Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 34 · 25. August 1999

Heinz Reutlinger

CDU

Boschwiese

In der vorletzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Gemeinderat mehrheitlich seine Entscheidung für die "Tiefgarage Boschwiese" im Stadtteil Schlierbach getroffen. Ich habe gegen eine "Tiefgarage Boschwiese" gestimmt und möchte dies begründen.

Es ist nicht gut, Politik gegen die Bürger zu machen!

Zunächst einmal besteht die Tatsache, dass sich der Bezirksbeirat Schlierbach mit überwältigender Mehrheit - quer durch alle Parteien - gegen eine "Tiefgarage Boschwiese" ausgesprochen hat. Und es nicht gut, gegen den Willen der Bürger Politik zu machen! So hat der Gemeinderat auch die Planung einer Straßenbahntrasse nach Kirchheim beschlossen, obgleich die Kirchheimer Bürger diese nicht wollen. Eine solche Politik trägt zur Frustration und Politikverdrossenheit bei! Allerdings muss sich - auch das muss gesagt werden - der Gemeinderat über das Votum der Bürger eines Stadtteils hinwegsetzen, wenn gewichtige gesamtstädtische Verantwortung dies verlangt.

Ein Gemeinderat muss nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden und darf nicht anderen Überlegungen Rechnung tragen! Ab und zu habe ich sinngemäß die Äußerung gehört: "Es mag ja falsch sein, der "Tiefgarage Boschwiese" zuzustimmen, aber der Gemeinderat muss zustimmen, weil sonst Herr Tschira mit seiner Stiftung Heidelberg verlässt." Das heißt doch letztlich: Der Gemeinderat kann gar nicht mehr frei entscheiden! Er muss letztlich tun, was Herr Tschira will, egal wie hoch der Preis ist. Und wer will sich schon den Vorwurf einhandeln, mit dazu beigetragen zu haben, dass Heidelberg "wieder eine Chance verpasst" hat!? Vielleicht haben auch diejenigen recht, die meinen, Herr Tschira habe nur hoch gepokert!?

Schlierbacher Bürger fühlten sich im Stich gelassen!

Es besteht kein Zweifel, dass sich die Schlierbacher Bürger im Stich gelassen fühlten! Ihre Argumente - durch den Bezirksbeirat der CDU, Christoph Ahlhaus, sachlich und überzeugend im Rathaus vorgetragen - sind nicht so einfach vom Tisch zu fegen. Welche Garantie haben die Schlierbacher Bürger, dass die "Tiefgarage Boschwiese" nicht zum Einfallstor wird für eine Entwicklung, die letztlich das betroffene Wohngebiet erheblich negativ verändert!? Und was ist, wenn Herr Tschira in naher Zukunft eine weitere Ausdehnung und Erweiterung seines Areals wünscht und wiederum droht wegzugehen, wenn seine Vorstellungen nicht realisiert werden!?

(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)
  Zum Seitenanfang
 

Dr. Katrin Werner-Jensen

SPD

Mädchen stärken - Mädchen schützen.

Liebe Heidelbergerinnen und Heidelberger,

am 19. Juli 1999 wurde im Rathaus eine eindrucksvolle Ausstellung des "Frauennotrufs Heidelberg" eröffnet. Titel war "Mädchen stärken - Mädchen schützen", Wege zur Veränderung. Eine Ausstellung zur Prävention sexueller Gewalt. Unterstrichen wurde die Eröffnung durch Lieder, am Klavier begleitet, von Jana Zahn und Marina Reichenbacher - Musik, die sehr tief die Gefühle der Zuhörerschaft traf. Ich durfte das Einführungsreferat halten, das ich gekürzt wieder gebe:

Es ist noch nicht lange her, dass über das Thema "Sexuelle Gewalt", "Gewalt gegen Frauen", "Gewalt gegen Mädchen" gesprochen wird. Nach einer Zusammenstellung des "Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend", Bonn, für die EU-Konferenz "Gewalt gegen Frauen" vom 29. und 30. März 1999 in Köln, auf die ich mich im folgenden beziehe, wird Gewalt gegen Frauen in Deutschland eigentlich erst seit dem Internationalen Jahr der Frau (1975) thematisiert. Bis dahin war Gewalt gegen Frauen ein Tabuthema, insbesondere die Gewalt durch den Partner, deren Ausmaß, Hintergründe und Folgen bis dahin nahezu unbekannt waren. Mit dem Slogan "Das Private ist politisch" wurde diese häusliche Gewalt durch die deutsche Frauenbewegung öffentlich thematisiert und zunehmend enttabuisiert.

