Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 36 · 6. September 2000

Kristina Essig

CDU

"Altlasten"

Der wiederholten und nachdrücklichen Anregungen des damaligen Gemeinderates Dr. Arnulf Lorentz (LD) folgend, beschloss das Umweltdezernat im November 1999, ein Projekt zu starten, das die flächendeckende Abfallberatung in einem Teilbereich der Weststadt zum Inhalt hatte. Ziel sollte sein, für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Verbesserung der Sortierqualität mit der Folge einer Restmüllreduzierung und somit auch eine Gebührenreduzierung zu erreichen.

Grundsätzlich keine schlechte Idee. Und - wie das in Heidelberg im Umweltbereich so üblich ist - betraute man mit der Durchführung ein unabhängiges Institut. Dieses Institut verschickte an 2.100 Haushalte in der Weststadt Briefe mit Antwortkarten und erhielt einen Rücklauf von stattlichen 21 Karten. Immerhin 1 Prozent.

Mit diesem Ergebnis verständlicherweise nicht ganz zufrieden, erfolgte dann eine Telefonaktion - von der Abfallberaterin mit einem Stundensatz von 125 DM selbst durchgeführt. Ca. 500 Telefonversuche wurden gestartet, 300 hatten Erfolg in der Weise, dass diese zu 163 Abfallberatungen führten - davon 66 per Telefon und 97 vor Ort. Allerdings war in 10 Prozent der Fälle zum verabredeten Termin niemand zu Hause.

Die Dauer der einzelnen Beratung lag, einschließlich der Zeit für die Terminvereinbarung sowie An- und Abreise, bei fast zwei Stunden. Bei einem Stundensatz von 125 DM lag der Preis pro Beratung somit immerhin bei 250 DM. Insgesamt hat nach Auskunft des Amtes für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der ganze Spaß den stattlichen Betrag von ca. 40.000 DM gekostet!

Nun ist es zwar richtig, dass neue Wege zu beschreiben, oft einher geht mit einem gewissen Kostenrisiko. Den Mitgliedern des Umweltausschusses wurde versichert, dass es vergleichbare Projekte bislang in keiner Stadt gegeben hätte. Dem Bericht des Institutes ist nun jedoch zu entnehmen, dass es vorab telefonische sowie Internet-Recherchen gegeben hatte, mit dem Ziel, Erfahrungen, Ideen und Tipps zu persönlichen Abfallberatungen zu erhalten.

Das Fazit dieser Recherchen lautete, dass es in den 80er und 90er Jahren hierzu mehrere Projekte gegeben hatte, die sich aber oft als ineffektiv erwiesen hätten, so z. B. in Kaiserslautern, wo sich die persönliche Beratung "als zu teuer" erwiesen hatte und und "von den BürgerInnen nicht entsprechend angenommen" wurde. Auch in Mainz wurden bereits individuelle Hausberatungen durchgeführt, "die jedoch zu ineffektiv" und "zeitintensiv" waren. In Koblenz wurden entsprechende "Beratungen vor Ort" "nach 6 Wochen" aufgeben, "da sie wenig gebracht hätten". Auch in Pforzheim kam man zu dem Ergebnis, dass die Bürger so etwas nicht wollten.

Aber: Eine Erfahrung ist erst dann eine richtige Erfahrung, wenn man sie selbst gemacht hat. Ganz gleich was es kostet! Über eines habe ich mich jedoch sehr gewundert: Habe doch auch ich meinen Namen und meine Adresse in der "Tabelle telefonische Abfallberatung" wiedergefunden!

Richtig ist, dass ich in dem besagten Gebiet in der Weststadt wohne, dass ich angeschrieben worden bin, dass ich meine Antwortkarte nicht zurück geschickt habe und dass ich deshalb auch einen entsprechenden Anruf von einer - zugegebenermaßen - sehr netten jungen Dame erhielt, die gerne mit mir einen Termin vereinbart hätte. Da ich aber insbesondere zum besagten Termin sehr wenig Zeit hatte und, zugegebenermaßen, vielleicht etwas arrogant und selbstüberschätzend der Ansicht war, dass ich das Thema Mülltrennung seit vielen Jahren sehr gewissenhaft betreibe, lehnte ich sehr freundlich die Vereinbarung eines Termins ab und wurde zur Belohnung prompt in die Tabelle der telefonisch Beratenen aufgenommen! Ob dies wohl noch anderen so gegangen ist?
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Dr. Karin Werner-Jensen

