Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 32 · 11. August 1999

CDU

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

in der letzten Sitzung des Gemeinderates vor der Sommerpause stand das Thema Autonomes Zentrum (AZ) erneut auf der Tagesordnung. Es ging darum, das ehemalige Bahnbetriebswerk im Ochsenkopf für das AZ anzumieten und für viel Geld funktionsfähig zu gestalten. Ein entsprechender Antrag fand glücklicherweise keine Mehrheit. Er scheiterte vor allem deshalb, weil sich die Siedlungsgemeinschaft Ochsenkopf gegen die zu erwartende Lärmbelästigung heftig zur Wehr setzte. Ein "Ersatzantrag" der Freien Wähler (FWV), für das AZ Container in der Stadt aufzustellen, fand leider eine Mehrheit. Die CDU-Fraktion hat sich geschlossen dagegen ausgesprochen.

Brüskierung des Steuerzahlers!

Bei all dem, was wir mit dem AZ in Heidelberg schon erlebt haben - was muss eigentlich noch passieren!? -, ist es eine Brüskierung des Steuerzahlers, diese Einrichtung auch noch mit Steuermitteln zu unterstützen! Das AZ ist völlig ungeeignet - auch wenn es eine bestimmte Anzahl von Jugendlichen an sich zieht und damit von der Straße holt - für "offene Jugendarbeit"! Mit seiner Vernetzung in die bundesweite autonome Szene ist diese Einrichtung letztlich nur interessiert an einer linksideologischen Indoktrination. Autonome sind nicht nur extrem intolerant - was man immer wieder erleben kann - sie neigen auch zur Durchsetzung ihrer Ziele zur Gewaltanwendung. Auch das ist uns in Heidelberg nicht unbekannt. Im Übrigen: Von der "Gewalt gegenüber Sachen" zur "Gewalt gegenüber Personen" ist kein weiter Weg!

Das AZ hat einen schlechten Ruf!

Es ist zum Glück gelungen, die Bewohner des Ochsenkopfes vom Alptraum zu befreien, das AZ bei sich unterbringen zu müssen. Sie wären ihres Lebens nicht mehr froh geworden! Aber es geht beim AZ um mehr als nur um Lärmbelästigung! Die überwältigende Mehrheit der Menschen in unserer Stadt will kein AZ, ob mit oder ohne Lärmbelästigung! Es ist doch nicht die Schuld der Bevölkerung, dass das AZ einen solch schlechten Ruf hat. Die Heidelberger Bevölkerung ist nicht so vergesslich, wie es sich manche Vorkämpferinnen und Vorkämpfer für das AZ wünschen. Und es ist schlicht unerträglich, wie von Seiten der Anhänger des AZs die zahlreichen Fehlleistungen - wie zum Beispiel Schmierereien, Hausbesetzungen, Sachbeschädigungen, Gewaltanwendung gegenüber Personen - heruntergespielt und bagatellisiert werden.

Wir wollen in unserer Stadt keine Indoktrination von Jugendlichen in linksradikaler oder rechtsradikaler Manier! Beides ist gleichermaßen vom Übel! Und wenn eine Einrichtung wie das AZ - AZ ist das Firmenzeichen für eine linksideologische politische Orientierung - schon im Ansatz zu erkennen gibt, dass sie sich in eine dieser Richtungen bewegt, ist es ein politischer Skandal, diese auch noch von der Stadt mit Steuermitteln zu fördern.

Es ist sehr bedauerlich, dass die Mehrheit des Gemeinderates auf Antrag der FWV beschlossen hat, bis zu einer endgültigen Lösung für das AZ ersatzweise Container aufzustellen und Mietzuschüsse zu leisten. Und diese, ohne das jemals in den gemeinderätlichen Gremien ernsthaft darüber diskutiert worden wäre, was im AZ tatsächlich im Detail abläuft! Das ist ein total unübliches Verfahren. Allein die Tatsache, dass das AZ eine bestimmte Gruppe von Jugendlichen an sich zieht und damit von der Straße bringt, kann ja wohl für eine Unterstützung mit Steuermitteln noch nicht ausreichen.

Vor Drohungen nicht zurückweichen!