Die Frauengruppen machten durch ihre Aktivitäten deutlich, dass Gewalt gegen Frauen leider für viele auch zum Alltag gehört, wobei die Erscheinungsformen vielfältig sind. Gewalt gegen Frauen beschränkt sich nicht allein auf Angriffe auf die körperliche und seelische Unversehrtheit der Frau. Sie betrifft vor allem auch subtile Formen der Gewaltausübung durch Verhaltensweisen, die Bedürfnisse und Befindlichkeit der Frau ignorieren. Die Gewalt reicht von der Belästigung auf der Straße und Übergriffen im Berufsleben über vielfältige Formen der Missachtung, der Herabwürdigung zum Objekt, der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs in und außerhalb der Familien bis hin zu Vergewaltigungen, Tötungen und zu Frauenhandel.

(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)
  Zum Seitenanfang
 

Angelika Scholbeck

GAL

Schwerer Rückschlag für Frauenpolitik, Teil II

Es ist bekannt, dass die CDU sowie die FWV und die Heidelberger immer gegen eine vertragliche Absicherung der Fraueneinrichtungen waren, sodass aus diesen Reihen auch nicht mit Unterstützung gerechnet werden konnte und diese wie erwartet mit "nein" stimmten. Nur, dass es dieses Mal an den Stimmen der SPD, an Dr. Karin Werner-Jensen, Kai Seehase sowie an der Oberbürgermeisterin scheitert, damit hatte tatsächlich niemand gerechnet!
Unter anderem stimmte Frau Werner-Jensen bei beiden Einrichtungen gegen eine vertragliche Absicherung. Frau Weber enthielt sich beim internationalen Frauenzentrum der Stimme, stimmte aber beim Gesundheitszentrum gegen eine vertragliche Absicherung. Völlig unverständlich ist dieses Abstimmungsverhalten bei Frau Dr. Karin Werner-Jensen, die bekanntlich Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) ist. Denn eines der politischen Ziele der ASF war stets die Absicherung aller Fraueneinrichtungen. Wer hätte gedacht, dass die Vorsitzende der ASF sich an diese Programmatik nicht hält. Die Oberbürgermeisterin argumentierte in der Sitzung, dass sie nicht gegen die Einrichtungen sei und die Arbeit auch gut finde, aber auf Grund der schwierigen finanzpolitischen Situation der Stadt Heidelberg eine vertragliche Absicherung nicht unterstützen könne. Auch dies ist nicht plausibel, denn bei beiden Einrichtungen handelt es sich um ein Gesamtvolumen von weniger als 200.000 DM. Bei einem Haushaltsvolumen von über 700 Millionen ohne HVV sind diese Beträge lächerlich im Vergleich zu den Summen, die sonst ausgegeben werden. Interessanterweise schreien CDU und SPD nicht bei einem Millionengrab eines Tunnels oder sonstiger Riesenprojekte, doch leider scheiden sich an 200.000 DM die Geister.

Verdeutlicht werden muss, dass es sich bei diesem Antrag nicht um zusätzliche finanzielle Mittel handelt, die benötigt werden, sondern es geht ausschließlich um eine vertragliche Bindung von Zuschüssen, die im Haushalt stehen und ohnehin ausbezahlt werden. Die Enttäuschung bei vielen Frauen war am nächsten Tag nach der Gemeinderatssitzung deutlich spürbar und wird sicherlich bei der nächsten Kommunalwahl nicht vergessen werden!
  Zum Seitenanfang
 

Dr. Wolfgang Luckenbach

Die Heidelberger

Kur- und Bäderstadt Heidelberg?

