Kultur

Ausgabe Nr. 28 · 12. Juli 2000



"Straße VII" ist siebter Teil einer Straßenszene, die - typisch für Stelzmann - die Menschen beziehungslos vor dunklem Hintergrund zeigt, der ebenso gut innerhalb eines Raumes wie außerhalb sein könnte.

Menschen - beziehungslos?

Volker Stelzmann im Kurpfälzischen Museum

In den letzten Jahren ist Volker Stelzmann mit seinem Werk häufig in den Medien vertreten. Positive Resonanz fand insbesondere seine jüngste Ausstellung im Museum für Bildende Kunst in Leipzig. Jetzt sind Gemälde und Zeichnungen Stelzmanns in neuer Zusammenstellung - ausschließlich Arbeiten ab den 90er Jahren - im Kurpfälzischen Museum unter dem Titel "Versuchsanordnungen" zu sehen.


Hier solle nicht in Konkurrenz zum Heidelberger Kunstverein getreten werden, der zur Zeit mit Emil Schumacher einen Vertreter des abstrakten Expressionismus präsentiert, so Bürgermeister Dr. Jürgen Beß bei der Eröffnung, sondern in sinnvoller Ergänzung dem kritischen Realismus Raum gegeben werden. "Das Museum hat damit einen Weg in die Moderne beschritten", so Beß.

Gegenstand von Volker Stelzmanns Arbeiten sind Menschen, speziell Großstadtmenschen, die ihm täglich in den Straßen begegnen. Folglich finden sich in seinen Gemälden zahlreiche Straßenszenen, und prinzipiell keine Landschaften oder Stilleben. Weitere Schauplätze könnten Varietés oder Nachtlokale sein, wo Androgyne, Zwerge und andere von der Norm abweichende Menschen anzutreffen sind.

Er bevorzugt schmale hohe Bildformate und zeigt Menschen im bewusst verknappten Raum, die ziellos treiben, stürzen, taumeln, sich gegenseitig behindern oder zu Fall bringen. Auffallend die oft krampfhafte Haltung der Hände, vielfach mit erotischem Bezug. In der dunklen bis grauen Szenerie überrascht das bunte Schuhwerk der weiblichen Personen. Das stumme Gemenge der grotesken Gestalten scheint lautlos und lärmend zugleich.

Volker Stelzmann wurde 1940 in Dresden geboren. Er absolvierte zunächst eine handwerkliche Ausbildung als Feinmechaniker, bevor er von 1963 bis 1968 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studierte und anschließend freischaffend tätig war. 1983 erhielt er den Nationalpreis der DDR für Kunst und Literatur. Anlässlich einer Retrospektive seines damaligen Werkes blieb er 1986 in West-Deutschland und nahm zunächst eine Gastprofessur an der Städelschule in Frankfurt/Main an. Seit 1988 ist er Professor an der Hochschule der Künste in Berlin.

Als sozialistische oder politische Kunst werden seine Arbeiten nicht bezeichnet. Vielmehr greift er christliche Motive und Themen wie die Auferstehung und die Kreuzigung auf und gibt Alltagssituationen quasi biblische Dimensionen. In Gestalt von zwei- und dreiteiligen Flügelaltären nehmen zahlreiche seiner Arbeiten christliche Formen auf. Stelzmann fühlt sich den Altmeistern der deutschen Spätgotik und dem italienischen Manierismus verpflichtet, dessen Merkmale die gestreckten Proportionen der Figuren und ihre unklare Beziehung zum Raum sind: Ein Stil, mit dem Stelzmann die Beziehungslosigkeit von Großstadtmenschen zur Diskussion stellt. (doh)
   
 

Öffnungszeiten

  Die "Versuchsanordnungen" von Volker Stelzmann sind bis zum 27. August im Kurpfälzischen Museum, Hauptstraße 97, zu sehen: täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr und mittwochs von 10 bis 21 Uhr.

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Stand: 11. Juli 2000