Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 35 · 1. September 1999

Dr. Jan Gradel

CDU

"Initiative gegen Verkehrsengpässe"

Als unglaublich dreist, aber irgendwie typisch, sehe ich die "Initiative gegen Verkehrsengpässe" der SPD. Zwei Monate vor der Kommunalwahl gründen SPD-Vorstand mit der Fraktion eine solche Initiative, nach dem die gleichen Personen die ganze Wahlperiode lang keine Kosten und Mühen gescheut haben, den Verkehrsfluss in dieser Stadt nahezu zum Stillstand zu bringen.

Als geradezu lächerlich muss man den Versuch ansehen, die Ampelanlage in der Franz-Knauff-Straße per Gemeinderatsbeschluss auf "gelb" zu schalten, um anschließend von einem "externen Gutachter" die Möglichkeiten zur "Entschärfung" prüfen zu lassen, nach dem man unlängst gerade diese Ampelanlage gefordert hat. Es ist erst wenige Monate her, da hat die CDU-Fraktion im Finanzausschuss versucht, die Ampelanlage an der Franz-Knauff-Straße durch Nicht-Bewilligung der Gelder zu verhindern. Überstimmt wurden wir von der SPD. Und die SPD sollte auch wissen, dass Ampelschaltungen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinderates gehören, sondern dass hierzu ein Anruf bei der Oberbürgermeisterin genügt.

Hat den die SPD die Diskussionen zur Gestaltung der Berliner Straße völlig verdrängt, hat sie nicht die Vorrangschaltung an Adenauer Platz und Römerkreis gefordert, und was passiert momentan an der Schlierbacher Landstraße? Wer schuf die Fahrradspur am Bismarckplatz und zeichnet verantwortlich für die misslungene Bergheimer Straße? Wie steht denn der Vorsitzende der SPD-Engpass-Initiative zur Straßenbahn in die Altstadt, (bekanntlich sollen dafür zwei Spuren der Friedrich-Ebert-Anlage geopfert werden!) und wer verzögert Tunnelbau und die Planung zur fünften Neckarquerung? Wer ist verantwortlich für überbreite und überteuerte, millionenschwere Radwege, auf denen kein Mensch fährt, während die Autofahrer daneben im Stau stehen?

Es vergeht keine Gemeinderatssitzung, in der nicht die GAL oder SPD neue Unsinnigkeiten in Sachen Verkehrsverhinderung beantragen und in der auf die Einhaltung des Verkehrsentwicklungsplanes gepocht wird. Ein politischer Spagat sonders gleichen, denn diese Bibel der GAL-SPD-Verkehrsstrategen fordert, dass der Autoverkehr auf ein Drittel des derzeitigen Niveaus reduziert werden soll. Und dies nicht etwa nur durch Verbesserung im Angebot der HSB, sondern gezielt durch Straßenverengung und andere verkehrsbehindernde Maßnahmen. Verbrämt heißt dies auf neu-deutsch "push-and-pull" Strategie oder Mobilitätskoordination.

Wer soll denn vor diesem Hintergrund und zwei Monate vor der Kommunalwahl einer medienwirksam gegründeten SPD-Initiative Glauben schenken? Eine blanke Volksverdummung, mit dem Ziel, noch kurz vor der Wahl von den eigenen Fehlplanungen der Vergangenheit abzulenken.
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Dr. Katrin Werner-Jensen

SPD

Mädchen schützen - Mädchen stärken, Teil 2:

Über das tatsächliche Ausmaß der Gewalt gegen Frauen in all ihren Erscheinungsformen lassen sich schon wegen der Definitionsbreite für Deutschland keine gesicherten Aussagen machen. Auch die polizeiliche Kriminalstatistik ist wenig aussagekräftig, weil viele Frauen Gewalttaten und Nötigungen nicht anzeigen - besonders, wenn sie durch den Partner erfolgen. Nach einer Opferbefragung, die das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1992 durchführte, findet der größte Teil sexueller Gewalt mit cirka 2/3 aller Fälle im sozialen Nahbereich von Familie und Haushalt statt. Jede siebte Frau war nach dieser Untersuchung mindestens einmal in ihrem Leben Opfer einer Vergewaltigung oder sexueller Nötigung.

Die Bundesregierung hatte bereits frühzeitig das Problem der Gewalt gegen Frauen aufgenommen und fördert seit 1976 kontinuierlich die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie die Gewinnung neuer Erkenntnisse durch Modellprojekte und wissenschaftliche Untersuchungen. Hinzu kommen Aktivitäten im Bereich der Gesetzgebung und Öffentlichkeitsarbeit. So wurde am 1.11.1976 in Berlin das erste deutsche Frauenhaus als Modellprojekt der Bundesregierung und des Berliner Senats gegründet.

