Thema der Woche

Ausgabe Nr. 32 · 9. August 2000



Burellis Blick in die Stadt: Wer aus dem Bahnhof tritt, dem weist eine weiße Pyramide den Weg. Links davon der angedachte Eingang der Druckmaschinen AG, rechts das Kongresszentrum. (Bild: Burelli)








So oder so ähnlich könnte das Central Business Center hinter dem Bahnhof einmal aussehen. (Skizze: Architekten J·S·K)

Ein neues Zentrum im Westen der Stadt

Am Hauptbahnhof, in der Weststadt und in Bergheim sind zahlreiche Großprojekte in Vorbereitung - Ein Überblick


Zehn Stunden vor seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Stadt Heidelberg lud der Erste Bürgermeister Prof. Dr. Joachim B. Schultis zur letzten Pressekonferenz seiner Amtszeit. "Ein denkwürdiger Akt", wie er es selbst nannte. Nicht nur aus diesem Grund war das Medieninteresse außergewöhnlich groß. Auch das Thema selbst hatte es in sich: Es ging um die gegenwärtigen und kommenden Großprojekte zwischen Römerkreis und Hauptbahnhof. Insgesamt ergibt sich hier ein voraussichtliches Investitionsvolumen von rund einer halben Milliarde Mark. Noch nicht eingerechnet ist dabei die zukünftige Bahnstadt jenseits des Hauptbahnhofs.

Die Klammer, die das Ganze einmal städtebaulich zusammenhält, könnte sich aus den "visionären Gestaltungsideen des Augusto Romano Burelli" entwickeln, über die im STADTBLATT vom 7. Juni dieses Jahres bereits ausführlich berichtet wurde. Die Grundproblematik bestehe darin, so der Baudezernent, dass der Hauptbahnhof 1955 "als Solitär entstanden ist". Der Raum im Bereich der früheren Bahntrasse sei "zwischenzeitlich zwar mit Bauten gefüllt worden", die in der Summe aber eine "sehr amorphe Struktur" bildeten. So könne beispielweise, wer den Bahnhof verlasse, kaum erkennen, wo eigentlich das Stadtzentrum liegt.

Die Frage, wie das Ganze mehr "in Form" gebracht werden kann, beschäftigt die Stadt seit langem und war bereits Gegenstand des Städtebaulichen Rahmenplans "Bahnhofsbereich" im Jahre 1991. Seither aber sind Veränderungen eingetreten, deren gravierendste der Bau der Print Media Academy durch die Heidelberger Druckmaschinen AG ist.

Eine Abfolge von Plätzen
Der Italiener Burelli war einer der Teilnehmer am Workshop für den "Palazzo di Cristallo" der Druckakademie und entwickelte dort bereits beeindruckende Ideen für die Gestaltung des Umfeldes. Dies war Anstoß, den Venezianer mit einer Gestaltungsstudie für das Bahnhofsumfeld zu betrauen.

Burelli schlägt für den Bereich zwischen Bahnhof und Römerkreis nach italienischem Vorbild eine Abfolge von Plätzen vor. Den Willy-Brandt-Platz (Bahnhofsvorplatz) gestaltet er als Ellipse, an die sich in östlicher Richtung eine Piazza in Höhe der Druckmaschinen AG anschließt. Die Kurfürsten-Anlage will Burelli "wie einen Pariser Boulevard seitlich fassen" und die vorhandenen Grünanlagen "besser zugänglich machen", wie Diethelm Fichtner, Leiter des Stadtplanungsamtes, erläuterte. Auch sollten zwischen Bergheim und der Weststadt mehr Durchgänge geöffnet werden. In östlicher Richtung folgt schließlich als dritter Platz das Oval des Römerkreises.

Damit ein Platz als solcher erlebbar wird, müssen die Raumkanten geschlossen werden, betonte Professor Schultis. Burelli erreicht dies, indem er rund herum zusätzliche Gebäude vorsieht: eine ergänzende Bebauung links und rechts neben dem Bahnhof, das Kongresszentrum auf dem Gelände der früheren Hauptpost mit einem Konferenzsaal-Kubus, der ein - kleineres - Pendant zur Druckakademie bildet. Die Weltfirma Heideldruck, deren Eingang heute kaum zu finden sei (Schultis), erhält bei Burelli ein hufeisenförmiges, repräsentatives Entrée, dessen ebenfalls hufeisenförmiges Gegenstück das Portal des Kongresszentrums aufnimmt. Gemeinsam umschließen beide Gebäude eine quadratische Piazza.

