Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 34 · 25. August 1999



Marie Baum (1874-1964) - promovierte Chemikerin, Sozialbeamtin, Sozialwissenschaftlerin, Universitätsdozentin und Schriftstellerin. Ihr Nachlass wird mit Unterstützung der Stadt-Heidelberg-Stiftung bearbeitet. (Foto: Stadtarchiv)

Stadt-Heidelberg-Stiftung fördert junge Wissenschaftler/innen

Erschließung und Bearbeitung des Nachlasses von Dr. Marie Baum ermöglicht

Die Stadt-Heidelberg-Stiftung fördert Forschungsvorhaben junger Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen der Universität Heidelberg mit rund 75.000 Mark jährlich. Für das erste Halbjahr 1999 wurde die Förderung von drei Projekten mit insgesamt 36.600 Mark beschlossen. Die Arbeiten sind inhaltlich eng verbunden mit der Kulturgeschichte von Stadt und Universität.

Die Liste der bisher durch die Stadt-Heidelberg-Stiftung geförderten Arbeiten und Projekte kann sich sehen lassen. Rund 60 Stipendien für Forschungsprojekte und wissenschaftliche Arbeiten, Druckkostenzuschüsse für Veröffentlichungen sowie seit 1993 die Poetik-Dozentur konnten seit der Gründung der Stiftung im Jahr 1986 ermöglicht werden.

Gefördert werden jetzt die Arbeiten von Adela Schneider "Das Ackerbürgertum in den Städten am unteren Neckar", von Oliver Fink "Wilhelm-Meyer-Försters Alt Heidelberg - Ein Stück deutsche Ideologie- und Mentalitätsgeschichte" sowie die Ökologische Ringvorlesung "Umweltschutz: gestern - heute - morgen", bei der Studenten verschiedener Fakultäten zusammenarbeiten.
Voraussetzung für die Förderung war und ist ein enger Bezug zur Stadt Heidelberg und ihren Bürgern. Gefördert wurden Promotionsarbeiten wie "Das Altklinikum der Universität Heidelberg" von Jutta Schneider oder "Leben und Wirkungsweisen intellektueller Frauen, die zu Beginn des 20. Jhds in Heidelberg lebten" von Andrea Fink-Madera. Druckkostenzuschüsse ermöglichten die Veröffentlichung von zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten, darunter das "Heidelberger Wappenbuch" von Harald Drös oder "Louis Charles des Graimberg (1774-1864)" von Anja-Maria Roth.

Poetik-Dozentur
Als wichtigstes Projekt der Stadt-Heidelberg-Stiftung ist die seit 1993 jährlich stattfindende Poetik-Dozentur zu nennen. Autoren wie Martin Walser, Ulla Hahn, Dieter Kühn, Volker Braun, Brigitte Kronauer und Hanns-Josef Ortheil konnten als Dozenten gewonnen werden. Unter dem Motto "Literatur - an der Universität - in der Stadt" entwickelte ein Arbeitskreis des Germanistischen Seminars um Prof. Dr. Helmuth Kiesel den Gedanken der Poetik-Dozentur. Die Veranstaltungen sollen einem breiten Publikum Gelegenheit geben, die Schriftsteller und ihr Werk aus den verschiedensten Perspektiven kennen zu lernen, Gespräche zwischen Autoren und Lesern anzuregen sowie Einblicke in die "Werkstatt" der Dichter/innen zu ermöglichen. Die Stiftung unterstützt die Poetik-Dozentur mit 30.000 Mark jährlich.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die finanzielle Unterstützung der Bearbeitung des Nachlasses von Dr. Marie Baum (1874-1964), der in der Universitätsbibliothek aufbewahrt wird. Die Chemikerin lebte fast 40 Jahre in Heidelberg und lehrte rund 20 Jahre an der hiesigen Universität. Sie war eine der ersten promovierten Frauen und spielte eine führende Rolle in der bürgerlichen Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts. Die Gewährung von Fördermitteln in Höhe von 65.000 Mark wurde bereits Ende 1998 von der Stiftung beschlossen. Jetzt kann die Universitätsbibliothek mit der Bearbeitung des Nachlasses beginnen, der für die neuere Geschichte der Stadt ebenso wie für die Universität von besonderer Bedeutung ist. (doh)
   
 

Stadt-Heidelberg-Stiftung

  Anlässlich des 600-jährigen Jubiläums der Ruprecht-Karls-Universität im Jahre 1986 beschloss der Gemeinderat die Einrichtung der Stadt-Heidelberg-Stiftung. Ihr Ziel ist die Förderung von geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsvorhaben von Studenten, Doktoranden und jungen Wissenschaftler/innen der Universität Heidelberg. Die Forschungsarbeiten und ihre Veröffentlichungen sollen die Verbindung zwischen den Bürgern der Stadt und ihrer Universität festigen.
   
