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Ausgabe Nr. 32 · 7. August 2002



"Il vestibulo della città", das Vestibül Heidelbergs in Form einer Abfolge von zwei Plätzen soll vor dem Hauptbahnhof entstehen, demonstriert hier der italienische Architekt Prof. Augusto Romano Burelli am Plan. (Foto: Rothe)





Pressekonferenz in der BG Chemie mit Oberbürgermeisterin Beate Weber und Professor Burelli (Foto: Rothe)

"Vestibül der Stadt"

Oberbürgermeisterin Beate Weber und Professor Augusto Romano Burelli stellten Planungen für den Bahnhofsbereich vor


In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 24. Juli gab der Gemeinderat nach ausführlicher Diskussion seine grundsätzliche Zustimmung zur Gesamtkonzeption des italienischen Architekten Professor Augusto Romano Burelli für den "Stadtraum Hauptbahnhof". Burelli hatte 1998 den Auftrag erhalten, für diesen Bereich ein städtebauliches Konzept zu erarbeiten.

Oberbürgermeisterin Beate Weber, Professor Burelli und Roland Jerusalem vom Stadtplanungsamt erläuterten jetzt in einer Pressekonferenz die Planungen, die dem Willy-Brandt-Platz und den angrenzenden Straßen in wenigen Jahren ein völlig neues und weitaus attraktiveres Gesicht geben sollen. Was sich heute als reiner Verkehrsknoten präsentiert, dem der Passant schnellstmöglich entflieht, soll künftig ein städtischer Platz mit Aufenthaltsqualität werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass ein erheblicher Teil des Autoverkehrs unter der Erde verschwindet. Vorgesehen ist ein Tunnel für den Nord-Süd-Verkehr unter der Mittermaierstraße.

Burelli war eigens aus Venedig zur Pressekonferenz angereist, um der Öffentlichkeit sein städtebauliches Konzept zu erläutern: Vor dem Hintergrund der in diesem Bereich geplanten großen Bauvorhaben mit einem Investitionsvolumen von rund 400 Millionen Euro - Konferenzzentrum, zweiter Bauabschnitt der Heidelberger Druckmaschinen AG, Central Business Center, Bahnhofsumbau mit Parkhaus und Hotel - und im Sinne einer langfristigen Aufwertung des Stadtteils Bergheim als zweitem, modernen Stadtzentrum ist eine stadtgestalterische Aufwertung des gesamten Stadtraums um den Hauptbahnhof dringend erforderlich.

"Mit großer Begeisterung", so die Oberbürgermeisterin, habe der Gemeinderat sein grundsätzliches Ja zum Burelli-Konzept gegeben. "Ich freue mich sehr, dass wir jetzt einen Grundsatzbeschluss für die Umbaumaßnahmen im Bahnhofsbereich haben. Damit ist der Weg frei für die Umsetzung eines wunderbaren städtebaulichen Großprojektes, das zukunftsweisende Akzente für das Stadtbild Heidelbergs setzen wird." "Es ist die Idee, dass Stadt mehr ist als Häuser und Straßen", betonte die Oberbürgermeisterin. "Das, was zwischen den Gebäuden ist, ist mindestens genauso wichtig."

"Ein urbaner Ort muss eine Form haben", führte Burelli aus. Der Raum am Hauptbahnhof sei bisher dadurch gekennzeichnet, dass ihm jede Form fehle. Burelli will den Raum formen durch eine Abfolge von zwei Plätzen, ein Oval direkt vor dem Bahnhof und einen "Quadriportico" in der Kurfürs-ten-Anlage, damit hier "il vestibulo della città", das Vestibül Heidelbergs, entstehen kann.
   



Der wieder entdeckte Platz

Burelli: Eine Abfolge von Plätzen - Oval und "Quadriportico" - Verkehrsentlastung durch Untertunnelung - Unterirdisches Fahrradparkhaus


Burellis Planung für den Bereich am Hauptbahnhof geht von einer Entlastung des Verkehrsknotens am Bahnhof durch eine Untertunnelung des Willy-Brandt-Platzes aus. Erst die dadurch entstehenden Platzflächen bieten genügend Raum für eine neue stadtgestalterische Qualität und die Neuordnung der Nutzungen. Der Entwurf zeichnet sich dadurch aus, dass die stadträumliche Proportionalität der Hochbauten, die ineinander greifende Reihe von Plätzen und die verschiedenen verkehrlichen Funktionen in Einklang gebracht werden.

