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Ausgabe Nr. 35 · 30. August 2000



Tempo 30 in Wohngebieten: weniger Unfälle und geringere Schäden wiegen den kleinen Zeitverlust mehr als auf. (Foto: Rothe)

Neue Grundlage für Tempo 30-Zonen

Einführung wird erleichtert, aber Tempo 50 bleibt innerörtliche Regelgeschwindigkeit


Durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) soll den Städten und Gemeinden ab dem kommenden Jahr die Einrichtung von Tempo 30-Zonen erleichtert werden. Das Bundesverkehrsministerium will dem Bundesrat im Herbst einen entsprechenden Verordnungsentwurf zuleiten. Tempo 30 statt Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften, wie vielfach gefordert, wird es aber nicht geben.

Fast 50.000 Kinder verunglücken pro Jahr in Deutschland im Straßenverkehr, 14.000 werden durch Unfälle schwer verletzt und über 300 Kinder sterben. Drei Viertel der Unfälle ereignen sich innerhalb geschlossener Ortschaften. Der Deutsche Städtetag, viele Städte und Gemeinden, das Umweltbundesamt sowie Umwelt- und Verbraucherverbände fordern deshalb seit langem eine Absenkung der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit. Je langsamer ein Auto fährt, desto größer ist die Chance, einen Unfall zu überleben.

Fußgänger, die von einem Auto mit Tempo 30 angefahren werden, erleiden in zwei Dritteln der Unfälle nur leichte Verletzungen. Bei 50 Stundenkilometern liegen die Aussichten, mit leichten Verletzungen davonzukommen, bei nur noch 10 Prozent. Der minimale Zeitverlust durch langsamere Geschwindigkeiten in der Stadt werde durch den Sicherheitsgewinn für die schwächsten Verkehrsteilnehmer mehr als aufgewogen, meint deshalb der Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Nach Auskunft des Verkehrsministeriums sieht der Entwurf vor, dass Gemeinden selbständig Nebenstraßen in Tempo-30-Zonen umwandeln dürfen. Auch bauliche Veränderungen sollen dafür künftig nicht mehr nötig sein. Nicht von der Neuregelung der Tempo 30-Zonen betroffen sind Hauptverkehrsstraßen, für die grundsätzlich Tempo 50 gilt, aus Gründen der Verkehrssicherheit, des Lärmschutzes oder anderen Gründen aber die höchstzulässige Geschwindigkeit in Form eines sogenannten Streckengebotes herabgesetzt sein kann, wie beispielsweise die Brückenstraße und die Friedrich-Ebert-Anlage.

Für Städte, die Tempo 30 in Wohngebieten bereits flächendeckend eingeführt haben, könnte die Neuregelung Nachteile mit sich bringen. Die Anordnung einer Tempo 30-Zone soll künftig nur möglich sein, wenn die Vorfahrtregel 'rechts vor links' gilt und Ampeln, Fahrbahnmarkierungen und benutzungspflichtige Radwege fehlen. Das ist in Heidelberg nicht überall der Fall. Hubert Wipfler, Chef der Verkehrsabteilung im Ordnungsamt, möchte deshalb eine zusätzliche "Altfallregelung" in die Verordnung aufgenommen haben.

Einen Grund, die Regelungen in Heidelberg kurzfristig zu ändern, sieht Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg nicht: "Es gibt im Augenblick keinen Anlass zum Handeln. Gerade erst habe ich den Entwurf des Ministeriums zur Änderung der Straßenverkehrsordnung auf den Tisch bekommen. Er soll erst im nächsten Jahr in Kraft treten. Wir haben also genügend Zeit zu gründlicher Prüfung unserer Reaktionen. Ich werde jedenfalls nicht die Urlaubsvertretung der Oberbürgermeisterin dazu nutzen, von ihr getroffene Entscheidungen zu revidieren", so von der Malsburg gegenüber dem STADTBLATT. (rie)

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Stand: 29. August 2000