Thema der Woche

Ausgabe Nr. 31 · 4. August 1999

Neuwahl für die nächsten fünf Jahre am 24. Oktober

10 Jahre Ausländerrat



Der Heidelberger Ausländerrat kann in diesem Jahr auf sein zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Im März 1989 hat der Gemeinderat die Einrichtung des Ausländerrates beschlossen. In diesem Jahr steht eine Neuwahl des Gremiums an, die am 24. Oktober zusammen mit der Kommunalwahl stattfinden wird.


Der Ausländerrat ist die Vertretung der rund 20.000 Heidelberger/innen ohne deutschen Pass. In der Präambel der Satzung heißt es: "Die Stadt Heidelberg will durch die Bildung des Ausländerrates ein gleichberechtigtes Zusammenleben zwischen ausländischen und deutschen Einwohnern fördern und die aktive Teilnahme der Ausländer am kommunalen Geschehen anregen." Der Ausländerrat setzt sich aus 17 ausländischen Vertretern und sechs Gemeinderäten zusammen. Die ausländischen Mitglieder werden direkt von den wahlberechtigten ausländischen Einwohnern der Stadt Heidelberg gewählt, die deutschen Mitglieder werden von den Fraktionen bestimmt.


Politik, Kultur, Soziales
Der Ausländerrat berät den Gemeinderat in Fragen, die die Ausländerinnen und Ausländer in Heidelberg betreffen. Er unterstützt alle demokratischen ausländischen und deutsch-ausländischen Vereinigungen in Heidelberg. Um seine Ziele effektiv umsetzen zu können, hat er fünf Kommissionen für folgende Arbeitsbereiche gebildet: Öffentlichkeitsarbeit; Frauen; Kinder, Jugendliche und Studierende; Flüchtlinge; soziale Fragen und Gesundheit.

Auf dem Gebiet der Ausländerpolitik bemüht sich der Ausländerrat um die Durchsetzung politischer, sozialer und juristischer Gleichberechtigung. Er bereitet Empfehlungen zur kommunalen Ausländerpolitik für den Gemeinderat vor. Er will die Integration erleichtern und Fremdenfeindlichkeit verhindern. Ein Schwerpunkt liegt im kulturellen Bereich. So finden jährlich Interkulturelle Festtage mit einer Vielzahl von Veranstaltungen statt. Auch auf dem Gebiet der Beratung ist der Ausländerrat aktiv. Er bietet konkrete Hilfen an und vermittelt zwischen Ratsuchenden und Behörden.


Wahl am 24. Oktober
Am 24. Oktober wählen die ausländischen Bürgerinnen und Bürger Heidelbergs nach 1990 und 1994 zum dritten Mal in freien, geheimen Wahlen ihre Vertreter in den Ausländerrat. Die Ausländerratswahl findet am selben Tag statt, an dem die Kommunalwahlen durchgeführt werden. Ausländer/innen aus Staaten der Europäischen Union sind bei beiden Wahlen wahlberechtigt, andere Ausländer/innen nur bei der Wahl zum Ausländerrat, wobei weitere Voraussetzungen zu berücksichtigen sind.


Wer Interesse hat, für den Ausländerrat zu kandidieren, kann sich an die Wahldienststelle beim Bürgeramt Mitte in der Bergheimer Straße 69 wenden. Dort gibt es die erforderlichen Formulare sowie weitere Informationen. Wichtig: Wahlvorschläge können bis zu 17 Bewerber enthalten. Jeder Wahlvorschlag braucht mindestens 50 Unterschriften von wahlberechtigten Personen als "Unterstützungsunterschriften". Letzter Termin für die Einreichung von Wahlvorschlägen ist der 9. September 1999, 12 Uhr. Was sonst noch alles zu beachten ist, steht in der Öffentlichen Bekanntmachung zur Ausländerratswahl im STADTBLATT vom 14. Juli 1999.
 
 

Infos & Beratung

  Ausländerrat der Stadt Heidelberg
Hans-Böckler-Straße 3, 69117 Heidelberg, Telefon 58-4016, Telefax 58-4017
Öffnungszeiten: montags bis freitags 9 - 13 Uhr
Vorsitzender: Memet Kiliç
1. stellvertretender Vorsitzender: Prof. Dr. Bernard-M. Mechler
2. stellvertretende Vorsitzende: Yeo-Kyu Kang
Geschäftsführer: Herbert Braun
Büro des Ausländerrates: Susanne Fiek
Sprechstunden des Vorsitzenden: nach Vereinbarung

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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



Der Vorsitzende des Ausländerrates Memet Kiliç. (Foto: Rothe)
"Auch EU-Ausländer haben ihren Status als Ausländer in Deutschland nicht verloren"

Gemeinsam kandidieren

Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des Heidelberger Ausländerrates und der bevorstehenden Neuwahlen im Oktober sprach STADTBLATT-Mitarbeiter Dr. Bert-Olaf Rieck mit dem Ausländerratsvorsitzenden Memet Kiliç. Der türkische Rechtsanwalt steht dem Gremium seit 1995 vor.