Die Neugestaltung des öffentlichen Raumes wird bestimmt durch die Idee, die Kurfürsten-Anlage in drei Teile zu untergliedern, die sich als Abfolge von architektonisch verbundenen Räumen wie folgt darstellt:

Das Oval
Der erste Teil ist der Bereich vor dem Hauptbahnhof, der wegen seiner Komplexität und des Straßengewirrs am schwierigsten zu gestalten ist. Dieser große Raum soll eine elliptische Form erhalten, welche schräg zur Achse der Kurfürsten-Anlage verläuft.

Das Oval wird durch Gebäude, zum einen durch das Kongresszentrum und zum anderen durch die Überdachung der zentralen Haltestelle für Busse und Straßenbahnen, räumlich gefasst. Gehwege, Sitzelemente und ein Pflastersteinmuster auf der Oberfläche des Platzes, eine Sonnenuhr sowie die Platzbeleuchtung sorgen für eine deutliche visuelle Wahrnehmung der ovalen Form.

Der "Quadriportico"
Der zweite Teil ist ein quadratischer Raum, der 105 mal 105 Meter misst und durch eine Verbreiterung der Kurfürsten-Anlage auf ihrer Symmetrieachse erreicht wird. Wegen der Arkadenbauweise, die Professor Burelli für die hier zu errichtenden Gebäude - wie zum Beispiel das Konferenzzentrum - vorgeschlagen hat, bezeichnet er ihn als "Quadriportico". Auf der Nordseite des Platzes befinden sich die beiden Zugänge zur Heidelberger Druckmaschinen AG. Auf der Südseite des Platzes liegt der Eingang zum Konferenzzentrum mit einem Hotel.

Die Kurfürsten-Anlage
Der dritte Teil ist der verbleibende Bereich der Kurfürsten-Anlage in östlicher Richtung zum Römerkreis: ein parkähnlicher Raum mit Bäumen, der im Norden von einer durchgehenden Bebauung bis zur Dachgesimslinie von 17,5 Metern begrenzt werden soll, eine Art kleiner englischer Garten.

Alle Flächen- und Höhenmaße des Konzeptes wurden von der "7" abgeleitet, dieser geheimnisvollen, aber vitalen Zahl in der Musik und Architektur.

Voraussetzung für die Aufwertung des Stadtraums zwischen dem Hauptbahnhof, dem Konferenzzentrum und der Print Media Academy ist die Untertunnelung des Willy-Brandt-Platzes in Nord-Süd-Richtung. Der Hauptverkehrsstrom, der nicht den Bahnhof zum Ziel hat, kann ungestört durch den Tunnel geführt werden. Währenddessen kann der Ost-West-Durchgangsverkehrverkehr an der Nordseite des Ovals gut abgewickelt werden. Der Rand des Ovals ist für den lokalen Verkehr im Bereich Bahnhof/Konferenzzentrum vorgesehen.

Die Tunnelvarianten
Gegenüber der ursprünglichen Planung, die Gegenstand der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans aus dem Jahr 2001 war, hat die Stadtverwaltung jetzt eine Verlängerung des Tunnels bis zum Südende der Ernst-Walz-Brücke vorgeschlagen. Dadurch sollen auch die Mittermaierstraße und die Kreuzung Mittermaierstraße / Bergheimer Straße entlastet werden.

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 24. Juli die Verwaltung beauftragt, alternative Konzeptplanungen vorzulegen für die Verkehrsführung der Tunnelein- und -ausgänge bei jeweils vier-, drei- und zweispurigem Ausbau, eine Variante mit kurzem Tunnel und eine Variante mit langem Tunnel sowie eine Mikrountersuchung der verkehrlichen Auswirkungen.

