Kultur

Ausgabe Nr. 25 · 20. Juni 2001





Von Augustus bis Attila

Archäologische Fundstücke dokumentieren das Leben am ungarischen Donaulimes

Eine Auswahl an hochrangigen hunnischen, römischen und germanischen Objekten, die auf ungarischem Boden gefunden wurden, sind derzeit im Kurpfälzischen Museum zu sehen. Im Mittelpunkt der Ausstellung: die kleine Büste eines germanischen Kriegers, mit dem typischen Haarknoten der frühen Neckar-Schwaben.


Nach mehr als hundert Jahren archäologischer Forschung, fast genau zweitausend Jahre nach der römischern Eroberung der Provinz und zum tausendjährigen Jubiläum des ungarischen Staates präsentiert eine Ausstellung zum ersten Mal Ungarns römische Vergangenheit. Mehr als 280 einmalige Exponate erschließen dem Besucher ein facettenreiches und faszinierendes Bild vom Aufstieg und Niedergang des Römischen Weltreiches im Spiegel einer seiner bedeutendsten Provinzen. Einzelne Stationen wie die Errichtung der militärischen Anlagen, der Ausbau der Grenzbefestigungen und der Infrastruktur sowie die Entwicklung der großen Städte werden besonders beleuchtet.

Im Mittelpunkt der Präsentation steht neben dem herausragenden Bereich des Militärs das römische Leben in Stadt und Land. Hochspezialisiertes Kunsthandwerk, darunter besonders die vielen Meisterwerke aus Metall, die Architektur und Baukunst, aber auch Luxusgüter, den oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten, bestimmen das Bild der Ausstellung. Von überragender Bedeutung sind Teile römischer Musikinstrumente, die mit Hilfe von Rekonstruktionen und Toninstallationen wieder zum Klingen gebracht werden können.

Etwa 500 Jahre war das Gebiet des heutigen Ungarn, das antike Pannonien, Teil des Römischen Reiches. Unter Kaiser Augustus eingegliedert, wurde das Land bis zu seinem Niedergang im fünften Jahrhundert nach Christus zu einer der politisch bedeutendsten Provinzen. Hier lag nicht nur eine oftmals hart umkämpfte Außengrenze des Imperiums, sondern auch die Kulturgrenze zwischen Römern und den aus römischer Sicht barbarischen Steppenvölkern. Durch die Zugehörigkeit zum römischen Reich wurden einheimische Elemente im Laufe der Jahre zurückgedrängt, andererseits erhielten die Menschen Zugang zu allen kulturellen Errungenschaften eines Weltreiches. Zahlreiche römische Kaiser verbrachten lange Jahre an der Donau oder stammten sogar von dort und verhalfen der Provinz zu großem Reichtum.

Die Ausstellung ist ein Projekt des Ungarischen Nationalmuseums Budapest in Zusammenarbeit mit dem Aquincum-Museum der Stadt Budapest, dem Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg, dem Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg und dem Württembergischen Landesmuseum Stuttgart.
 

Die Sonderausstellung ...

... "Von Augustus bis Attila" ist im Kurpfälzisches Museum, Hauptstraße 97 noch bis zum 26. August zu sehen: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, Mittwoch von 10 bis 21 Uhr.
 
 

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Stefan Tontic
(Foto: Ludwig)

Erinnerungen an Sarajevo

Stevan Tontic erhält den Preis "Literatur im Exil 2001"


Alle drei Jahre verleiht die Stadt Heidelberg den Preis "Literatur im Exil". Die mit 30.000 Mark dotierte Auszeichnung geht im Jahr 2001 an den bosnischen Schriftsteller Stevan Tontic. Die Stadt Heidelberg würdigt damit das herausragende literarische Werk des im Berliner Exil lebenden Schriftstellers. Oberbürgermeisterin Beate Weber wird den Preis am 21. Juni übergeben.

Stevan Tontic gilt als einer der bedeutendsten Lyriker des ehemaligen Jugoslawien. Er wurde 1946 in Sanski Most, Bosnien, geboren. Tontic studierte Philosophie und Soziologie und arbeitete als Verlagslektor in Sarajevo. Er veröffentlichte mehrere Lyrikbände, einen Roman sowie Essays und Übersetzungen deutscher Literatur wie "Kein Ort, Nirgends" von Christa Wolf. Bekannt wurde er vor allem durch seine Lyrikbände, von denen "Handschrift aus Sarajevo" und "Sonntag in Berlin" ins Deutsche übersetzt wurden.

Tontic erhält den Preis für "für seine eindringliche und klarsichtige literarische Auseinandersetzung mit den Schrecken des Krieges sowie der Situation des Exils", so die Begründung der Jury. Es sei ihm gelungen mit seinen Texten die Lebenssituation in Sarajevo für die Menschen in Deutschland ebenso begreifbar zu machen, wie die des Exils in Berlin.

Der 55-Jährige erhielt Literaturpreise der Stadt Mostar (1985), der Stadt Sarajevo (1987), den Zmaj-Preis (Novi Sad, 1994) und den Horst-Bienek-Förderpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (München, 2000). Er ist Herausgeber umfangreicher Anthologien wie "Neuere Dichtung aus Bosnien und Herzegowina" (Sarajevo 1990) mit Gedichten von bosnisch-muslimischen, kroatischen und serbischen Autoren und "Moderne serbische Dichtung" (Sarajevo 1991). Tontic ist Mitglied des PEN.

Seit 1993 lebt und schreibt Tontic im Berliner Exil, getrennt von seiner Familie, die bis vor kurzem als Flüchtlinge in Belgrad lebten. Bis zuletzt hatte sich Tontic für die Versöhnung und gegen den Krieg im ehemaligen Jugoslawien eingesetzt. Weil er sich von keiner Partei vereinnahmen ließ, wurde er von der Presse als Verräter diffamiert. Nach einem Jahr im belagerten Sarajevo floh er, um sich selbst, seine Freunde und seine Poesie nicht zu verraten.

Der Preis "Literatur im Exil" wird seit 1992 im Abstand von drei Jahren vergeben. Preisträger sind Hilde Domin (1992), der iranische Schriftsteller SAID (1995/96) sowie der russische Autor Boris Chasanow und dessen Übersetzerin Annelore Nitschke (1998). Der Jury gehörten die Münchner Literaturwissenschaftlerin Dr. Irmgard Ackermann, der Publizist Dr. Karl Corino aus Bad Vilbel, die Heidelberger Lyrikerin Hilde Domin, die Heidelberger Schriftstellerin Dr. Christa Dericum und der Tübinger Verleger Dr. Volker Katzmann an.
   
  Stevan Tontic liest ...
  ... am Freitag, 22. Juni, um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei, Poststraße 15, aus seinem Gedichtband "Handschrift aus Sarajevo" und aus seiner Erzählung "Sonntag in Berlin", in der er seine Exilsituation wandernd durch Berlin - mit Erinnerungen an Sarajevo verknüpfend - reflektiert. Der Eintritt ist frei.

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Stand: 19. Juni 2001