Planen und Bauen

Ausgabe Nr. 32 · 9. August 2000

Nachdenken über die Zukunft der Städte

Heidelberger Delegation bei der URBAN 21 in Berlin


Mit einem Aufruf zur nachhaltigen Stadtentwicklung endete am 6. Juli die dreitägige Weltkonferenz zur Zukunft der Städte "Urban 21" in Berlin. Mit dabei war auch eine Delegation der Stadt Heidelberg, die in der Hauptstadt Heidelberger Projekte zur nachhaltigen Stadtentwicklung präsentierte.

Wie können in der Stadt der Zukunft nachhaltige Stadtentwicklung, menschengerechtes Wohnen, Mobilität, zukunftsfähige Wirtschaftsentwicklung, moderne Infrastruktur oder kulturelle Entfaltung gesichert und gefördert werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Weltkonferenz, zu der rund 3500 Vertreter aus über 100 Ländern nach Berlin gereist waren. Eine mögliche Antwort hatte die Heidelberger Delegation um den Ersten Bürgermeister Prof. Dr. Joachim B. Schultis mit im Gepäck: In Berlin stellte sie Strategien und Maßnahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklung vor, wie sie in Heidelberg geplant und umgesetzt werden.

Zahlreiche Kongressbesucher aus aller Welt informierten sich anhand der von der Stadt Heidelberg erstellten multimedialen Präsentation über den Stadtentwicklungsplan Heidelberg 2010, in dem die Leitlinien der städtischen Politik auf dem Weg ins 21. Jahrhundert festgehalten sind, und über ExWoSt-Modellprojekte wie das Wohngebiet Wieblingen-Schollengewann, das nicht nur ökologisch vorbildlich, sondern auch familien-, alten- und behindertengerecht werden soll. Vorgestellt wurden darüber hinaus eine Vielzahl weiterer beispielhafter Projekte, mit denen die Stadt Heidelberg in den letzten Jahren wichtige Schritte hin zu einer lebenswerten Stadt gemacht hat. Karten, Fotos, Videofilme und Computersimulationen ergänzten die breiten Informationen.

Gemeinsam mit Repräsentanten aus 1000 Städten und Vertretern von Regierungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen verpflichtete sich auch Heidelberg in der "Berliner Erklärung" zur nachhaltigen Stadtentwicklung. In der Abschlusserklärung empfahlen die Vertreter aus mehr als 100 Ländern eine Reihe vordringlicher Maßnahmen, um dem unkontrollierten Städtewachstum entgegenzuwirken: danach sollen die Städte bei ihren Planungen sowohl die sozialen als auch die wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte der Entwicklung berücksichtigen.

Wörtlich heißt es in der "Berliner Erklärung": "Wenn wir die positiven Kräfte der Bildung und der nachhaltigen Entwicklung, der Globalisierung und Informationstechnologie, der Demokratie und des verantwortungsbewussten Stadtmanagements, der stärkeren Rolle der Frauen sowie der Zivilgesellschaft nutzen, dann können wir auch wirklich Städte der Schönheit, Ökologie, Wirtschaft und der sozialen Gerechtigkeit schaffen." (eu)
   
 

Urban 21-Präsentation

  Die CD-ROM mit der Heidelberger Urban 21-Präsentation, die in Berlin auf gute Resonanz der Fachwelt stieß, kann für 20 Mark beim Amt für Stadtentwicklung und Statistik, Marktplatz 10, 69117 Heidelberg, bezogen werden.

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Wohnungsmarkt: "Von der Zwiebel zur Eieruhr"

4. Heidelberger Architekturgespräch zum Thema "Wohnung: Ware und Heim"


Decken sich Wohnungsangebot und -nachfrage mit den Wohnbedürfnissen der Menschen? Wie sieht der Wohnungsmarkt im Jahre 2030 aus? Wie werden wir in Zukunft wohnen? Um diese Fragen ging es unter anderem beim "4. Heidelberger Architekturgespräch" im Café Burkardt. Architekt Patrick Lubs, einer der Initiatoren der Veranstaltungsreihe, berichtet:

Eingeladen hatten eine Gruppe hiesiger Architekten, Stadtplaner und Hausherrin Ulrike Zierl diesmal die Architektin Elke Chmella-Emrich vom Darmstädter Institut Wohnen und Umwelt (IWU) und Andreas Epple vom Immobilien- und Bauträgerunternehmens Epple & Kalkmann.

Das frühe Erkennen von gesellschaftlichen Entwicklungen sei für ihn als Bauträger wichtig, so Epple. Betrachte man beispielsweise das Soziogramm der Wohnungskäufer, so würde sich dies momentan "von der Zwiebel zur Eieruhr" wandeln. Während es immer mehr Käufer für teure und kostengünstige Wohnungen gäbe, würde das mittlere Preissegment für die einen uninteressant, für die anderen zu teuer. Auch der demographische Wandel sei für die Wohnungswirtschaft von großer Bedeutung. Prognosen gingen davon aus, dass die Bevölkerungszahl bei uns in den kommenden Jahren konstant bleibt oder sogar sinkt, bei steigendem Anteil der über 60-jährigen.

"Weil wir die Zukunft nicht kennen, müssen wir Gebäude bauen, die Zukunft aushalten", erläuterte Chmella-Emrich, die am IWU in einem interdisziplinärem Team Grundlagenforschung zum Thema Wohnen betreibt. Die Tendenz gehe zu Häusern, die durch ihre variable Bauweise unterschiedliche Nutzungen zulassen. Die Pluralisierung der Lebensformen erfordere eine größere Flexibilität der Wohnungsgrundrisse. Die "Standardsituation" Ehepaar mit ein bis zwei Kindern würde nicht Standard bleiben, vielmehr bildeten sich Haushalte in verschiedensten Konstellationen. Alleinstehende, Alleinerziehende, Wohngemeinschaften, Seniorenwohngruppen usw. sind mögliche Konstellationen, denen eine Wohnung heute gerecht werden müsse.

Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IUK) sei ein weiterer Aspekt, so Chmella-Emrich, der die Wohnung von morgen prägen wird, denn sie erschließe ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel im Bereich des Gebäudemanagements, des seniorengerechten Bauens oder im Bereich "Wohnen und Arbeiten". Mit IUK werde die Verlagerung von Arbeitsplätzen in das private Umfeld möglich, die Grenze zwischen Arbeitswelt und Wohnen zunehmend aufgelöst. Deshalb sei es wichtig, dass Häuser in Zukunft beiden Nutzungen gerecht würden.

Mit dem Projekt "Alte Stadtgärtnerei" in Heidelberg sei das Konzept des flexiblen Wohnens mit Nutzerbeteiligung schon realisiert, so Architekt Horst Walther. Die Leerstände würden jedoch deutlich machen, wie schwierig die Vermarktung auch solch anspruchsvoller Objekte sei, wenn die Lage ungünstig ist.

Immobilien in der City zu vermarkten, sei keine Kunst, betonte Stadtplaner Roland Jerusalem, doch in neu zu entwickelnden Wohngebieten wie dem Schollengewann sei die städtebauliche Konzeption und das Wohnumfeld von entscheidender Bedeutung.

Im Hinblick auf die Entwicklungen, die in Heidelberg anstehen (Stichwort: Bahninsel, Burelli-Plan, Poststraße usw.), zeigte die Diskussion, dass bei dem gesellschaftlichen und technologischem Wandel, der uns erfasst hat, gängige Konzepte für Städtebau und Wohnen ständig überprüft, aufgefrischt und gegebenenfalls auch über Bord geworfen werden müssen.

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Stand: 8. August 2000