Ausgabe Nr. 33 · 16. August 2000



Erntereif: Georg Pfisterer zwischen rotbackigen Elstar. Foto: Rothe

Hinter Bananen auf Rang vier

Jetzt beginnt die Saison der Heidelberger Äpfel


Discovery und Delba liegen schon in den Obststeigen der Markthändler, Alkmene, Elstar und Gala hängen noch an Ästen und Zweigen, aber nicht mehr lange: Mitte August beginnt die Haupterntezeit für Äpfel. Auch in Heidelberg bereiten sich die Obstbauern darauf vor.

Der größte Heidelberger Apfelanbauer ist Georg Pfisterer. Auf sieben bis acht Hektar von insgesamt 14 Hektar Anbaufläche stehen rund 24.000 Apfelbäume, gelegentlich unterbrochen von einer Reihe Birnenbäume. Der Kirchheimer Landwirt baut viele Sorten an: die frühen Discovery und Delba, Alkmene, Elstar, Gala, Boskop, Berlepsch, Rubinette und Jonagold, Idared und Gloster sowie Braeburn und Fuji. "Jede Sorte hat ihre Zeit", beschreibt Georg Pfisterer die wechselnden Vorlieben der Kunden. Zur Zeit sei Jonagold gefragt, der Trend ginge aber zu Braeburn und Fuji. Aber auch die alten Sorten Berlepsch und Rubinette, die man in den Auslagen der Supermärkte schon lange nicht mehr findet, haben ihre Abnehmer. Äpfel sind bundesweit nach Weintrauben, Zitrusfrüchten und Bananen die viertbeliebteste Obstsorte der Deutschen. 40 Kilo jährlich verzehrt jeder im Durchschnitt.

250 Doppelzentner Äpfel pro Hektar erntet Georg Pfisterer pro Saison im Durchschnitt. Der Gesamtertrag in Heidelberg erreicht etwa 500 Tonnen im Jahr, denn neben Georg Pfisterer gibt es weitere Landwirte in Kirchheim und Rohrbach, die in größerem Umfang Äpfel anbauen. Zum Vergleich: Im "Obst- und Gemüsegarten Baden" werden jährlich rund 20.000 Tonnen Äpfel geerntet.

Georg Pfisterer hat sich für den kontrolliert integrierten Anbau entscheiden. Grob gesagt besagen die Regelen, dass erst gespritzt wird, wenn die natürliche Bekämpfung der Schädlinge nicht mehr ausreicht. In den Apfelbäumen hängen beispielsweise kleine Plastikbehältnisse mit Lockdüften der weiblichen Apfel- und Schalenwickler. Die angezogenen männlichen Vertreter der Schädlinge sind ob der gewaltigen Duftwolke so verwirrt, dass sie die weiblichen Wickler nicht mehr orten können. "Bei Insekten können wir das Spritzen fast auf Null zurück fahren", bestätigt Pfisterer den Erfolg des integrierten Anbaus. Allerdings sei diese umweltfreundliche Methode aufwändiger und teurer als der Einsatz von Spritzmitteln.

Es spricht also einiges dafür, Äpfel aus Heidelberg zu essen: die Auswahl stimmt, Anbau und die kurzen Transportwege sind umweltfreundlich. Außerdem besitzen (nicht nur) Heidelberger Äpfel eine hohen Ernährungswert. Mehr als 20 Mineralstoffe und die Vitamine A, B1, B2, E und vor allem C finden sich im Apfel. Durch den Gehalt an Fruchtsäuren gilt er auch als "Zahnbürste der Natur", denn diese sorgen für leuchtendes Zahnweiß.

All dies spricht für den Apfel. Aber wahrscheinlich ist er schlicht deshalb so beliebt, weil er aus der Hand, aber auch als Saft, Brei und auf dem Kuchen einfach schmeckt.