STADTBLATT: Welche Aufgaben hat der Ausländerrat?

Kiliç: Der Ausländerrat ist ein kommunales Gremium, das von der ausländischen Bevölkerung direkt gewählt wird. Unsere satzungsgemäße Aufgabe besteht darin, den Gemeinderat in Fragen zu beraten, die die ausländische Bevölkerung betreffen. Wir wurden mit großer Mehrheit in drei Ausschüsse des Gemeinderates gewählt, den Sozialausschuss, den Jugendhilfeausschuss und den Sportausschuss. Ferner vertreten wir die Interessen der Heidelberger/innen ohne deutschen Pass. Eine Besonderheit des Heidelberger Ausländerrates im Vergleich mit den Ausländerbeiräten in anderen Städten besteht darin, dass wir ein Gremium sind, das sich als sehr politisch versteht.

STADTBLATT: In diesem Jahr stehen zum dritten Mal Wahlen zum Ausländerrat an. Wer kann im Ausländerrat mitwirken?

Kiliç: Kandidieren kann jeder wahlberechtigte Ausländer, der am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Jahren ununterbrochen und legal in Deutschland lebt und seit mindestens drei Monaten hier seinen Hauptwohnsitz hat. Wählen dürfen alle, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in Heidelberg ihren Hauptwohnsitz haben.

STADTBLATT: Wenn jemand kandidieren möchte, was ist konkret zu tun?

Kiliç: Er oder sie wendet sich an das Bürgeramt und besorgt sich die nötigen Unterlagen. Dort gibt es ein Formblatt für die Kandidatur. Eine Liste kann höchstens 17 Kandidaten umfassen, aber man kann auch allein kandidieren. Mindestens 50 Wahlberechtigte müssen als "Unterstützer" für den Kandidaten unterschreiben Damit möchte man Jux-Kandidaturen verhindern.

STADTBLATT: Das ist eine relativ hoch gesetzte Hürde. Es werden also eher Parteien antreten?

Kiliç: Nein, Parteien kaum. Bis jetzt gab es das nicht. Ebenso wenig rein nationale Listen, die außer bei den Türken bisher keine Chancen hatten. Interkulturelle Listen haben in der Regel bessere Aussichten. Deshalb kann ich nur empfehlen, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft sich zusammenschließen und gemeinsame Listen bilden. Das hat mehr Chancen. Oder eben, dass sehr bekannte Einzelpersonen kandidieren.

STADTBLATT: Die interkulturellen Listen sind nicht parteigebunden?

Kiliç: Die Parteipolitik hat kaum eine Rolle gespielt, und das war auch, denke ich, eine glückliche Situation. Die Leute, die auf einer Liste kandidierten, hatten unterschiedliche Interessen und Gedanken. Aber sie kandidieren gemeinsam, weil sie denken, diese Liste hat gewisse Ziele, die für alle Ausländer gut sind, die in Heidelberg leben. Das finde ich auch vernünftig. Die Erfahrung zeigt, dass diese Listenbildung irgendwann nach der Wahl verschwindet. Die Leute schließen sich im Ausländerrat neu zusammen.

STADTBLATT: EU-Bürger nehmen jetzt auch an den Kommunalwahlen teil. Wird das Interesse an der Ausländerratswahl dadurch schwinden?

Kiliç: In anderen Städten ist die Wahlbeteiligung drastisch zurückgegangen, nachdem die EU-Bürger/innen das Kommunalwahlrecht erhalten haben. Das möchten wir in Heidelberg unbedingt verhindern. Deshalb bitte ich um eine große Wahlbeteiligung, damit wir zeigen können, dass die ausländische Bevölkerung ihre Wahlrechtsmöglichkeiten wahrnimmt. Mit dem Erhalt des Kommunalwahlrechts haben EU-Ausländer ihren Status als Ausländer in Deutschland nicht verloren. Für sie gilt immer noch das Ausländergesetz. Viele Anliegen sind immer noch gleich geblieben, zum Beispiel das Arbeitsrecht oder der Deutschunterricht für Kinder, davon sind auch Italiener, Griechen und Spanier betroffen, obwohl sie EU-Bürger sind. Deshalb ist es auch im Interesse von EU-Bürgern, dass wir hier für die Zukunft eine starke Interessenvertretung für alle Ausländer bekommen, damit wir unsere Projekte vorantreiben können. Es werden auch viele EU-Bürger kandidieren.
  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 3. August 1999