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Ausgabe Nr. 35 · 30. August 2000 |
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Annäherung an Japan |
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Vom 24. September bis 1. Oktober findet in Heidelberg anlässlich des Japan-Jahres die Kumamoto-Woche statt. In Ausstellungen, Workshops, Symposien, mit Filmen, Tänzen und Musik stellt die Stadt Heidelberg die japanische Partnerstadt vor. Herbert Braun, persönlicher Referent der Oberbürgermeisterin, war mehrmals in Japan und Kumamoto und hat zur Einstimmung auf die Kumamoto-Woche Wissenswertes über Japan und Kyushu, die Insel auf der Kumamoto liegt, zusammengetragen. Im nächsten STADTBLATT werden wir uns mit Kumamoto näher befassen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Japan - statistisch gesehen |
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Mit den vier Hauptinseln Hokkaido, Honshu, Kyushu, Shikoku und rund 3.900 kleineren Inseln umfasst Japan eine Fläche von etwa 378.000 Quadratkilometern. Insgesamt leben dort rund 125 Millionen Menschen, davon über 98% Japaner. Etwa 0,8% sind Koreaner und 0,3% Chinesen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Japanisch - eine unverständliche Sprache? |
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"Kennen Sie die Mauern des Schlosses von Kumamoto? Fragte mein Japanisch-Lehrer,
nachdem ich meine Verwunderung über die Einfachheit des Japanischen und die
Leichtigkeit, mit der man diese Sprache lernen könne, ausgedrückt hatte.
Ich kannte sie gut: sie steigen zunächst so sanft an, dass man sie ohne Zuhilfenahme
der Hände leicht erklimmen kann. Aber dann wird ihr Anstiegswinkel immer steiler,
bis sie sich schließlich mehr als zehn Meter senkrecht ohne Fugen und Spalten
in die Höhe recken. Ich fragte meinen Lehrer, was er damit sagen wolle, und
er antwortete lächelnd: Sehen Sie, die japanische Sprache ist so wie diese Mauern,
und vielleicht sind wir Japaner selbst so." (aus: Norbert Hormuth/Manfred
Bobke (Hrsg.), Japan - Ein Reisebuch, Hamburg 1992) Die Herkunft der japanischen Sprache ist nicht ganz geklärt. Sicher ist, dass sie nicht mit dem Chinesischen, wohl aber mit dem Koreanischen und ein wenig mit dem Polynesischen verwandt ist. Die Schrift setzt sich aus chinesischen Schriftzeichen (rund 2000 Kanji) und den beiden eigens entwickelten Silbenschriften Hiragana und Katakana (je 46 Zeichen) zusammen. Je nach Stellung des Sprechenden und des Angesprochenen gibt es höchst verschiedene Sprachformen und andere Wörter. Es gibt sogar eine eigene Frauensprache. |
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Visitenkarten - wer keine hat ist niemand |
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Der Austausch von Visitenkarten beim ersten Zusammentreffen gehört nicht nur zum Begrüßungsritual, sondern ist als Grundlage für das zukünftige Miteinander unerlässlich. Die auf der Visitenkarte vermerkte Berufsbezeichnung ermöglicht die Einordnung des Fremden, die wiederum das Verhalten (Anrede, Grad der Verbeugung) bestimmt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Itadakimasu - Guten Appetit! |
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Japan hat die Kunst des Kochens zu höchster Perfektion entwickelt. Die japanische
Küche ist der Frankreichs und Italiens mindestens ebenbürtig und übertrifft
die chinesische Küche an Raffinesse. Für Japaner/innen zählt die Vielfalt
weit mehr als die Menge des Essens. Deshalb erschrecken sie geradezu angesichts der
riesigen Portionen, die wir für gewöhnlich auf unsere Teller häufen
(lassen). Anders als bei uns werden die Speisen nicht nacheinander, sondern gleichzeitig
aufgetragen. Man nimmt sich ganz nach Belieben von diesem oder jenem und von der
Suppe oder dem Reis. Der wichtigste Grundsatz der japanischen Küche lautet: möglichst frische Zutaten so zubereiten, dass der Eigengeschmack erhalten bleibt. Deshalb werden Soßen und Gewürze erst kurz vor dem Verzehr hinzugefügt. Man legt großen Wert auf die sorgfältige Kombination von Farben und Formen der Speisen sowie auf die ästhetische Anordnung. Selbst in der Alltagsküche (Reis-Eintopf oder Nudelsuppe) überrascht, wie selbst am bescheidensten Imbissstand auf kleine Details geachtet wird, die das Auge erfreuen. |
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Historisches |
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Japan - ein Einzelkind der Natur |
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Es gibt eine Fülle von sehr unterschiedlichen Bildern, die sich immer noch mit
Japan und seinen Menschen verbinden: die täglichen Touristengruppen in der Altstadt,
die überfüllten U-Bahnen in japanischen Städten, in dunkle Anzüge
gekleidete Manager mit Handy, der majestätische Fuji, die schwergewichtigen
