Kultur

Ausgabe Nr. 32 · 8. August 2001



Ingo Waszerka, zuletzt Chef der Bad Hersfelder Festspiele und Intendant am Staatstheater Schwerin, inszeniert "The Student Prince" neu. (Foto: Rothe)

"Die Poesie aufspüren ..."

Der Höhepunkt der Schlossfestspiele: "The Student Prince" feiert am 10. August Premiere

Nach über 25 Jahren erfährt "The Student Prince in Heidelberg" eine Neuinszenierung. Mit einem neuen Ensemble, einem anderen Orchester, in überarbeiteter Fassung und geänderter Ausrichtung der Bühne ist die spektakuläre Operette von Sigmund Romberg ab 10. August genau zwölf Mal im Schlosshof zu erleben. Ein STADTBLATT-Gespräch mit Ingo Waszerka über seine Fassung des Heidelberg-Klassikers:


STADTBLATT: Lässt sich die "Alt-Heidelberg-Romanze" eigentlich in die Gegenwart hinüberretten?

Ingo Waszerka: Nein, den Versuch habe ich gar nicht unternommen. Dann hätte ich das Stück zerschlagen müssen. Der Stoff lässt sich nur von den Zuschauern ins Heute übertragen, gedanklich und emotional. Auf der Bühne spielt er in der Vergangenheit.

STADTBLATT: "The student prince in Heidelberg" war in den 20er Jahren das erfolgreichste Stück am Broadway. Bis heute zieht es Hunderte von Amerikanern alljährlich zu den Schlossfestspielen. Wie erklären Sie sich den Erfolg bei US-Amerikanern und wie kann man auch die Heidelberger wieder für diesen Stoff gewinnen?

Waszerka: Das Ziel unserer Arbeit möchte ich so formulieren: Es wäre schön, wenn die Heidelberger diese Inszenierung annehmen. Was können wir dafür tun? Vor allem dies: Wir nehmen diese Light Opera oder Spieloper ernst und erzählen die Geschichten der Figuren, die da auftreten, als Geschichten von Menschen und nicht von komischen, tragischen oder halbtragischen Typen. Wir wollen keine fröhliche Theaterei. In fast allen Opern werden ganz sentimentale Geschichten erzählt. So auch hier, aber man muss sie in ihren Emotionen ernst nehmen, die Konflikte wahrhaftig darstellen und in all dem die Poesie aufspüren, nicht den Klamauk.

Die Amerikaner kommen, weil für sie der "Student Prince" eine Kultveranstaltung ist. Jeder Amerikaner kennt den "Student Prince". Es ist schon erstaunlich, wie das Stück in die Herzen der Amerikaner gepflanzt wurde. Ich glaube, das hat mit einer gewissen Sehnsucht nach Romantik zu tun. Das Schloss ist für sie der Inbegriff des alten Europa. Es gibt in Amerika keine Burgen und Schlösser, das heißt, sie holen hier den Teil der Geschichte nach, der für sie nicht existent ist.

STADTBLATT: Also wird es bei der englischsprachigen Version bleiben?

Waszerka: Ja, Verdi und Puccini spielt man in italienischer Sprache. Rombergs "Student Prince", die amerikanische Nationaloperette, spielen wir in Englisch.
   
 

"Wir wollen keine fröhliche Theaterei ..."

   
  STADTBLATT: Haben Sie musikalisch eine Überarbeitung vorgenommen oder halten Sie sich eng an die Rombergsche Vorlage?

Waszerka: Volker Christ hat die Partitur neu arrangiert, die Holzbläser verstärkt und einzelne Stücke durch bestimmte Instrumente besonders charakterisiert. Er hat gestrafft, um die Anzahl der Wiederholungen zu reduzieren. Im dritten Akt habe ich eine wesentliche Umstellung vorgenommen. Christ hat dann die Melodien des dritten Aktes zusammen genommen und daraus einen Tanzteppich collagiert, so dass der dritten Akt fast ganz durchgetanzt wird. Aber wichtig war uns bei all dem, die Substanz der Rombergschen Partitur zu erhalten und zu vertiefen.

