Thema der Woche

Ausgabe Nr. 35 · 1. September 1999



Ökologisch wertvolle Hanggebiete führt der Umweltplan unterhalb von Emmertsgrund und Boxberg auf. (Foto: Rothe)

Der Umweltplan: Entscheidungshilfe bei Planungen

Eine ökologische Gesamtübersicht mit Handlungsanweisung für Heidelberg liegt vor


In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Gemeinderat das Modell Räumliche Ordnung verabschiedet, das unter anderem die Entwicklungsflächen für Wohnen und Arbeiten in Heidelberg festlegt. Grundlage für die Entscheidung waren ausführliche Gutachten über die Siedlungsstruktur und die Freiflächenstruktur sowie ein Gutachten, das die ökologische Situation in Heidelberg beschreibt und bewertet: der Umweltplan.

Diese Bestandsaufnahme ist mehr als vernünftig. Wenn man neue Wohn- und Gewerbegebiete, Nachverdichtungen und anderes mehr planen möchte, muss man neben vielen anderen auch die ökologischen Aspekte beachten: Wo fließt die für das Stadtklima wichtige Kaltluft hin? Wird sie durch Neubauten gebremst? Wo liegen die für die Pflanzen- und Tierwelt nötigen Biotope? Gibt es Verbindungen zwischen den einzelnen Naturräumen? Liegt eine Planungsfläche in einem für die Grundwasserbildung wichtigen Versickerungsgebiet? Gibt es Bodenbelastungen durch Nitrate oder Schwermetalle?

Beispiel Pfaffengrund/Eppelheimer Straße
Anhand des für den Flächennutzungsplan vorgeschlagenen Gebiets Pfaffengrund/Eppelheimer Straße lässt sich der Sinn des Umweltplans belegen. Eine knapp 20 Hektar großen Fläche westlich des Diebswegs bis zur Höhe der Schützenstraße soll für Wohnungsbau bereit gehalten werden. Die Gutachter des Umweltplans sehen auf dieser Fläche bei einer Bebauung ein "hohes Konfliktpotenzial im Bereich Klima/Luft". Deshalb gaben sie für diese Fläche nur eine eingeschränkte Zustimmung. Sie empfehlen den Stadtplanern bei einer Umsetzung die "klimaökologischen Belange zu berücksichtigen": Konkret bedeutet das, die neue Siedlung so anzulegen, dass die Winde aus dem Neckartal auch noch die westlich liegenden bebauten Teile Pfaffengrunds durchströmen und kühlen. Eine lockere Bebauung mit durchgängigen Grünflächen soll die ökologische Vernetzung zum Neckar in Nord-Süd-Richtung sicher stellen. Schließlich ist der Bereich auch mit hoher Bedeutung für die Grundwasserneubildung. Die Stadtplaner sollten daher Versickerungsmöglichkeiten gewährleisten, was wiederum eine lockere Bebauung nahe legt. Denn die Versickerung braucht Platz, die Regenrinnen der Häuser enden nicht in der Kanalisation, sondern breitflächig in Versickerungsmulden.
All dies steht im Umweltplan. Er ist damit eine wichtige Entscheidungshilfe für Verwaltung und Gemeinderat bei allen größeren Planungen, die Einfluss auf die Umwelt haben. Und das ist eigentlich immer der Fall. (neu)
 

Thomas Schaller,
Bürgermeister für
Umwelt und Energie

"Wertvolle Arbeitshilfe"

"Schutz und Verbesserung unserer Umwelt genießt in Heidelberg einen hohen Stellenwert - auch wenn bedauerlicherweise gelegentlich anderen Zielen mehr Gewicht gegeben wird. Deshalb haben wir umfangreiche Erhebungen über unsere Luft, das Klima, den Boden, das Wasser usw. durchführen lassen. Allerdings erhielten wir so überwiegend Einzelerkenntnisse, die noch nicht in einen Zusammenhang gebracht waren. Der Umweltplan hat dies nun geleistet. Er hat damit eine die einzelnen Umweltmedien übergreifende und umsetzungsorientierte Grundlage geschaffen - eine ganzheitliche Betrachtung der Wirkungszusammenhänge und das sogar computergerecht (digitalisiert).