Nach jahrelangen Diskussionen und mehreren Anläufen im Bundestag wurde endlich am 5. Juli 1997 auch die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt. Zu erwähnen ist weiterhin das Beschäftigungsschutzgesetz vom 24. Juni 1994, das vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz schützen soll.

Heute gibt es in Deutschland ein breites Netz spezieller Hilfsangebote, die zum Teil durch die Bundesländer und Kommunen, aber auch durch den Einsatz eigener Mittel der Träger (Frauengruppen und Wohlfahrtsverbände) finanziert werden: Hierzu gehören über 400 Frauenhäuser, 156 Notrufe für Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, eine Vielzahl von Frauenberatungsstellen, Frauengesundheitszentren, Mädchenhäuser und -wohngruppen, spezielle Therapieeinrichtungen, Interventionsstellen, Runde Tische etc.

Zur Zeit vernetzen sich diese Hilfseinrichtungen zunehmend auf Bundesebene, um mehr Einfluss auf die Politik nehmen zu können und ihre Kooperation und gegenseitige Information zu verbessern. Die Bundesregierung unterstützt solche Vernetzungen, indem zum Beispiel die bundesweite Frauenhauskoordinierungsstelle finanziert wird.

Im Ausländergesetz wurde 1997 die Vorschrift über das eigenständige Aufenthaltsrecht der ausländischen Ehegatten so geändert, dass die ausländische Ehefrau in besonderen Härtefällen (wozu auch Gewalt durch den Ehemann zählt) ohne Frist ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erlangen kann. Bisher war auch in Härtefällen eine Mindestdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland von mindestens drei Jahren erforderlich, so dass ausländische Frauen, die sich innerhalb dieser Zeit von ihrem gewalttätigen Ehemann trennen wollten, mit ihrer Ausweisung rechnen mussten.
(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)
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Ulrike Duchrow

GAL

Der Jugendhof ist unverzichtbar

Beim Sommerfest des Jugendhofs konnte man sich von der Beliebtheit des Jugendhofs überzeugen; vor allem die Vorführungen der Voltigiergruppen begeisterten, bei denen Kleine und Große, Gesunde und Behinderte ihre Kunst zeigten. Es wurde musiziert, gesungen und alle landwirtschaftlichen Arbeiten gezeigt.
Vielen Kindern ist dieser Ort, an dem sie mit Tieren umgehen und bei Landarbeiten mitmachen können, ein zweites Zuhause. Sie kommen aus allen Teilen Heidelbergs, doch vor allem aus den umliegenden Stadtteilen, Rohrbach, Kirchheim, Hasenleiser und Emmertsgrund. Das sind nicht nur besondere kinderreiche Wohnviertel, sondern hier leben viele Familien, die ihren Kindern keine teuren Freizeitvergnügungen oder Urlaubsreisen bieten können. Wöchentlich besuchen im Sommer circa 500 Kinder den Jugendhof, 250 kommen zum Reiten, 300 zur offenen Jugendarbeit.

Das zeigt klar, wie nötig diese Einrichtung ist, doch ist ihr Fortbestand nicht mehr gewährleistet. Bisher wurde sie durch Spenden und den Reit- und Fahrverein Jugendhof e. V. finanziert, (dessen Beiträge zu 90% von den Eltern aufgebracht werden). Doch dieser Verein hat selbst in den letzten Jahren Verluste schreiben müssen. Nur durch ein großes ehrenamtliches Engagement konnte die Arbeit bisher noch stattfinden. Für das Haushaltsjahr 1999 hat die Stadt erstmals 15.000 Mark zur Verfügung gestellt, doch reicht diese Summe bei weitem nicht aus, um die Einrichtung am Leben zu erhalten.
(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)
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Dr. Wolfgang Luckenbach

Die Heidelberger

Thema Verkehr

Wie sagte doch neulich ein SPD-Oberbürgermeister im privaten Gespräch? Frau Beate Weber ist auch in unseren Kreisen "beratungsresistent". Dieser Ausspruch viel mir ein, als ich in den letzten Tagen die Leserbriefe, insbesondere den von SPD-MdB Lothar Binding, zur Ampelanlage in der Franz-Knauff-Straße, las. Was da mit 1,5 Millionen DM Steuergeldern vollbracht wurde, spricht Bände für die Hilf- und Kopflosigkeit derer, die "Verkehrsplanung" in Heidelberg betreiben. Nicht nur, dass die Autofahrer im Stau stehen, viel schlimmer ist die Situation der Anwohner, die die Abgase und den Gestank ertragen müssen, denn jeder PKW, Lastwagen oder Bus, der mit laufendem Motor stehen bleiben muss, erzeugt bekanntermaßen Abgase. Heidelberg ist ÖKOHAUPTSTADT - gewesen! Und noch was: Als ich im Gemeinderat die Planung des zweiten Bauabschnittes der Schlierbacher Landstraße vorgestellt bekam und darüber abstimmte, da war von den Engpässen, die da jetzt eingebaut wurden, nichts zu erkennen. Die Berliner Straße lässt grüßen. Wir schlagen Frau OB Weber für den "Ersten Preis für Verkehrsbehinderung" vor.
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Hermann Gundel