STADTBLATT: Wie werden das neue Bühnenbild und die Kostüme aussehen?

Waszerka: Das Stück spielt ursprünglich, so steht es im Libretto, im Jahre 1860, das heißt im ausgehenden Biedermeier. Wir haben es jetzt um vierzig Jahre verlegt, an die Jahrhundertwende. Karlsberg und der King of Karlsberg sind keine historisch genauen Begriffe, sondern Fiktion. Dieses Karlsberg gibt es zwar in Nordböhmen, dem heutigen Tschechien, aber es war nie ein Königreich. So konnten wir das Stück zeitlich transponieren, weil die Kostüme der Jahrhundertwende reizvoller sind, poetischer und nicht so sehr das Biedermeier annoncieren.

STADTBLATT: Nach welchen Kriterien haben Sie die Darsteller ausgesucht?

Waszerka: Die Sängerdarsteller - Kathie, Karl Franz, Dr. Engel, Gretchen und Princess Margaret - habe ich nach dem Gesichtspunkt ausgesucht, dass sie, wenn sie singen, nicht nur Töne produzieren, sondern Gefühle und Gedanken ausdrücken. Es muss zu fühlen sein, wie es innen drin in den Gestalten, die sie darstellen, aussieht. Sie müssen ihre Figuren und die Situationen, in denen die Figuren sind, beglaubigen. Es muss wahrhaftig sein. - Bei den Schauspielern habe ich einfach auf hohe Qualität geachtet.

STADTBLATT: Erstmalig wird jetzt beim "Student Prince" das Mannheimer Hochschulorchester mitwirken.

Waszerka: Ein regionales Studentenorchester für den "Student Prince" zu gewinnen, war Günther Bleelitz ganz wichtig.

STADTBLATT: Welche Rolle spielen die Burschenschaftler?

Waszerka: Sie stehen für den Prinzen und für Dr. Engel, seinen Privatlehrer, als Inbegriff der sangesfreudigen Freiheit - und im Gegensatz zur höfischen Strenge in Karlsberg. Aber ich will nicht romantisieren. Also wird der Chor nicht nur fröhlich vor sich hin plätschern. Der Gesang, als Ausdruck von Freiheit, wird zum Ende der Geschichte hin immer weniger. Wir sehen zum Schluss die Verbürgerlichung der Studenten, alle sind eingekehrt in bürgerliche Berufe, der Prinz ist König geworden, muss sich anders verhalten, deshalb muss diese Geschichte auseinander gehen. Die Studenten können nicht mehr singen. Der Ernst des Lebens beginnt, und die Ideale sind weg...

STADTBLATT: Sie bringen schon einige Festspiel-Erfahrungen mit. Was ist der besondere Reiz an Freilicht-Aufführungen?

Waszerka: Künstler, die Open-Air arbeiten wollen, müssen ein Pfadfindergemüt haben, dürfen sich nicht von zwitschernden oder tieffliegenden Vögeln stören lassen. Das erfordert unglaubliche Konzentration von den Darstellern. Man wird aber belohnt durch die Vorstellungen. Es ist ein Erlebnis, unter dem Sternenhimmel zu spielen, in lauer Sommerluft oder bei peitschendem Regen und, wenn man durchhält, der donnernde Applaus... Man hat eine ganz gefühlige Begegnung mit der Natur. Man bekommt beim Übergang von Naturlicht in Kunstlicht Stimmungen, die man im Theater nie herstellen kann. Diese Mischung aus Rest-Sonnenlicht und Kunstlicht schafft die einzigartige Festspielatmosphäre.
   
 

Karten...

  ... für den "Student Prince" gibt es bei HeidelbergTicket, Theaterstraße 4, unter Telefon 582000.

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Stand: 7. August 2001