen Wandmalereien durchführt, bis hin zum Neckarmünzplatz, der dringend auf eine Platzgestaltung wartet. An der Begehung teilnehmen werden auch die SPD Altstadt-Gemeinderatskandidatinnen und -kandidaten für den Kommunalwahlkampf 1999: Stadträtin und Ortsvereinsvorsitzende Dr. Karin Werner-Jensen, Alexander Stahl, Roswitha Börger und Bezirksbeirätin Uli Zierl, sowie weitere Bezirksbeirätinnen und -räte. Anschließend (ab cirka 19.30 Uhr) findet in der Griechischen Taverne, Bergbahn, eine Aussprache statt.

Die interessierte Öffentlichkeit ist dazu herzlich eingeladen!
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Ulrike Duchrow

GAL

Der Jugendhof ist unverzichtbar, Teil 2

Nach Auskunft der Jugendhof-Leitung wird im nächsten Jahr der Zuschuss für eine Planstelle gebraucht. Finanziell besonders belastend ist die hohe Pacht für das Gelände. Wenn der Pachtvertrag in 4 Jahren ausläuft, ist auch hier die Unterstützung der Stadt bei der Suche nach einem neuen, möglichst preiswerterem Gelände gefragt.

Die beim Sommerfest anwesenden Stadträte/innen waren sich quer durch die Fraktionen einig, dass der Jugendhof erhalten werden muss und dass dazu erhöhte Zuwendungen gebraucht werden. In anderen Städten stehen den Jugendhöfen außer dem Gelände meist zwei Planstellen zur Verfügung. Es wurde beschlossen, einen gemeinsamen Antrag zu stellen, um das Thema Jugendhof auf die Tagesordnung des Gemeinderats zu bringen. Es wäre zu wünschen, dass dabei auch ein gemeinsamer Beschluss für mehr Unterstützung herauskäme. Die GAL ist der Meinung, dass auch in Zeiten knapper Kassen die offene Jugendarbeit höchste Priorität behalten muss. Sie bildet ein Gegengewicht zu einer immer mehr um sich greifenden passiven Freizeitgestaltung, indem sie, wie in diesem Fall zum Beispiel, eine selbstbestimmte Tätigkeit in der Gemeinschaft mitten in ländlicher Umgebung ermöglicht. Damit erfüllt sie eine unverzichtbare präventive soziale und pädagogische Aufgabe.
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Dr. Ursula Lorenz

FWV

Thema Bergheimer Straße

Das Thema Bergheimer Straße gibt Anlass zu grundsätzlichen Überlegungen. Die Lösung für den fließenden Verkehr ist missglückt und für das Geschäftsleben eine deutliche Verschlechterung. Nun werden nach den Schäden an der Bauausführung von einem Gutachter sowohl Planung als auch Ausführung als teilweise fehlerhaft eingestuft. Den Schaden zahlt die HSB, die ohnehin nahezu bankrott ist. Im Klartext: der Bürger zahlt. Wir Freien Wähler fragen, warum unsere Fachleute in der Verwaltung nicht sorgfältig die geforderte Qualität bei der Ausschreibung festgelegt und später überprüft haben. Es wird nicht die erste Straße in Deutschland sein, die der Belastung von Bus und Bahn gewachsen sein muss. Das gleiche Problem haben wir in Wieblingen am Fußgängerüberweg am Thaddenplatz. Schon mehrfach wurde auf den maroden und stolperträchtigen Zustand der Marmormarkierung hingewiesen. Muss erst ein Mensch vor den Bus fallen, ehe etwas geschieht? Auch hier zeigt sich eindeutig ein Materialfehler.