Sumo-Ringer, in Kimonos gehüllte zarte Frauengestalten, pfeilschnelle Züge
und am Himmel kratzende Hochhäuser oder eigenartige Gerichte aus rohem Fisch
und ... Japan ist ein Land voller Rätsel und Facetten, mit einer unbekannten Geschichte, einer unverständlichen Sprache und einer völlig andersartigen Kultur und Tradition. In keinem Land der Erde scheinen die Traditionen der Vergangenheit und die Neuerungen der Moderne so hart aufeinander zu prallen. Ständig stößt der Gast aus dem Westen auf neue Rätsel, entdeckt immer neue Fettnäpfchen, erliegt ungeahnten Missverständnissen. Es sind nicht nur die unzähligen Attraktionen, die Japan zu bieten hat (Kunst, Kultur, Tempel, Kulinarisches und Landschaften), es ist der Reiz des Unbekannten, der denjenigen immer wieder erfasst, der einmal dort gewesen ist. Den Namen "Japan" haben übrigens die Chinesen zu verantworten: Da Japan im Osten von China liegt, wo die Sonne aufgeht, war dort "riben", das heißt der "Ursprung der Sonne". Die Europäer verballhornten "riben" später zu "Japan". Die japanische Aussprache der Schriftzeichen für "riben" lautet "Nippon". |
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"Japan ist eine große Insel, tausendfünfhundert Seemeilen vom
Festland entfernt. Es leben dort schöne, weißhäutige Menschen mit
gefälligen Manieren." (Marco Polo) |
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Kyushu - ältestes Kulturland Japans |
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Auf dieser südlichsten und zugleich westlichsten Hauptinsel des japanischen
Archipels soll - der Mythologie zufolge - der Enkel der Sonnengöttin Amaterasu
den Boden Japans betreten haben. Alle bis heute bekannten historischen Funde lassen
den Schluss zu, dass sich auf Kyushu die Urstämme zusammenfügten, die sich später im Norden sesshaft machten. Durch seine Nähe zum Festland (Korea und China) war Kyushu bereits in vorgeschichtlicher Zeit ein Schmelztiegel der Kulturen. Koreanische Fachleute (Keramiker, Baumeister, Kunsthandwerker, Bauern) kamen sehr früh auf die Insel und brachten ihre hochentwickelten Kulturtechniken und fortschrittlichen Landbaumethoden mit. Später folgten chinesische Priester, Mönche und Verwaltungsleute. In der Neuzeit war es gerade die Insel Kyushu, die zuerst und am intensivsten mit den westlichen Seefahrernationen (Portugal, Spanien, Holland, England) Kontakt aufnahm und den christlichen Missionaren eine erfolgreiche Arbeit möglich machte. So kamen westliche Wissenschaften (insbesondere die Medizin) und Techniken über Kyushu nach Japan. Kein Wunder, dass inzwischen aus dem einstigen Handelszentrum für landwirtschaftliche Produkte, Kumamoto, heute das Zentrum für modernste Computer-Technik geworden ist. Für Japaner/innen aus Tokio ist die Insel Kyushu immer noch eine andere Welt mit seltsamen, fremdartigen Traditionen, trotz ihrer rasanten technologischen und ökonomischen Entwicklung. Diese Andersartigkeit, die keineswegs altmodische Rückständigkeit bedeutet, hängt zum einen auch mit dem subtropischen Charakter der immergrünen Insel zusammen, sie ist jedoch mit Sicherheit Ausdruck der (historisch bedingten) Weltoffenheit ihrer Bewohner/innen. Man ist an Fremde gewöhnt, im Umgang mit ihnen geübt und offen für nützliche Fähigkeiten. Auch in den drei Jahrhunderten der Abschottung von der Außenwelt lebten und arbeiteten auf Kyushu erwünschte Europäer, wie der deutsche Arzt Philipp Franz Siebold, der von 1859 bis 1862 japanische Studenten in westlicher Medizin unterrichtete. Kyushu ist von einer landschaftlichen Schönheit und Vielseitigkeit, die ihresgleichen sucht. Große Vulkane und aus erloschenen Vulkanen geformte Bergmassive (insbesondere der Aso, das größte Vulkangebiet der Erde) bieten eine wilde und romantische Gebirgswelt. In den Bergregionen findet man malerische, einsame Dörfer mit alten Bauerngehöften. Die Landschaft ist hier teils urwaldartig und menschenleer. Es ist tatsächlich eine besondere Landschaft: Hier soll sich die Sonnenkönigin Amaterasu beleidigt in eine Höhle zurückgezogen haben, aus der sie erst wieder hervorkam, als die Göttin Uzume durch einen anzüglichen Tanz ihre Neugierde geweckt hatte. Tag und Nacht waren so geboren. Man wird - außer vielleicht auf Island - kaum eine Region auf der Erde finden wie der Badeort Beppu, wo so viele heiße Quellen sprudeln, Tümpel kochen, Schlammlöcher brodeln, Geysire aufbrausen und heiße Dämpfe aus Erdspalten ausgestoßen werden. Für jeden Japaner/jede Japanerin gehört es zu den erholsamsten, wenn auch teuersten Genüssen, die Kyushu zu bieten hat: ein heißes Bad in einem Außenbecken eines Ryokan (eines traditionellen japanischen Hotels) im Anblick der Berge, gefolgt von einem köstlichen Abendessen und einer Nacht fern von allem nervigen Verkehrslärm. |
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