Thema der Woche

Ausgabe Nr. 32 · 11. August 1999



Vor allem südlich des Bahnhofsgeländes liegen Flächen der Bahn AG, die für Wohnen und Gewerbe geeignet wären. (Foto: Rothe)
Gemeinderat verabschiedete mit großer Mehrheit das Modell Räumliche Ordnung

Flächen für Wohnen und Gewerbe

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 28. Juli hat der Gemeinderat eine für die zukünftige Entwicklung der Stadt richtungsweisende Entscheidung getroffen. Mit großer Mehrheit verabschiedete das Gremium das Modell Räumliche Ordnung, kurz: MRO.

Das MRO ist der Beitrag Heidelbergs für den neuen Flächennutzungsplan 2015 des Nachbarschaftsverbands Heidelberg-Mannheim. In ihm legen die Städte und Gemeinden der Region fest, welche Flächen sie für die nächsten 15 Jahre für Wohn-, Gewerbe- und Mischgebiete sowie für andere Nutzungen bereit halten. Insgesamt handelt es sich um 15 vorgeschlagene Bereiche mit einer Fläche von insgesamt knapp 300 Hektar. Über 190 Hektar auf Heidelberger Gemarkung sind für Gewerbe und über 107 Hektar für Wohngebiete vorgesehen. In Kirchheim und Wieblingen liegen die Schwerpunkte der räumlichen Entwicklung. Ob alle jetzt für den FNP ausgewiesenen Flächen tatsächlich jemals bebaut werden, hängt von der Nachfrage nach Gewerbegebieten und auf dem Wohnungsmarkt ab.

Das MRO sagt nichts aus über eine Prioritätensetzung bei den Flächen. Allerdings war sich der Gemeinderat einig darüber, dass er die Umnutzung innerstädtischer Flächen der Bebauung heute noch landwirtschaftlich genutzter Flächen im Außenbereich vorzieht. Dabei hatten die Stadträtinnen und Stadträte das Entwicklungsgebiet mit der größten Fläche von 89 Hektar im Visier, das für Gewerbe und Wohnen vorgesehen ist: Die Bahninsel am Hauptbahnhof bietet aufgrund ihrer zentralen Lage die besten Entwicklungschancen. Ob sie kurzfristig verfügbar ist, darüber gingen die Meinungen im Gemeinderat auseinander. Das Gelände gehört der Deutsche Bahn AG.

Der Entscheidung zum MRO ging eine sehr ausführliche Untersuchung und Diskussion voraus. Städteplaner und andere Experten machten aus ihrer jeweiligen Sicht das Für und Wider zu den einzelnen Flächen deutlich. Die Stadtverwaltung legte, auf der Grundlage der Expertenmeinungen, ebenfalls eine Bewertung vor. Die schließlich gefundene Auswahl von Flächen wurde den Bezirksbeiräten der Stadtteile und den so genannten "Trägern öffentlicher Belange" zur Diskussion vorgelegt. Die abschließende Entscheidung traf dann der Gemeinderat.

Grundlage des MRO ist der Stadtentwicklungsplan Heidelberg 2010. Er fordert unter anderem dazu auf, den Zuwachs der Siedlungsfläche zu begrenzen, eine maßvolle Innenentwicklung durch Nachverdichtung anzustreben, Freiflächen zu erhalten, die Wohnversorgung zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten und Flächen für das Gewerbe bereitzustellen. Im Spannungsfeld dieser nicht leicht miteinander zu vereinbarenden Forderungen entstand das Modell Räumliche Ordnung. Neben den hier vorzustellenden Flächen für den Flächennutzungsplan gibt es auch generell über weitere mögliche Wohn- und Gewerbegebiete, über Versorgungszentren, Grün-und Freiflächen in Heidelberg Auskunft. (neu)
 
 

Stellungnahme der Oberbürgermeisterin

  Der Gemeinderat hat mit deutlicher Mehrheit das Modell Räumliche Ordnung (MRO) verabschiedet, mit dem die Stadt Heidelberg diejenigen Flächen im Flächennutzungsplan anmeldet, die bis zum Jahr 2015 für die Planung neuer Wohn- und Gewerbegebiete zur Verfügung stehen sollen. Als Grundlage für die Entscheidung diente der Stadtentwicklungsplan Heidelberg 2010, der die Verwaltung und den Gemeinderat dazu auffordert, auch beim Flächenverbrauch das Gebot der Nachhaltigkeit zu beachten.