Das Tiefbauamt hätte Kriterien der Qualität und nicht der Schönheit festlegen müssen. Die Entscheidung bei den Zuschlägen für Aufträge fällt fast immer zu Gunsten des billigsten Anbieters. Gerade diese gehen häufiger in Konkurs als seriöse Unternehmen mit angemessenen Preisen aber auch entsprechenden Leistungen. Die Gemeinderäte sind bei ihren Entscheidungen für die Auftragsvergabe auf die Sachkunde der Verwaltung angewiesen. Wenn die nicht ausreicht, schlage ich vor, in Zukunft Gutachter vor der Zuschlagserteilung zu fragen und in der Verwaltung entsprechende Stellen zu kürzen. Übrigens: Thaddenplatz - warum sperrt sich die Verwaltung, dem Wunsch des Stadtteilvereins nachzukommen und die menschenabweisenden Eisenpflöcke durch bepflanzte Kübel zu ersetzten, die der Verein stellen und pflegen möchte? Ist das die viel gepriesene Bürgernähe?
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Dr. Arnulf Lorentz

LD

Ein Entwicklungsgebiet mitten in der Stadt: Die Bahninsel

Die Bahninsel und der Rangierbahnhof werden von der Bahn aufgegeben und können städtebaulich anders genutzt werden. Dieses Gebiet ist größer als die Weststadt und kann neu überplant und bebaut werden, ohne ökologische Schäden zu verursachen. Dies ist eine Chance, im innerstädtischen Bereich Wohnungen, insbesondere solche für Haushalte mit durchschnittlichem und unterdurchschnittlichem Einkommen, zu bauen. Auch Gewerbefläche kann hier zur Verfügung gehalten werden für die Veränderungen und Umstrukturierung der Heidelberger Wirtschaft, um ihr eine Anpassung an veränderte Nachfrage zu ermöglichen. Die meisten der anderen für diese Zwecke überplanten Gebiete ("Marienhof", "Holzapfelbaum", "Wolfsgärten", Pfaffengrund-Ost, Harbigweg) führen zum Verlust von wertvoller Freifläche, zerstören stadtklimatisch wichtige Gebiete, führen zum Verlust von Naherholungsgebieten und zu einer weiteren Zersiedelung des Stadtumlandes. Sie dürfen nicht verwirklicht werden.

Deshalb müssen wir alle Energie auf die Entwicklung der Bahninsel richten. Die vor kurzem in einem städtebaulichen Workshop für die Bahninsel entwickelten Vorstellungen müssen konkretisiert und rasch in einen Bebauungsplan umgesetzt werden. Eine Einzelmaßnahme muss die Erhaltung des Industriedenkmales "Bahnausbesserungswerk" sein. Hier sollte eine "Kulturfabrik" entstehen mit Ateliers für Künstler, Proberäume für Kleinkunstgruppen, Räumen für das Autonome Zentrum. Eine solche Einrichtung braucht Heidelberg dringend, nachdem die "Schokoladenfabrik" in Ziegelhausen vor einigen Jahren weggefallen ist.
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Werner Beck

W. Beck

Ein junger Mensch braucht Ihre Hilfe!

Angesprochen hat mich ein Jugendlicher von 17 Jahren, der krebskrank war und inzwischen geheilt ist. Obwohl er von dieser heimtückischen Krankheit befallen war, hat er eine Friseurlehre im Ersten Lehrjahr an der Johannes-Gutenberg-Schule mit 2,4 abgeschlossen. Aber dann wegen seiner Krankheit, die noch nicht ausgeheilt war, keinen weiterführenden Lehrplatz gefunden. Ich bin der Meinung, wenn ein junger Mensch den starken Charakter aufweist, einerseits mit einer lebensbedrohenden Krankheit fertig zu werden und andererseits noch in der Lage ist, die Kraft aufzubringen und die Motivation zu haben, eine Lehrausbildung zu beginnen, so soll dies unbedingt belohnt werden, und das mit einem Lehrplatz. Gerade so eine Krankheit zu besiegen, bedarf einer nachfolgenden Motivation für die Zukunft, deshalb spreche ich alle Bürger zur Mithilfe an. Wenn Sie helfen können und möchten, rufen Sie an Heidelberg (06221) 2 77 44 oder (0171) 1 87 79 71.

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 7. September 1999