"Der wichtigste Tunnel"
Während die Straßenbahn nach Burellis Vorstellungen auf der Kurfürsten-Anlage verbleibt, aber - anders als heute - direkt am Nordausgang des Hauptbahnhofs vorfährt, tauchen die Autos vor der Druckmaschinen AG in einen Tunnel ab und queren die Mittermaierstraße unterirdisch. "Dieser Tunnel wäre der wichtigste in Heidelberg, denn wir müssen den Verkehr am Bahnhof in den Griff bekommen", unterstrich der scheidende Baudezernent. Die Ost-West-Tunnellösung sei aber bisher "nur gedanklich skizziert" und müsse noch untersucht werden. Wichtig sei ferner, die Tiefgaragen in diesem Bereich unterirdisch anzuschließen und soviel Verkehr wie möglich, der hier nicht fahren müsse, anderweitig umzuleiten.

Die großen Bauprojekte
Nur am Rande ging es auf der Pressekonferenz um die bereits fertigen oder im Bau befindlichen Komplexe. Sie sind aus der Sicht der Stadtplaner schon Vergangenheit. Dazu gehören die Druckakademie, der Schlossquell-Komplex und die Alte Glockengießerei. Neu kommen hinzu: der vom Gemeinderat bereits abgesegnete zweite Bauabschnitt der Heidelberger Druckmaschinen AG, die Projekte der Deutschen Bahn AG (Erweiterung des Bahnhofs und Ausbau der Bahnhofshalle), das Central Business Center (CBC) und das Kongresszentrum mit Hotel.

Heidelberger Druckmaschinen, 2. Bauabschnitt
Beim zweiten Bauabschnitt - der erste war die Druckakademie - geht es um die Realisierung eines Zentrums zur Präsentation der Produktpalette. Kernstück des Komplexes ist eine zehn Meter hohe Halle, darüber entstehen drei bis sechs Bürogeschosse. "Sie erkennen daran", betonte Professor Schultis, "die klare Absicht der Heidelberger Druckmaschinen AG, den Standort Heidelberg zu stärken, worüber wir uns freuen." Das heute dort befindliche Ersatzteillager wird abgerissen.

Central Business Center (CBC)
Das CBC soll auf einem rund 7.500 Quadratmeter großen Grundstück nördlich des Bahnhofs realisiert werden. Auf dem weitgehend verwilderten Gelände befindet sich das frühere Domizil des Unterwegs-Theaters; ansonsten wird es von HSB-Mitarbeitern als Parkplatz genutzt. Früher war hier das "Zentrum für Wohnen, Kultur und Einkauf (ZfWKE)" geplant, das nicht zustande kam, "weil uns die Bahn das Gelände nicht verkaufen wollte" (Schultis).

Das jetzt international verständlich CBC benannte Projekt ist "eine Mischung aus Hotel, Büroflächen und Wohnungsbau. Vorgesehen ist ein Hotel der mittleren Kategorie mit 192 Zimmern, über 10.000 Quadratmeter Büroflächen sowie sechzig Wohnungen, ein Restaurant und eine Tiefgarage. "Das CBC dient als Ergänzung zur Druckakademie, denn diese braucht Hotelbetten", unterstrich der Erste Bürgermeister. Rund 100 Millionen Mark soll das CBC kosten, für das die Stadt einen interessierten Investor bereits gefunden hat.

Kongresszentrum mit Hotel
Ganz soweit ist es mit dem Kongresszentrum noch nicht, das auf dem Hauptpostgelände entstehen soll und sich finanziell in einer ähnlichen Größenordnung bewegt. Hier wird gerade auf dem Wege einer internationalen Ausschreibung nach Interessenten für Bau und Betrieb gesucht. Das Konferenzzentrum mit Plenarsaal, Tagungsräumen und Ausstellungsflächen ist mit rund 10.000 Quadratmetern veranschlagt, für das Hotel mit 280 Zimmern und die Gastronomie sind weitere 12.600 Quadratmeter vorgesehen.

Vom Gedanken, dass das Kongresszentrum städtischerseits zum Nulltarif zu haben sein wird, muss man sich wohl verabschieden: "Dass es nichts kosten sollte, war Wunsch und Wille vieler Stadträte, aber wahrscheinlich unrealistisch", so der Erste Bürgermeister. Dem Ergebnis der Ausschreibung darf man mit Spannung entgegensehen.

Ausbau des Bahnhofs
Schließlich trägt sich auch die Deutsche Bahn AG mit Bauabsichten: Das Bahnhofsgebäude, das trotz seines relativ jungen Alters bereits unter Denkmalschutz steht, soll modernisiert werden. Nordwestlich davon sind ein Park&Rail-Parkhaus für 600 bis 700 Autos sowie eine Fahrradstation für 1000 bis 1500 Räder vorgesehen. (rie)

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Stand: 8. August 2000