Thema der Woche

Ausgabe Nr. 25 · 23. Juni 1999



Zoodirektor Dr. Klaus Wünnemann auf der Baustelle für den Yellowstone Waldsee, der zu Saisonbeginn im nächsten Jahr fertig gestellt sein soll. (Foto: Rothe)
Umbau zu einer auch in der Zukunft akzeptierten und beliebten Kultureinrichtung mit hohem Erlebniswert hat begonnen

Der Tiergarten wird Themenzoo

Im Heidelberger Tiergarten tut sich einiges. Gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern will der neue Tiergartendirektor Dr. Klaus Wünnemann den Zoo für die Zukunft rüsten und auf dem 12 Hektar großen Gelände den Besuchern mehr bieten.

Der Tiergarten soll als Themenzoo in fünf bis sechs Themengebiete gegliedert werden", erklärt Dr. Klaus Wünnemann. Die einzelnen Gebiete erzählen in sich abgeschlossene Geschichten und enthalten eine Aufforderung zur aktiven Teilnahme am Arten-, Natur- und Umweltschutz. Die fünf Themen sind: Naturtourismus, Leben vor der Haustür, Lebensraum Wasser, der Stammbaum des Menschen und Tierhaltung - eine Geschichte von Tier und Mensch (siehe unten).

Diese Neuorientierung erfolgt in einem längeren Zeitraum. Man müsse schon zehn Jahre warten, um die Themengebiete erkennen zu können, meint Dr. Wünnemann. Schon heute arbeitet eine Baufirma am Yellowstone Waldsee hinter dem Küstenpanorama. Beide gehören zum Themengebiet "Naturtourismus". Diese Zuordnung macht deutlich, dass der Tiergarten nicht völlig umgekrempelt wird, sondern die vorhandenen Anlagen erhalten bleiben, zum Tel modernisiert und in das neue Gesamtkonzept integriert werden. Parallel will Dr. Wünnemann den Service für die Besucher verbessern: ein Wickelraum soll eingerichtet, die Beschilderung erneuert, ein Zooshop eröffnet werden.

Neben der langfristigen Aufwertung zum Themenzoo will der Zoodirektor in der nächsten Zeit einige Schwachpunkte beseitigen. Der Innen- und Außenbereich des Menschenaffenhauses soll umgestaltet werden, um den Tieren mehr Platz und den Besuchern mehr Sicherheit zu bieten. Die Außenanlage für die Elefanten braucht dringend eine optische Aufwertung. Außerdem ist den Dickhäutern der Zugang zum Badebecken zu steil, so dass die beiden sich nur selten zur Abkühlung in die Tiefe wagen. Auch bei den Seehunden ist es zu eng und eine Erweiterung notwendig. Schließlich soll das alte Affenhaus umgebaut werden. Die Haltung der Tiere dort sei in Ordnung, aber das Haus ist "optisch eine Schandfleck", so Dr. Wünnemann.

"Mit den Themengebieten lassen sich Problembereiche erkennen und die Besucher können erfahren, was sie selbst zur Erhaltung von Natur und Naturschutzgebieten beitragen können": Dr. Wünnemann will mit dem Themenzoo zum Nachdenken über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier anregen.

Und noch etwas liegt ihm sehr am Herzen: Dass die traditionell gute Verbindung der Heidelberger Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Zoo erhalten bleibt und die Freizeiteinrichtung als fester Bestandteil der Region betrachtet wird. (neu)

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Die fünf Themenbereiche des Tiergartens

Naturtourismus

  Millionen Menschen wählen ihr Reiseziel wegen der natürlichen Reize einer Landschaft. Welchen Einfluss hat der Tourismus auf die Natur? Das Thema beginnt mit dem Küstenpanorama. Am Rande ist eine kleine Ausstellung des Zivilisationsmülls den die Touristen am Strand zurücklassen. Die Schautafeln geben Aufschluss darüber, wie notwendig geschützte Strandabschnitte für die Vogelwelt sind und welche Gefahren der Strandtourismus beinhaltet und wie nützlich ein Fernglas im Urlaub sein kann.

An der Stelle des jetzigen Bodensees beginnt der Bereich der Nationalparks Nordamerikas mit dem Waldsee, der über einen Holzsteg erschlossen wird. Danach folgt ein Aussichtspunkt in Form einer Kanzel, der Einblick in die Afrika-Anlage gewährt. Durch die umgestaltete Fasanerie führt der Weg zum neuen Elefantenhaus. In der Nähe wird das Land Indien vorgestellt und das Problem des Bevölkerungsdrucks auf die dortigen Nationalparks.