 

Information

  Voraussetzung für die Förderung durch die Stadt-Heidelberg-Stiftung ist ein Geistes- oder Sozialwissenschaftliches Forschungsvorhaben. Ein enger Bezug zur Stadt Heidelberg und seinen Bürgern muss ersichtlich sein. Anträge für die Förderung von Forschungsprojekten sind zu richten an die Universität Heidelberg - Abt. 6.2, Telefon 54 21 48, Seminarstraße 2, 69117 Heidelberg.

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT


Ehrenbürger Bunsen. Aus privaten Spenden setzte man Robert Bunsen 1908 ein Denkmal an der heutigen Friedrich-Ebert-Anlage. Im Zuge der Verlegung der Bahnlinie wurde es in den fünfziger Jahren in die Hauptstraße versetzt. (Foto: Rothe)

Forscher und Reisender

Universität erinnert mit einer Ausstellung an Robert Bunsen (1811-1899)

In der ersten Chemiestunde lernt man ihn kennen. Dank der Erfindung des Bunsenbrenners ist der Name Robert Wilhelm Bunsen vielen Menschen geläufig. In Heidelberg lehrte er 37 Jahre lang Chemie und machte die Universität zu einem Zentrum der chemischen Forschung in der Welt.

Mit der Ausstellung im Universitätsmuseum aus Anlass seines 100. Todestages erinnert die Universität "an einen Wissenschaftler, dessen Forschungsergebnisse bis in die heutige Zeit nachwirken", sagte der Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Jürgen Siebke, bei der Eröffnung. "Auch hundert Jahre nach seinem Tod ist Bunsen hochaktuell: Er gilt heute als Gründervater der physikalischen Chemie, die gerade in Heidelberg stark vertreten ist", betonte Siebke. Untersuchungen von umweltfreundlichen Verbrennungsprozessen seien heute aktuelle Forschungsgegenstände, für die Bunsen die Grundlage legte.

"Bunsens Ruhm gründete sich auf seine herausragende wissenschaftliche Leistung, die Heidelberg für Jahrzehnte zum führenden naturwissenschaftlichen Standort machte - aber es war auch seine persönliche Art, seine Großzügigkeit und Volksverbundenheit, die ihm große Popularität einbrachte", so der Erste Bürgermeister Prof. Dr. Joachim B. Schultis, der Grüße der Stadt Heidelberg überbrachte. Die Stadt hat den Naturwissenschaftler zu Lebzeiten wie nach seinem Tode geehrt. Bereits 1863 wurde er Ehrenbürger. Die Straße, in der er zuletzt wohnte, trägt seinen Namen. Das für Bunsen zwischen 1853 und 1855 errichtet Chemische Laboratorium an der Ecke Plöck/Akademiestraße (heute: Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie) war zu seiner Zeit das größte und am besten ausgestattete.

Prof. Dr. Peter Comba, Dekan der Fakultät für Chemie, erinnerte an die zahlreichen Entdeckungen und Erfindungen Bunsens: außer dem Brenner die Wasserstrahlpumpe, die Spektralanalyse und eine Reihe neuer Elemente. "Bunsen hat ein Klima geschaffen, durch das man hier Wissenschaft machen konnte", so Comba. Bunsen sei eine Ausnahmeerscheinung, aber auch ein sehr bescheidener Mensch gewesen, der der Stadt, in der er 47 Jahre lebte, eng verbunden war. Der Schweizer Chemiker zitierte Bunsen: "Es lebt sich himmlisch hier in Heidelberg."

Bunsen aber war auch ein überaus reisefreudiger Mensch. Zahlreiche Belege dafür gab Prof. Dr. Fritz Krafft in seinem Festvortrag "Das Reisen ist des Chemikers Lust - und was Robert Bunsen in seinen Briefen dazu sagt". Seine Unternehmungen führten ihn in die wichtigen Zentren der europäischen naturwissenschaftlichen Forschung ebenso wie zu zahlreichen Stätten von Naturschönheit oder archäologischer Bedeutung. (rie)
   
 

Robert Wilhelm Bunsen

  Stationen seines Lebens (1811-1899)
Ausstellung im Museum der Universität Heidelberg, Grabengasse 1. Vom 5. August bis zum 4. November 1999. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 - 16 Uhr.

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Stand: 24. August 1999