SPD

Migranten in Heidelberg

Ausländerfeindlichkeit, Ausländerhass, Gefahr von rechts - so hören wir es im Augenblick täglich aus den Medien. Dabei sind fast schlimmer als die offenen, die verdeckten Vorurteile gegen Ausländer, die zum tatenlosen Zusehen bei Beschimpfungen und Gewalt führen. Einige wenige Kriminelle wird jede Gesellschaft erdulden müssen, aber es darf nicht wieder eine schweigende Mehrheit geben, die das kriminelle Treiben eigentlich gar nicht so kriminell findet und wortlose Zustimmung signalisiert. Heidelberg hat hier mit seinem Stadtentwicklungsplan 2010 klare Forderungen: Heidelberg will eine Stadt des sozialen Ausgleichs sein, eine Stadt, die Ausgrenzung verhindert.

"Letztmals am 4.12.1996" wurde dem Sozialausschuss ein "umfassender Bericht zur Situation ausländischer Flüchtlinge vorgelegt", so heißt es zu Beginn des neuen, am 11.7.2000 im Sozialausschuss und am 26.7.2000 im Gemeinderat vorgelegten Berichtes: Migranten in Heidelberg. Leitlinien zur sozialpädagogischen Betreuung ausländischer Flüchtlinge. Danach sind zur Zeit mehr als 100 Mio. Menschen unterwegs, auf der Flucht, auf der Reise in ein anderes Land, in eine neue Heimat, um bessere Lebensbedingungen zu finden.

1998 lebten in Heidelberg 22.152 ausländische Menschen; das sind 15,9%. Die Heidelberger Universität trägt übrigens mit 17% Ausländeranteil der Studenten, dem höchsten an allen deutschen Universitäten, mit zur Vielfalt der Nationen bei. 1982 waren es nur 12.601 und damit 9,4% der Heidelberger Bevölkerung. Heidelberg hat also einen großen Zuwachs zu verzeichnen. Das bringt neue Herausforderungen mit sich, denn einige Menschen brauchen erhebliche Hilfe.

2953 ausländische Flüchtlinge (Stand 1.3.2000) werden derzeit betreut. Davon sind knapp die Hälfte (48,4%) Kinder. 533 Kinder leben in Großfamilien (mit mindestens 3 Kindern), 705 Kinder leben in Familien mit 1-2 Kindern. Das sind 1429 Kinder und 897 Erwachsene, also 78,8% aller betreuten Personen. Dazu kommen 222 Alleinstehende, 108 Ehepaare ohne Kinder, 189 Senioren mit 60 Jahren und älter (6,4%), davon 161, also der überwiegende Teil, jüdische Kontingentflüchtlinge, die oftmals hilfs- und pflegebedürftig sind.

Die Kinder stehen also von der Zahl her im Mittelpunkt - und also auch im Mittelpunkt der Heidelberger Leitlinien. Ziel ist, ihre Lebenschancen zu verbessern und alle zur Schule zu schicken, unter Zusammenarbeit aller beteiligten Dienste und Ämter. Die Eltern müssen gegebenenfalls beraten werden. Aber auch Kranken soll ein Leben in Würde, Gesunden eine sinnvolle gemeinnützige Arbeit, ermöglicht, Asylarbeitskreise und somit auch Selbsthilfekräfte aktiviert werden. Es gibt viel zu tun, und alle sind aufgerufen, mitzuhelfen, Menschen, die ohnehin schon eine höchst schwierige Zeit hinter sich und oft vor sich haben, das Leben wieder schöner und lebenswerter zu gestalten.

Herzliche Einladung: Am 14. September um 20 Uhr findet im DAI (Deutsch-Amerikanischen Institut, Sofienstraße 12) eine Veranstaltung der SPD mit dem Migrationsforscher Klaus Bade statt, der zum Thema "Migration und Integration im Einwanderungsland Deutschland" informieren wird.
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Judith Marggraf

GAL

Brauchen wir wirklich ein neues Kongresszentrum?

Geplant wird ein Kongresszentrum mit einer Kapazität für maximal 1500 Personen, verbunden mit einem 4-Sterne-Hotel mit 280 Zimmern. Zum Vergleich: Die Stadthalle hat eine Kapazität von maximal 1250 Personen, das Crowne Plaza (4-Sterne) und der Europäische Hof (5-Sterne), beide in Fußnähe zur Stadthalle, verfügen zusammen über 350 Zimmer.