Der Weg führt weiter zum Themenbereich
 

Leben vor unserer Haustür

  Hier sind es vor allem die kleineren Lebewesen in unserer Umgebung, die auch ihr Publikum finden sollen: Wildbienen und ein Bienenstand, den ein Imker betreibt, Kolkraben, einheimische Eulen und Singvögel, die verletzt oder verlassen aufgefunden wurden, leben hier. Mit einer Lupenkamera kann man das Treiben im Ameisenhaufen besichtigen, Schmetterlinge fliegen über einen kleinen blühenden Obstgarten. Eine Scheune dient als Informationszentrale für umweltgerechte Gartengestaltung und als Unterkunft für Fledermäuse. Der Besucher schaut von hier über den Flamingosee.

Hoch oben in den Bäumen nisten Graureiher, deren Nachwuchs man über eine ferngesteuerte Kamera beobachten kann. Unten wohnt die Wildkatze einmal ganz friedlich neben dem Wildkaninchen. Ein begehbares Freilandterrarium bietet Begegnungsmöglichkeiten mit heimischen Reptilien und Amphibien. Ein kleiner Spielplatz rundet das Angebot ab.

Und weiter geht es zum Themenbereich
 

Lebensraum Wasser

  Hinter dem Raubtierhaus, dessen Gehege vergrößert werden, läuft der Besucher unter einem kleinen Wasserfall hindurch, überquert einen Wildbach und geht hinab unter Erdbodenniveau. Dort kann man Frösche und Wasserinsekten in Augenhöhe beobachten. Einen zweiten Teichabschnitt bewohnen Enten und andere Wasservögel. Dicke Karpfen ziehen in einem Aquarium ihre Kreise, über ihnen nisten europäische Seeadler. Nach einer Kurve führt der Weg weiter zu den Robbenanlagen und den Seehunden, die elegant durch das Wasser gleiten.

Danach entlässt ein Kanalrohr dreckige Brühe in einen Teich, die nach Durchfließen einer Schilfkläranlage wieder sauber in das Becken der Otter gelangt. Beispiele für wassersparende Technologien und verantwortungsbewusstem Umgang mit Trink- und Regenwasser runden den Themenbereich ab. Ein Wasserspielplatz lädt zum Erfrischen ein und in einem Wasserladen gibt es neben Mineralwasser zum Trinken Artikel rund um das Thema.

Dann kommt der Besucher zum Themenbereich
 

Der Stammbaum des Menschen

  Wo heute die Kamelanlage ist, beginnt der Einstieg in das Thema. Frei laufende Krallenaffen turnen durch das Geäst, am Wege sonnen sich Halbaffen, Gibbons hangeln sich durch die oberen Regionen. Kurz danach präsentiert sich die Gorilla-Freianlage. Der Besucher ist in der stammesgeschichtlichen Nähe des Menschen angekommen. Hier kann man seine Hand in die riesige nachgebildete Pranke eines Gorillamännchens legen oder die eigene Schulterbreite mit der des großen Menschenaffen vergleichen.

Der Weg führt weiter zu den Schimpansen und Orang-Utans. Ihnen gegenüber können Kinder klettern und ihre Fähigkeiten mit denen der Menschenaffen messen. Im tropischen Menschenaffenhaus weist eine verkohlter Baumstamm auf die Gefahren für den Regenwald hin. Eine kleine Ausstellung zeigt die Vorfahren der Menschen bis zum Cro Magnon Menschen. Hier findet sich auch das Spitzhörnchen, das heute noch so aussieht wie die ersten Säugetiere, die die Welt bevölkerten.

Der Weg steigt von hier aus an zum Themenbereich
 

Tierhaltung ó eine Geschichte von Mensch und Tier

  Dominierendes Bauwerk ist ein Bauernhof im mediterranem Stil. Camarquerinder und Esel weiden hier, Hühner kratzen nach Futter, Ziegen und Schweine scheinen aus dem Stall ausgebrochen zu sein und machen den Gemüsegarten unsicher. Die Geschichte der Zähmung der Tiere und ihrer Entwicklung zum Haustier wird anhand von Tauben und Meerschweinchen deutlich gemacht.

Hier können Eltern Rast machen, Kaffee trinken und ihren Kindern auf dem Spielplatz zuschauen. Nach Verlassen des Hofes kommt das als "Forschungsstation" dienende alte Affenhaus. Skorpione und Schlangen leben hier und es wird erklärt, wie aus ihrem Gift Medikamente gemacht werden. Weiter führt der Weg zu Haustieren fremder Länder und zur alten Bärengrube, die die Entstehung und Entwicklung der Zoos erlebbar macht. Schließlich kommt man zur Tränke der Afrika-Anlage, wo man einen Überblick über weite Teile des Zoos hat.

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Stand: 22. Juni 1999