In der RNZ vom 14./15. August 1999 wird die Idee der Interessengemeinschaft Thermalbad aufgegriffen, die Radium-Soltherme der Vangerowstraße wieder zu aktivieren, die geplante und vorvertraglich bereits beschlossene Bebauung des Radiumsolbades wieder rückgängig zu machen und Heidelberg den Status einer Bäderstadt zu geben. Auf den ersten Blick scheint die Idee vielversprechend zu sein und es ist durchaus lobenswert, dass sich Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt Gedanken um die Attraktivität von Heidelberg machen. Dennoch erscheint mir diese Idee eine wirklichkeitsferne Illusion zu sein, denn:
  1. Wenn die Neuerschließung der Quelle Ende der fünfziger Jahre schon mindestens 300.000 Mark gekostet hätte, wären es heute wohl 1,5 bis 2 Millionen.
  2. Auf welchem Raum sollen anspruchsvolle Kur-, Sport- und Erholungsanlagen angelegt werden?
  3. Die dabei ins Auge gefassten Räumlichkeiten der Ludolf-Krehl-Klinik werden auf Jahre hinaus nicht verfügbar sein und bedürften einer schier unbezahlbaren Sanierung (Abriss).
  4. Seit fast 20 Jahren haben wir in der Bergheimer Straße die Ruine des "Alten Hallenbades", wo es, trotz vielfältiger Bemühungen von städtischer wie von privater Seite, einfach nicht weiter geht. Daraus ist zu schließen, was man sowieso längst weiß, dass mit Bädern und ähnlichen Einrichtungen kein Geld zu verdienen ist, sondern, dass sie immer Zuschussbetriebe sind (auch das Thermalbad).
  5. Wenn wir schon große Probleme haben, ein Kongresszentrum zu akzeptablen Bedingungen in Heidelberg zu etablieren, wie soll das mit einem neuen "Bäderzentrum" funktionieren?
  6. Die geplante Um- und Neugestaltung des Alten Radiumsolbades passt sich ästhetisch gut der Umgebung an, erhält das denkmalgeschützte Ambiente und schafft, neben neuem Wohnraum (1-5 Zimmer-Wohnungen) auch Versammlungs- und Veranstaltungsmöglichkeiten für den Stadtteil Bergheim.
  So einfallsreich und verlockend die Idee der IG-Thermalbad auch sein mag, es ist eine Illusion. Die Ruine "Altes Hallenbad" ist für Bergheim und Heidelberg genug.
  Zum Seitenanfang
 

Hermann Gundel

FWV

Bahninsel und Bahnstadt

Trotz aller Euphorie, die das Gelände der "Bahninsel" für die künftige Entwicklung Heidelbergs allenthalben und mit Recht auslöst, muss Heidelberg darauf drängen, auch eine "Bahnstadt" zu werden.

Die städtebauliche Zukunft Heidelbergs liegt, nach Auffassung der Freien Wählervereinigung, eindeutig auf dem Gebiet der Bahninsel und der Eppelheimer Straße. Das verdeutlicht allein schon die Lage und Größe des Areals, das in seiner Ausdehnung ungefähr der gesamten Altstadt entspricht. Jeder Stadtplaner und Entwickler muss begeistert sein von der zentralen Lage und den Möglichkeiten, die dieses Gelände bietet.

Nun gilt es, dass sich die Verwaltung und der Gemeinderat zu einem großen Entwurf entschließen. Bei den fast "unbegrenzten" Möglichkeiten, die die Bahninsel bietet und die nur über viele Jahre verwirklicht werden können, sollte ein variabler Stufenplan erstellt werden. Es sei aber davor gewarnt, dass nicht, wie schon des öfteren, ohne den Eigentümer geplant wird. Die Bahn-AG ist als schwieriger Partner bekannt. Die FWV vertritt die Auffassung, daß die Bahn-AG, als ehemals staatliches Unternehmen eine große Verantwortung gegenüber der Stadt hat und sich dieser nicht verweigern darf. Sollten dazu politische Entscheidungen nötig sein, muss versucht werden, sie auf den Weg zu bringen.

(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)
  Zum Seitenanfang
 

Dr. Annette Trabold

F.D.P.

Thema Kultur

Die Rhein-Neckar-Zeitung fragte am 21.8.99: Quo vadis, Kultur in Heidelberg? Wo gehtís lang in Sachen Theater, Schlossfestspiele und alternativer Kultur? Hier die Antwort der F.D.P.:

Die F.D.P. betrachtet Kultur als wichtigen Bestandteil des Gemeinwesens, sie darf daher nicht als falsch verstandener "Luxus" kaputt gespart werden. Die F.D.P. ist für die Förderung der traditionellen, institutionalisierten Kultur und für die Förderung der "freien" Kulturinitiativen. Wir treten in Heidelberg weiterhin ein für den Erhalt eines Vier-Sparten-Theaters. Das Tanztheater muss als innovativste Kulturform auf jeden Fall erhalten bleiben und darf nicht leichtfertig geopfert werden, nur weil es in Heidelberg wegen einer Fehlbesetzung der Leitungsposition in eine Krise geriet. Das Heidelberger Schloss bietet eine einmalige Kulisse, daher sind die Schlossspiele beizubehalten. Es ist ein Versäumnis der Stadtverwaltung, dass nicht schon in den vergangenen Jahren Verhandlungen mit dem Land geführt wurden, um die Schlossspiele aufzuwerten.

(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved
Stand: 24. August 1999