Man kann nicht deswegen für das AZ sein, weil man Angst hat, dass sonst die Gewalttätigkeiten von neuem beginnen. Man darf nicht vor Drohungen zurückweichen! Wer meint, das AZ unbedingt unterstützen zu müssen, kann es ja privatim tun. Aber die Stadt Heidelberg, die das AZ seit Jahren kennt und zu Genüge weiß, mit wem sie es zu tun hat, kann unmöglich guten Gewissens auch noch Aufbauhilfe und finanzielle Unterstützung leisten wollen.

Allerdings sollte die Auseinandersetzung um das AZ auch dazu führen - es sind ja nicht alle, die zum AZ gehen Autonome; übrigens verkehren dort auch Erwachsene -, darüber nachzudenken, ob es nicht eine Lücke gibt in der "offenen Jugendarbeit" in unserer Stadt, die es zu schließen gilt. Aber von einem AZ, das von der Stadt mitfinanziert wird, sollten wir - sonst wird die Auseinandersetzung um das AZ zum Dauerrenner - endgültig Abschied nehmen. Im Übrigen: Es hat absolut nichts mit fortschrittlich, liberal oder mit christlicher Nächstenliebe zu tun, jeden politischen Unsinn auch noch zu unterstützen!

Mit freundlichen Grüßen.

Ihr

Heinz Reutlinger
Stadtrat der CDU
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GAL

Schwerer Rückschlag für die Frauenpolitik

Seit vielen Jahren kämpfen die Fraueneinrichtungen in Heidelberg, um eine längerfristige finanzielle Absicherung in Form von Verträgen mit der Stadt. Verträge mit der Stadt haben vor allem den Vorteil, dass sie den einzelnen Gruppierungen eine größere Planungssicherheit geben und somit die Ausbezahlung der Zuschüsse unbürokratischer und schneller erfolgen kann. Wird der Haushalt der Stadt Heidelberg nicht rechtzeitig verabschiedet, so erhalten die Einrichtungen mit Verträgen pünktlich ihr Geld und sind nicht mehr auf Abschlags-, das heißt Vorauszahlungen angewiesen. Zudem trifft eine mögliche Haushaltssperre am Ende eines Haushaltsjahres nicht die vertraglich abgesicherten Einrichtungen.

Ein wichtiges Argument für Verträge von Fraueneinrichtungen besteht darin, dass Streichungs- und Kürzungsanträge von Seiten der CDU oder FWV, die in der Vergangenheit leider immer wieder vorkamen, vorläufig ihre Wirkung verlieren, da erst die Verträge gekündigt werden müssen, um die Einrichtungen zu streichen oder zu kürzen.

Für uns, die GAL Fraktion, ist die Absicherung der Fraueneinrichtungen immer ein wichtiges frauenpolitisches Ziel gewesen. Die vertragliche Absicherung bedeutet auch, dass wir die Arbeit der Institutionen für wichtig erachten und wertschätzen. Aus diesem Grunde haben wir unseren Antrag auf vertragliche Absicherung wiedereingebracht, denn das internationale Frauenzentrum und das Gesundheitszentrum für Frauen sind aus Heidelberg nicht mehr weg zu denken. Im internationalen Frauenzentrum erhalten alle eingewanderten Frauen psychosoziale Unterstützung und können auch in einer Schwangerschaftskonfliktsituation in ihrer Muttersprache beraten werden. Das Gesundheitszentrum für Frauen füllt eine wichtige Lücke im Gesundheitssystem, da hier Frauen, die psychosomatische und gynäkologische Erkrankungen erleben, kompetent betreut werden.

Sehr zu unserem Missfallen ist eine vertragliche Absicherung des Frauengesundheitszentrums und des internationalen Frauenzentrum für eingewanderte Frauen vor allem an drei Mitgliedern der SPD gescheitert!

(Fortsetzung im nächsten STADTBLATT)

Angelika Scholbeck
Stadträtin der GAL-Fraktion
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Die Heidelberger

Liebe Heidelbergerinnen, liebe Heidelberger,

"WIR FÜR HEIDELBERG" lautet die These, mit der die unabhängige Wählerinitiative "Die Heidelberger" in den Kommunalwahlkampf für die Gemeinderatswahlen am 24. Oktober 1999 geht. Die drei Gemeinderäte Wolfgang Lachenauer, Dr. Wolfgang Luckenbach und Nils Weber werben, gemeinsam mit 37 Kandidaten, um Ihre Stimmen. Auf der Liste 5 "Die Heidelberger" stellen sich Ihnen kompetente und engagierte Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Berufssparten zur Wahl, denen das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger und unserer Stadt am Herzen liegt. Heidelberg braucht im Gemeinderat andere Mehrheiten, damit neue Impulse und eine bessere Politik durchsetzbar werden. Schon heute rufen wir dazu auf, am 24. Oktober zur Wahl zu gehen und Ihre Stimme der Liste 5 "Die Heidelberger" zu geben.

