Planen und Bauen

Ausgabe Nr. 24 · 16. Juni 1999



Das "Bunsen" ohne Barrieren. OB Beate Weber durchschneidet das Band vor dem neuen Aufzug. Schülerin Nora Borrusch kommt jetzt ganz leicht in ihr Klassenzimmer. In der Mitte Schuldirektor Eberhard Gast. (Foto: Rothe)
Rollstuhlgerechter Umbau mit Aufzug und vier Rampen

Bunsen-Gymnasium barrierefrei

Beim Neubau von Schulen ist Barrierefreiheit heute eine Selbstverständlichkeit. Aber auch die Altbauten werden nach und nach so umgestaltet, dass sie rollstuhlgerecht sind. Zunächst soll pro Schultyp eine Schule barrierefrei werden.

Diesem Ziel ist die Stadt Heidelberg ein Stück näher gekommen. Mit dem Anbau eines Aufzuges und dem Einbau von vier Rampen zur Verbindung unterschiedlicher Ebenen innerhalb des Gebäudes ist das Bunsen-Gymnasium in Neuenheim jetzt barrierefrei erschlossen worden. Der Umbau mit Kosten von 590.000 Mark wurde durch Oberbürgermeisterin Beate Weber in einer kleinen Feierstunde auf dem Schulhof eingeweiht. Für den heiteren musikalischen Rahmen sorgte eine Jazz-Formation begabter Nachwuchsmusiker der Schule.

In Anwesenheit zahlreicher Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, mehrerer Gemeinderatsmitglieder, des Architekten sowie von Vertretern der Baufirmen und der Stadtverwaltung durchschnitt Beate Weber ein rot-weißes Band und gab damit symbolisch den Weg frei für die Schülerin Nora Borrusch, die ihr Klassenzimmer und alle Fachräume künftig ganz ohne Hilfe von Mitschülerinnen oder Mitschülern erreichen kann.

"Die Geschichte dieses Aufzugs ist ein Lehrstück, wie ein Bürgerwunsch durch Beharrlichkeit immer mehr Unterstützung gewonnen hat", erinnerte Eberhard Gast, Direktor des Bunsen-Gymnasiums, in der Begrüßungsansprache an die mehrjährigen Bemühungen insbesondere des Elternbeirats und einer Elterninitiative um die barrierefreie Umgestaltung, seit Nora die Schule besucht. Gast dankte der Oberbürgermeisterin und dem Gemeinderat, dass es gelang, durch Umschichtung von Mitteln im Haushalt das Geld für die Umbaumaßnahme bereitzustellen.

"Das Problem ist", betonte Oberbürgermeisterin Beate Weber, "dass unser Land sehr spät erst die Integration Behinderter im Gesetz abgesichert hat." Erst seit der Landesbauordnung von 1996 müssen öffentliche Gebäude barrierefrei errichtet werden. "Die rechtliche Vorschrift ist so spät gekommen, dass viele unserer öffentlichen Gebäude noch nicht behindertengerecht sind." Auch fehle bisher die Verpflichtung zur Nachrüstung bestehender Gebäude. Aber der Heidelberger Gemeinderat stehe dem Problem sensibler gegenüber als andernorts. Heidelberg wolle zunächst eine Schule von jedem Typ behindertengerecht gestalten. Beate Weber warb um Verständnis dafür, dass es aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, alle Schulen gleichzeitig entsprechend auszurüsten. Den Eltern dankte sie, dass sie "nachdrücklich, aber gerecht" die Maßnahme eingefordert hätten.

Der Elternbeiratsvorsitzende Prof. Dr. Karl Ludwig Holtz sah den Weg von der Idee bis zur Realisierung als ein Stück gemeinsamen Lernprozesses. "Es ist normal, verschieden zu sein", so Holtz, "möge der Fahrstuhl als Symbol dastehen, dass Verschiedenheit als Normalität gesehen wird." Für den Architekten Gustav Kramer ebenso wie für die meisten der sechzehn beteiligten Baufirmen war das Projekt eine Aufgabe außerhalb des Üblichen und insofern eine Herausforderung. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: eine nicht nur funktional, sondern auch architektonisch gelungene Ergänzung des Gebäudes. (rie)

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Richtfest in der Pfaffengasse 11/1

Altstadt-Kleinod

Kein Großprojekt, sondern ein "feines Kleinod in der Altstadt" ist es, das in der Pfaffengasse seiner Vollendung entgegensieht und jüngst Richtfest feierte.

Eine neue Adresse ist in der Altstadt entstanden, die Pfaffengasse 11/1. Bisher gehörte das Grundstück, wie Gunter Heller, Geschäftsführer der stadteigenen Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH) erläuterte, zur Haspelgasse 12. Es wurde geteilt und zur anderen Seite erschlossen, um dort zwei Niedrigenergiehäuser mit sieben Wohnungen von zusammen 404 Quadratmetern Wohnfläche zu bauen. Unproblematisch war das Projekt nicht: Fast ein Dutzend Entwürfe wurden in den Gremien beraten, ehe die jetzt gebaute Variante mehrheitsfähig war. Vor allem ein auf dem Grundstück befindlicher Baum bescherte der Bauherrin GGH "beträchtlichen Aufwand", so Heller.

Oberbürgermeisterin Beate Weber zeigte sich sichtlich erfreut über das, was aus der Planung entstanden ist: "Altstadtbau ist immer etwas besonderes und es kommt immer etwas besonders Schönes dabei heraus." Sie dankte allen am Projekt Beteiligten und äußerte die Hoffnung, "dass die Menschen sich freuen werden, hier in der Altstadt sein." Besonderen Wert lege die Stadt beim Bauen auf die soziale Komponente. Trotz exclusiver Lage liegen die Mieten nur bei neun bis dreizehn Mark pro Quadratmeter.

Erster Bürgermeister Prof. Dr. Joachim B. Schultis betonte namens des GGH-Aufsichtsrates die Bedeutung des Wohnens in der Innenstadt: "Was früher selbstverständlich war, die Nutzungsmischung, wird in den Altstädten wieder gelebt ñ und wenn unsere Innenstädte lebendig sind, funktionieren unsere Städte." Für Architekt Bert Burger stand der städtebauliche Gedanke im Vordergrund, das historisch wertvolle Haus Cajeth aus dem Jahre 1735 als Palais wieder sichtbar zu machen. Dafür wurde der nördliche Seitenflügel um ein Stockwerk reduziert, so daß nun die beiden Seitenflügel, wie auf einem Stich von Walpergen aus dem Jahre 1763, wieder gleich hoch erscheinen. Zum Abschluss trug Zimmermann Rolf Daut aus luftiger Höhe den Richtspruch vor: "Nun Glas zersplittere im Grund, geweiht sei das Haus zur Stund!". (rie)

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Stand: 15. Juni 1999