FWV

Bahninsel und Bahnstadt, Teil 2

Die Stadt muss unter Wahrung ihrer "Planungshoheit", klare, großzügige, konzeptionelle und stadtplanerische Vorgaben machen, die sowohl Eigentümer als auch potente Investoren überzeugen, dass auf diesem Gelände zum Vorteil aller Beteiligten, ein Projekt entwickelt und verwirklicht werden kann, das nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch ideellen Erfolg bringt.

Nach FWV-Vorstellung bieten sich folgende Möglichkeiten zum Überbauen der Hauptbahnhofgleise (in Stuttgart und Mannheim müssten sie erst tiefer gelegt werden) an:
- ein Straßenbahnknotenpunkt (zur Entlastung des Bismarckplatzes)
- Park- und Ride-Plätze (für die Bahn und den Innenstadtbesucher)
- eine Expressverbindung zur Innenstadt
- eine direkte Anbindung an die Autobahnen (A 5, A 656)
- Ansiedlung der Konzernzentralen der Heidelberger Weltmarktunternehmen, eventuell mit gemeinsamen Tagungs- und Veranstaltungsstrukturen
- stadtparkähnliche Verbindung zum Pfaffengrund
- ein komplexes Gebiet von Wohnen und Arbeiten.

Die FWV wird sich dafür einsetzen, dass der Gemeinderat die Kraft aufbringt, sich endlich für ein echtes Zukunftsprojekt zu entscheiden, das auch den Namen verdient.
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Dr. Annette Trabold

F.D.P.

Thema Kultur, Teil 2:

Es ist ein Versäumnis der Stadtverwaltung, dass nicht schon in den vergangenen Jahren Verhandlungen mit dem Land geführt wurden, um die Schlossspiele aufzuwerten. An anderen Orten konstruiert man krampfhaft "Events" und wir können das Vorhandene nicht nutzen! Überlegt werden sollte auch, die in Heidelberg vorhandenen Museen besser zu präsentieren, eventuell durch die Schaffung einer Museumsmeile. Das Unterwegstheater bietet seit Jahren ein anspruchsvolles Programm in modernem Tanz und es zeugt von mangelnder kultureller Sensibilität, wenn man der engagierten, mit großer Eigeninitiative und -leistung arbeitenden Truppe permanent Steine in den Weg legt. Veranstaltungstermine sind durch das Kulturdezernat besser zu koordinieren. Die Universität ist ein zentraler Bestandteil des geistigen und kulturellen Rufs der Stadt. Das Verhältnis zwischen Universität und Stadt muss deshalb dringend verbessert werden.
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Dr. Arnulf Lorentz

LD

Schützt die alten Stadtteile endlich vor der Zerstörung durch Bauspekulation!

Der Abriss eines denkmalgeschützten Hauses in der historischen Amselgasse in Handschuhsheim, der drohende Abriss eines Gründerzeithauses in der Weststadt (Kaiserstraße 4) sind die jüngsten Beispiele dafür, wie die gewachsene Struktur eines Stadtteils durch Bauspekulation zerstört wird. Regelmäßig sind es Bauträger und Investoren, die ein erworbenes Grundstück mit einer maximalen Rendite verwerten wollen. Dabei spielen Gesichtspunkte des Denkmalschutzes und der Stadtteilstruktur natürlich keine Rolle. Um die alten Stadtteile dauerhaft zu schützen, muss der Gemeinderat endlich Erhaltungssatzungen nach dem Baugesetzbuch beschließen.

Die Liberalen Demokraten haben seit langem auf die Dringlichkeit und Notwendigkeit eines solchen Schutzes für den Ortskern hingewiesen, durch Veranstaltungen und Initiativen im Gemeinderat. Bis jetzt ohne Erfolg. Nun ist es allerdings höchste Zeit, dass die Stadt handelt. Die LD fordert daher Oberbürgermeisterin Beate Weber auf, die bereits fertiggestellte Erhaltungssatzung für Handschuhsheim endlich in den Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung einzubringen und entsprechende Satzungen für die anderen alten Stadtteile vorzubereiten.

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 31. August 1999