Vielfältige Funktionen
Die Gesamtmaßnahme "Stadtraum Hauptbahnhof/Kurfürsten-Anlage" besteht aus zahlreichen Einzelprojekten mit umfangreichen inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Verknüpfungen. Die dargestellten Lösungsvorschläge sind mit einem hohen planerischen Aufwand und vielen Variantenprüfungen erarbeitet worden. Professor Burelli, externe Fachplaner und Betroffene wurden frühzeitig hinzugezogen. Es handelt sich um ein komplexes Planungswerk, bei dem die einzelnen Bausteine nicht austauschbar sind. Vorgeschlagen werden:

  • die Bündelung des Autoverkehrs im Bereich Hauptbahnhof auf der Nordseite der Kurfürsten-Anlage,
  • die Führung des verbleibenden Nord-Süd-Verkehrs in einem einstreifigen Oval zwischen Hauptbahnhof und Konferenzzentrum,
  • die Konzentration der PKW-Zufahrt zum Hauptbahnhof im Parkhaus der Deutschen Bahn AG am Nordeingang,
  • die Bündelung und Verlegung der überdachten Straßenbahn- und Bushaltestelle direkt an den Nordeingang des Hauptbahnhofes,
  • der Bau einer Fahrradtiefgarage unter dem Willy-Brandt-Platz mit direktem Gleiszugang,
  • die Verbesserung der Fußwegebeziehungen zum und auf dem Willy-Brandt-Platz,
  • Taxi-Standorte südlich des Hauptbahnhof-Ausgangs und am Kongresszentrum mit Nachrückplätzen in der Mittermaierstraße,
  • die Verlagerung der Tourismusbusse in den Bereich des "Quadriportico" nahe dem künftigen Konferenzzentrum.

Insgesamt soll es mit dieser Neuordnung der Funktionen gelingen, eine neue Platzqualität zu erreichen, den Parkverkehr für Autos und Fahrräder klar zu gliedern und eine optimale Verknüpfung zwischen Straßenbahn, Bus und Bahn herzustellen.

Zeitziel: 2005
Die Stadt Heidelberg wird Professor Burelli mit einem detaillierten Entwurf zur Gestaltung des Bahnhofvorplatzes beauftragen, sodass bis zum Jahresende Aussagen zur Ausgestaltung dieses Platzes vorliegen werden. Bis zum Herbst wird für alle Teilbereiche, vom Fahrradparkhaus über die Oberflächengestaltung bis zur Haltestelle, die Planung weiter ausgearbeitet.

Um die künftigen Verkehrsabläufe an den Tunnelzufahrten und auf der Oberfläche richtig zu ordnen, ist ein Gutachten in Auftrag gegeben worden. Im Herbst werden sich erneut die gemeinderätlichen Gremien mit der Konzeption befassen. Ziel ist es, den neu gestalteten Willy-Brandt-Platz und das Konferenzzentrum spätestens im Jahr 2005 zeitgleich fertig zu stellen.

   

Prof. Augusto
Romano Burelli

Augusto Romano Burelli...

...ist Professor für Entwurf und Gestaltung an der Fakultät für Architektur an der Universität Venedig und seit 1991 dort Leiter der Abteilung für Architekturplanung. Zudem betreibt er mit seiner Frau ein Architekturbüro in Udine und ist Partner eines Architekturbüros in Berlin-Charlottenburg.

Professor Burelli hat sich nun seit über zwei Jahren mit der Planung vor und um den Heidelberger Bahnhof beschäftigt. Zwischen Udine, Berlin, Venedig und Heidelberg pendelnd hat er seine ganze Erfahrung als Architekturprofessor, aber auch als Architekturhistoriker in die Heidelberger Planung mit einfließen lassen.

Die Architektur und das Handeln Burellis ruhen in seinem profunden geschichtlichen Wissen, das es ihm ermöglicht, sich souverän im Städtebau zu bewegen ohne zu kopieren.

Er beschäftigt sich unter anderem mit städtebaulicher Planung und legt besonderen Wert auf die architektonische Kultur der Stadt. In der italienischen Region Friaul, die 1976 von einem verheerenden Erdbeben getroffen wurde, entwarf und baute er, gemeinsam mit seiner Frau, eine Kirche und ein Rathaus.

Professor Burelli hat sehr erfolgreich an einigen städtebaulichen Planungswettbewerben in Berlin und Umgebung teilgenommen und gewann beispielsweise 1996 den ersten Preis für seinen städtebaulichen Entwurf "Unter den Linden (Komische Oper)". Vielbeachtet waren auch die Entwürfe für 13 Wohnhäuser und das evangelische Gemeindezentrum mit Kirche, das er in Potsdam baute. An der deutschen Stadt-Architektur bemängelt Professor Burelli, dass das einzelne Gebäude zu sehr im Mittelpunkt steht: "Die Bauwerke haben keinen Bezug zur Stadt."

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Stand: 6. August 2002