Dr. Wolfgang Luckenbach
Stadtrat "Die Heidelberger"
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FWV

AZ - Was nun?

Die schriftliche Ankündigung des Autonomen Zentrums AZ, der Stadt in den Ar.. zu treten, um ihr Druck zu machen, ist, gelinde gesagt, starker Tobak. Oder gehören solche Entgleisungen zum autonomen Selbstverständnis? Oder hat die Verwaltung durch ihre jahrelange Inschutznahme und öffentliche Rechtfertigung des AZ eine Anspruchhaltung gefördert, die sie nun nicht einlösen kann?

Tatsache ist, keiner will sie haben, "die AZ-ler". Mit der Autonomie ist es wie mit der Freiheit, sie hört spätestens dort auf, wo die Autonomie bzw. Freiheit des anderen beginnt. Und das muss auch das AZ kapieren.

Dass die FWV nicht gerade zu den heftigsten Verfechtern von autonomen Zentren gehört, ist sicher bekannt. Gleichwohl brachte sie in der Gemeinderatssitzung vom 28.7. einen Kompromissvorschlag ein: An Stelle des aus vielen Gründen - wie Lärm, Sicherheit, Mietdauer und finanzieller Aufwand - nicht realisierbaren Standortes "Bahnbetriebswerk" im Ochsenkopf, eine kleine Lösung durch das Aufstellen von Containern zu versuchen. Der Vorschlag wurde von der Mehrheit des Gemeinderats gut geheißen. Die lautstarke Reaktion des AZ über diese Unverschämtheit des Gemeinderats war, man kam sich zumindest so vor, wie in den Ar... getreten.

Dann die so genannte Party, mit den entsprechenden Hinterlassenschaften auf dem Neckarvorland und den Ausschreitungen in der Hauptstraße und auf dem Marktplatz zu mitternächtlicher Stunde. Ich denke, das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Es gibt sehr viel Kommunen, die auf diese Facette der gesellschaftlichen Gruppen verzichten.

Liebe Heidelbergerinnen und Heidelberger, sollten Sie Ihren Urlaub noch vor sich haben, wünscht Ihnen die FWV eine erholsame Zeit. Sollten Sie während der Ferien aus irgendeinem Grund Gedanken über Ihre Stadt machen, so bedenken Sie bitte auch, dass am 24. Oktober der Gemeinderat neu gewählt wird. Die "Wahrheit" liegt meistens in der "Mitte". eine Kommune braucht deshalb eine "starke Mitte" aus unabhängigen Bürgern - die Freie Wählervereinigung.

Mit freundlichen Grüßen

Hermann Gundel
Stadtrat der FWV
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F.D.P.

Liebe Leserinnen und Leser,

in der RNZ vom letzten Wochenende konnten Sie die Stellungnahmen der unterschiedlichen im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Gruppierungen zum Thema "Verkehr" lesen. Da sich die F.D.P. mit der Studi-Liste und der LD den Platz für die sechs gestellten Fragen teilen muss und daher nur zu zwei Fragen Stellung nehmen kann, schreibe ich hier im Stadtblatt einige Bemerkungen zum Thema aus FDP-Sicht auf. Wichtig ist auch hier, wie in allen Fragen der Kommunalpolitik, dass man jeden Einzelfall betrachten muss und nur sehr schwer allgemein gültige generelle Aussagen treffen kann.:

Verkehr: Jeder geht zu Fuß oder hat schon öffentliche Verkehrsmittel benutzt. Viele nutzen ein Auto oder ein Fahrrad. Je nach Tageszeit, Ziel und Wegstrecke entscheidet jeder für sich, welches Verkehrsmittel im Einzelfall das zweckmäßigste ist. Die F.D.P. tritt für durchdachte Lösungen ein, die kein Verkehrsmittel verteufeln. Daher fordern wir: Tempo 30 nur in Wohngebieten und nicht auf Haupt- oder Durchgangsstraßen; endlich Grüne Wellen statt ständiger Staus. Die Möglichkeit einer fünften Neckarquerung muss beibehalten werden. Wir treten für leistungsfähigen und bezahlbaren Ausbau des Nahverkehrs mit optimierten Anschlussverbindungen ein und erwarten mehr Kundenfreundlichkeit und Effizienzsteigerungen bei der HSB. Unnötig sind hingegen aufwändige und baulich fragwürdige Prestigeobjekte wie z.B. der Umsteigebahnhof in Rohrbach Süd oder die Umbauten in der Bergheimer Straße, die jetzt schon wieder saniert werden müssen. Das stadtteilverbindende Radwegenetz ist auszubauen, um Konflikte der Radfahrer mit Autofahrern und Fußgängern zu vermeiden.

Für Hinweise auf konkrete Stadtverkehrs-Probleme, die Sie schon immer genervt haben, bin ich dankbar.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Annette Trabold,
Stadträtin der F.D.P.
Platz 1 Kommunalwahlliste 1999
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LD

Stadtentwicklung im Gemeinderat: Die große Koalition für "Größer ist besser".

Bei der Diskussion des Flächennutzungsplans und des "Modells Räumliche Ordnung" im Gemeinderat forderte die CDU-Fraktion "zukunftsfähig" müsse die Stadt sein und meinte damit, man müsse gleich die Fläche von drei neuen Stadtteilen vorwiegen für Gewerbegebiete ausweisen. Der Sprecher der Fraktion der Heidelberger forderte gleichzeitig Wohnungen für die in Heidelberg Arbeitenden und zusätzliche Arbeitsplätze für die hier Wohnenden. Die Logik der Argumentation ist unstimmig - schließlich gibt es in Heidelberg doppelt so viele Arbeitsplätze, wie hier Berufstätige wohnen - aber die Zielsetzung ist klar: Mehr und größer ist besser, was immer dies auch für die Situation der Umwelt in Heidelberg heißt. Die SPD setzte sich einmal mehr zwischen alle Stühle: Zum einen wollte sie ökologisch das Gesicht waren, zum anderen aber im Wahlkampf aber nicht vorgeworfen bekommen, nicht genügend für das Gewerbe zu tun.

Es ist keine Frage, dass Heidelberg Gewerbegebiete vorhalten muss, um auf Veränderung und Umstrukturierung der Wirtschaft reagieren zu können, um Anpassung an veränderte Nachfrage zu ermöglichen. Hierfür reichen aber die vorhandenen ungenutzten Gewerbeflächen und der Bereich Bahninsel/Rangierbahnhof voll aus. Dieser letzte Bereich hat die Größe eines ganzen Stadtteils, seine Nutzung ist andererseits ohne zusätzliche ökologische Schäden möglich.

Aber dies genügte der Koalition derer im Gemeinderat nicht, der Wachstum alles bedeutet: mit dem Gewann "Marienhof", mit "Holzapfelbaum" und "Wolfsgärten" wird wertvolles Ackerland und wertvolle Freifläche zur Versiegelung vorgesehen; mit dem Gebiet Pfaffengrund-Ost ein stadtklimatisch wichtiger Bereich; mit der Planung am Harbigweg verliert Kirchheim einen Teil seiner Naherholungsfläche und die klare Abgrenzung des Stadtteils; mit der Erweiterung des Bebauungsplans im Bieth wird diesem Stadtteil ein weiteres rasantes Wachstum zugemutet, obwohl er bereits in den letzten Jahren erheblich gewachsen ist und weder die Infrastruktur noch die soziale Integration mit diesem Wachstum Schritt gehalten hat. Die meisten dieser Maßnahmen wurden gegen das Votum der vorliegenden Gutachten (Freiflächenstrukturkonzept, Siedlungsstrukturkonzept, Umweltplan) beschlossen.

Die zahlreichen Anträge für eine behutsame umweltverträgliche Entwicklung der Stadt, die die Liberalen Demokraten, die GAL und die Studi-Liste vertraten, fanden keine Mehrheit.

Die Koalition aus CDU, SPD, Heidelbergern und FWV für mehr Wachstum, mehr Versiegelung, mehr Autoverkehr und weniger Lebensqualität in der Stadt setzte sich vorläufig durch. Das bedarf dringend der Korrektur.

Dr. Arnulf Lorentz
Stadtrat der LD

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 10. August 1999