Die Entscheidung bedeutet nicht, dass alle im Flächennutzungsplan aufgenommenen Bereiche auch wirklich bebaut werden müssen. Das ist abhängig vom Bedarf an neuen Wohnungen oder Gewerbegebieten in der Zukunft. Bevor die Planung einer Fläche erfolgt, werden die Verwaltung und der Gemeinderat in einem intensiven öffentlichen Abwägungsprozess die Vor- und Nachteile einer Veränderung erarbeiten.
Bei der Verabschiedung des MRO hat sich gezeigt, dass der Gemeinderat die Umnutzung und Nachverdichtung von Flächen in innerstädtischen Bereichen vorzieht vor der Bebauung von landwirtschaftlich genutzten Flächen im Außenbereich. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt liegen nach dem MRO zu immerhin 55 Prozent im schon bebauten Bereich. Bei landwirtschaftlichen Nutzungen wird mittel- und langfristig die Veränderung so vorbereitet, dass Betrieben, wo immer möglich, kein Schaden entsteht.

Oberbürgermeisterin Beate Weber

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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT

Die Entwicklungsfläche im Zentrum der Stadt

Wird Bahninsel zur Bahnstadt?

Mitten in Heidelberg, zum Großteil südlich der heute noch genutzten DB-Gleise, liegt eine rund 94 Hektar große Fläche, die für die Stadt besondere Entwicklungsmöglichkeiten birgt: die Bahninsel.

Das ist die einhellige Auffassung der Gutachter, die in ihren Planungskonzepten die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt Heidelberg unter verschiedenen Aspekten ausgelotet haben. Sie empfehlen, den Bereich Bahninsel und nachfolgend in Verbindung damit den Bereich Pfaffengrund/Eppelheimer Straße mit Priorität "auf den Weg zu bringen". Auch die Stadtverwaltung und der Gemeinderat sehen das Gelände als Chance für Heidelberg. Einziger Unsicherheitsfaktor: Das Areal gehört der Deutschen Bahn AG, über deren Nutzungsabsichten noch wenig bekannt ist.

Gewichtige Gründe sprechen für die Nutzung des Geländes der "Bahnstadt" als Wohn- und Gewerbegebiet. Hier kann die Stadt Heidelberg das Gebot des Stadtentwicklungsplans Heidelberg 2010 umsetzen, mit Flächen nachhaltig umzugehen, da es sich um eine schon genutzte beziehungsweise brach liegende Fläche handelt. Die zentrale Lage ermöglicht kurze Wegeverbindungen, die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr ist optimal.
   
 

Um welche Flächen geht es sonst noch?

  Um einer weiteren Zersiedlung des Umlandes entgegenzuwirken, liegt der Schwerpunkt des Modells Räumliche Ordnung darauf, vorrangig brachliegende Flächen innerhalb des bereits besiedelten Stadtgebietes neu zu nutzen.

Der Plan auf der Titelseite dieser STADTBLATT-Ausgabe gibt einen Überblick über die Flächen, um die es geht. Sie liegen alle westlich einer Achse, die durch die Berliner Straße und die Bahnstrecke Richtung Karlsruhe gebildet wird. Nördlich des Neckar befinden sich nur zwei davon: ein für den Botanischen Garten vorgesehenes Gebiet sowie Langgewann II für den Technologiepark. Die Schwerpunkte bilden neben der Bahninsel die Stadteile Wieblingen mit dem Wohngebiet Schollengewann und den Gewerbeflächen Wieblingen-Nord, Holzapfelbaum, Wolfsgärten und Marienhof sowie Kirchheim mit den Wohngebieten Harbigweg, Im Bieth und Patrick-Henry-Village.

Die der Autobahn benachbarten Flächen South Gettysburg Avenue und Gäulschlag sind für Sondernutzungen durch die US Army vorgesehen. Gäulschlag ist eine Reservefläche, auf die amerikanische Einrichtungen aus der Innenstadt nach Patrick-Henry-Village verlegt werden können. Die Fläche Pfaffengrund/Eppelheimer Straße ist für Wohnzwecke vorgesehen. Ochsenkopf in Bergheim ist eine für gewerbliche Nutzung vorgesehene Umbaufläche.
   
 

Stimmen zur Bahninsel

  Dr. Raban von der Malsburg (CDU): "Alles steht und fällt mit der Bahninsel, mit den hartleibigen Besitzern Bahn und Bund. Ob die Bahninsel in Bewegung kommt, ist das große Risiko der Heidelberger Stadtentwicklung."
  Dr. Barbara Greven-Aschoff (GAL): "Wir müssen alles daran setzen, dass die Bahninsel planerisch in Angriff genommen wird."
  Werner Brants (SPD): "Wir müssen Entwicklungsmöglichkeiten für künftige Generationen offen halten. Wir wollen die Entwicklung im Bestand, und hier insbesondere die Bahninsel."
  Dr. Ursula Lorenz (FWV): "Das Hauptproblem ist nicht die Bereitstellung von Flächen für Wohnraum. Der wichtigste Faktor ist die Bereitstellung von potenziellem Gewerbegebiet."
  Dr. Arnulf Lorentz (LD): "Wenn die Bevölkerung nicht wächst, ist eine weitere Ausweitung von Flächen ökologisch nicht vertretbar. Wir müssen unsere Anstrengungen darauf richten, bei der Bahninsel den Fuß in die Tür zu kriegen."
  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 10. August 1999