Doch das ist noch nicht alles. Die zweite Ebene des Umweltplanes versucht, Ziele und Handlungserfordernisse zu formulieren - ein räumliches Leitmodell für die Umwelt, ergänzt um konkrete, beispielhafte Maßnahmenvorschläge zur Verbesserung der Umweltsituation. Damit haben wir eine wertvolle Arbeits- und Entscheidungshilfe für Stadtverwaltung und Gemeinderat. Aber auch für die Bürgerinnen und Bürger, da selbstverständlich alle Detailpläne und Datengrundlagen allgemein zugänglich sind.

Umweltschutz benötigt das Engagement von uns allen, sonst bleibt der schönste Plan lediglich ein Stück Papier."

Thomas Schaller
Bürgermeister für Umwelt und Energie

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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT

Die Maßnahmenvorschläge

Der Umweltplan greift zehn wertvolle ökologische Bereiche heraus, die gesichert werden sollen


Der Umweltplan ist nicht nur Bestandsaufnahme und Bewertung der ökologischen Gesamtsituation. Er beinhaltet auch zehn Maßnahmenvorschläge, die ökologisch wertvolle Bereiche in der Stadt vordringlich sichern sollen.

Der Gemeinderat hat beschlossen, diese Maßnahmen zum Schutz der Umwelt umzusetzen, "unter der Voraussetzung, dass die notwendigen Mittel vorhanden sind". Drei Bereiche mit besonderer Vordringlichkeit haben die Berliner Gutachter heraus gearbeitet.

1. Hanggärten im Süden

Oberhalb von Rohrbach und an den Hängen unterhalb des Boxbergs und des Emmertsgrunds liegen Grünflächen mit besonderer ökologischer Bedeutung auch für die Siedlungsgebiete in der Nähe. Hier schlagen die Gutachter standortgerechte Bepflanzung und Nutzung (Gärten und Streuobstwiesen) und Vernetzung von Biotopflächen vor. Das Gebiet hat hohen Erholungswert für die Stadtteile ringsum und hat für diese auch klimatische Bedeutung.

2. Auenräume
Für die Neckarauen schlagen die Gutachter eine Aufwertung vor: Die Rückhalteflächen für Wasser sollen vergrößert werden, Ufermauern beseitigt und Böschungen zur Förderung der Gewässerflora und -fauna abgeschrägt werden. Biotope sollen vernetzt und die Vegetation durch standortgerechte Bepflanzung verbessert werden. Die Auen sind wichtig für die Grundwasserbildung.

3. Handschuhsheimer Feld
Für das Handschuhsheimer Feld legen die Gutachter zum Beispiel nahe, die Anstrengungen zur Verringerung der Nitratbelastung im Boden und im Grundwasser aufrecht zu halten, den Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln auf das unabdingbare Maß zu beschränken, Biotope zu vernetzen, verwilderte Grundstücke zu reaktivieren und Hellenbach und Mühlbach zu entdolen. Das Gebiet hat klimatische Bedeutung und ist Erholungsraum für die verdichteten Siedlungsbereiche ringsum.

Weitere Maßnahmenschwerpunkte mit mittelfristiger Bedeutung sind die großräumig bedeutsame Vernetzung von Grünflächen westlich von Wieblingen, die Wiederherstellung und Ergänzung der Gartenzone als Grüngürtel um Kirchheim, die Aufwertung und Pflege der Streuobstbereiche in Ziegelhausen, die Entdolung des Rohrbachs, die Schaffung eines Stadtparks als Erholungsfläche östlich der Siedlungserweiterung Pfaffengrund/Eppelheimer Straße und seine ökologische Vernetzung mit dem Bergfriedhof. Schließlich sollte langfristig eine großräumige ökologische Vernetzung zwischen Unigelände im Neuenheimer Feld und dem Pfaffengrund vorgenommen werden.

"Wie die Umsetzung der Vorschläge im Detail auszusehen hat, muss noch von uns ausgearbeitet werden", erklärt Rüdiger Becker, Bereichsleiter Natur- und Landschaftsschutz im Umweltamt. Als ersten Schritt bereitet er für die ökologisch wertvollen Hangbereiche um Heidelberg zurzeit eine Vorlage für den Gemeinderat vor mit dem Ziel, das bestehende Landschaftsschutzgebiet Bergstraße-Mitte um diese Flächen zu erweitern. (neu)
   
 

Zum Umweltplan...

  ... kann Rüdiger Becker weitere Auskünfte geben, Telefon: (06221)58-1817. Der Plan ist für einen Unkostenbeitrag von 10 Mark beim Amt für Umweltschutz, Energie und Gesundheitsförderung zu erhalten, Tel. (06221)58-1800, Fax (06221)58-1829.
   
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Stand: 31. August 1999