Da stellt sich doch die Frage, worin der Vorteil/Fortschritt eines neuen Kongresszentrums besteht. Richtig ist, dass die Stadthalle nicht allen Anforderungen an eine moderne Tagungsstätte gerecht wird, insbesondere fehlt Ausstellungsfläche und auch die Anliefermöglichkeiten sind schwierig. Aber: Muss sie denn allen Anforderungen gerecht werden? Der Verkehrsverein wirbt für die Stadthalle mit dem treffenden Slogan "Wir schenken ihrem Kongress den Charme unserer Stadt". Der Erfolg ist groß, die Stadthalle ist ausgebucht. Ob ein neues Kongresszentrum, vor den Toren der Altstadt, das auch nur annähernd erreicht? Schauen wir genauer hin: Das gesamte Projekt, das ist heute schon klar, kann nur mit einer dauerhaften, d.h. verpflichtenden finanziellen Beteiligung der Stadt realisiert werden - über die Höhe der zu erwartenden Belastungen war noch nichts Konkretes zu hören, die eine oder andere Million im Jahr dürfte es aber schon werden. Beim Projekt "Altes Hallenbad" lehnt die Stadt bislang ja noch jede finanzielle Beteiligung ab, dabei hätte dieses Vorhaben aus unserer Sicht wirklich Priorität!

Aber vielleicht rechtfertigt ja die Nachfrage den Bau einer neuen Tagungsstätte!? Mehr hierzu im nächsten Stadtblatt.
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Margret Hommelhoff

F.D.P.

Erfreulicher Sportstättenbau

Der Heidelberger Tennisclub weiht in Kürze seine neue Anlage am Klausenpfad in Handschuhsheim ein, die unglaublich schnell und professionell errichtet wurde. Der Bau des Sportzentrums West schreitet zügig voran. Mit dem Bau der Sporthalle in Wieblingen soll im nächsten Jahr begonnen werden. Für die Kurpfalzschule in Kirchheim wird eine Sporthalle geplant. Als Mitglied des Sportausschusses freue ich mich besonders über diese neuen Sportstätten. Verbessern sie doch nicht nur die Trainingsbedingungen für die aktiven Sportler und Sportlerinnen, sondern locken vielleicht die eine oder den anderen bisher nicht Sport treibenden Bürger oder Bürgerin an, sich sportlich zu engagieren. Vielleicht winkt ja dem einen oder der anderen von ihnen sogar eine Olympiateilnahme, wie jetzt jenen Heidelberger Sportlern und Sportlerinnen, die sich auf den Weg nach Sydney gemacht haben: viel Glück!
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Dr. Hannelis Schulte

Linke Liste/PDS

Telefongrundgebühren

Über 100 Milliarden DM hat die Telekom für den Voice Stream-Einkauf aus der Tasche gezogen, weitere Milliarden für UMTS und Power Tel. Und wo spart Telekom? Bei den Ärmsten, die bisher die Telefongrundgebühr erlassen bekamen und noch 10 oder 20 Einheiten frei hatten. Dies entfällt jetzt und die Gebühr beträgt 9,00 DM. Für Menschen, die jeden Pfennig dreimal umdrehen müssen, ist das hart. Telekom erklärt stolz: "Wir sind überhaupt der einzige Telefonanbieter, der Nachlass gewährt."

Da sehen wir, wohin wir mit der Privatisierung gekommen sind: Bei aller Freude über das billige Telefonieren - doch dass dafür bei den Alten und Einsamen eingespart wird, erfahren wir nicht einmal. Warum wird das nicht öffentlich diskutiert? Und warum sagt niemand: "So darf das nicht weitergehen?"
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat

CDU:

Rohrbacher Str. 57, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 39 72, Fax: 16 48 43
e-mail: CDU-GR-Fraktion-HD@t-online.de

SPD:

Fischmarkt 3, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 67 67, Fax: 16 40 23,
e-mail: SPD-Fraktion-Heidelberg@t-online.de

GAL:

Rohrbacher Str. 39, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 28 62, Fax: 16 76 87
e-mail: mail@gal-heidelberg.de

"Heidelberger":

Bergheimer Str. 95, 69115 Heidelberg,
Tel.: 61 94 21, Fax: 61 94 22
Internet: www.dieHeidelberger.de

FWV:

Fischergasse 14-16, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 30 70, Fax: 65 98 30
Internet: www.FWV-hd.de

FDP:

Zähringerstr. 44a, 69115 Heidelberg,
Tel. 24 56 4, Fax: 18 21 13

PDS:

Sitzbuchweg 14, 69118 Heidelberg,
Tel. 80 03 25

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 5. September 2000