Heidelberg Äpfel ...
... gibt es auf den Wochenmärkten, den Bauernmärkten in Kirchheim und Wieblingen, ab Hof bei Ralf Gieser, Kurpfalzhof 5, Heinrich Hefft, Hangackerhöfe 7, Heinrich Kaltschmitt, Hangäckerhöfe 4, bei Hans-Werner Winter, Weingasse 2, und im Laden von Georg Pfisterer, Hagellachstraße 2. Auch bei anderen Heidelberger Bauern lohnt die Nachfrage nach Äpfeln aus eigenem Anbau. (neu)

  Zum Seitenanfang

Die Rosskastanie hat die Motten

Ein Kleinschmetterling aus Mazedonien lässt Blätter braun und Zweige kahl werden


Die braunen Blätter der Rosskastanie beschäftigen viele besorgte Menschen vor allem in Süddeutschland. In den vergangenen Wochen registrierten auch die Mitarbeiter des städtischen Landschaftsamts Anrufe wegen der viel zu früh verfärbten Blätter der Rosskastanie.

Daran ist die Rosskastanienminiermotte schuld. Sie wurde 1983 in Mazedonien entdeckt. Die Larven des fünf Millimeter großen Schmetterlings leben fast ausschließlich in den Blättern der weißblütigen Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), dem typischen Biergartenbaum. Dort fressen sie Minen in das Blattgewebe und verpuppen sich. Bei sehr starkem Befall ist die Kastanie bereits im August bis zu 90 Prozent kahl gefressen.

Die "Biergartenmotte" ist ein typischer Vertreter der Tierarten, die von Menschen in andere Gebiete verschleppt werden und sich dort in Abwesenheit natürlicher Feinde in rasender Geschwindigkeit vermehren. Man geht davon aus, dass der Kleinschmetterling als blinder Passagier im Auto, LKW oder mit der Bahn nach Deutschland reiste. Die Verbreitung erfolgte auch über die Windverdriftung. Zwischenzeitlich hat das Insekt die Kastanien in ganz Süddeutschland erobert. Bonn, Kassel, Leipzig und Berlin melden ebenfalls braune Kastanienblätter. In rund zehn Jahren werden wohl alle Rosskastanien in Europa befallen sein.

Bedeutet dies das Ende des geschätzten Schattenspenders? Muss man sein Bier in Zukunft unter blattlosen Baumgerippen trinken? Nein, heißt es dazu deutlich von den Baumexperten aus dem städtischen Landschaftsamt. Denn wenn die Blätter im Hochsommer abfallen, hat der Kastanienbaum noch genügend Zeit für seinen Stoffwechsel. Gefährdet sind nur geschädigte Bäume und solche, die am falschen, das heißt, an einem zu trockenen Standort stehen.

Empfohlen wird, die Bäume gut zu wässern und das Laub zu verbrennen, da darin die Puppen der Motte überwintern. Die Temperatur im hauseigenen Kompostierer reicht nicht aus, um die Puppen abzutöten. Mit dem Laub vernichtet man allerdings auch die Parasiten, welche sich langsam an den fremden Falter gewöhnen. Anfangs gingen die Wissenschaftler noch davon aus, dass die Motte praktisch ohne populationsbegrenzende Schmarotzer unterwegs ist. Doch rund 15 Arten von Erz- und Schlupfwespen haben den mazedonischen Kastanienquäler zwischenzeitlich als Nahrung für den eigenen Nachwuchs entdeckt.

Während der jeweils knapp einwöchigen Flugzeit der Falter sind die Tiere auch Nahrung für Meisen und andere Insektenvertilger. Prager Forscher haben den weiblichen Sexuallockstoff der Motte identifiziert, dadurch ist es möglich, Fallen für die Männchen herzustellen. Mit Parasiten oder Lockstofffallen können die Schmetterlinge mittelfristig in Schach gehalten werden. (67/neu)

  Zum Seitenanfang
  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved
Stand: 15. August 2000