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Ausgabe Nr. 24 · 13. Juni 2001 |
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Ulla Berkéwicz (Foto: Suhrkamp Verlag) |
Mitten aus dem Leben |
Vom 19. Juni bis 6. Juli - Poetik-Dozentur 2001 mit Ulla Berkéwicz Mit Ulla Berkéwicz konnte eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten der deutschsprachigen Literaturlandschaft für die 9. Poetik-Dozentur gewonnen werden. "Sie gehört zu den sprachmächtigsten Autoren der Gegenwart", urteilte Radio Bremen. Das Publikum kann sich auf ein spannendes musikalisch-literarisches Programm freuen. Bereits die Eröffnungsveranstaltung in der Alten Aula beginnt mit einem Höhepunkt. Ein Teil des Musiktheaterspiels "Der Golem in Bayreuth" von Ulla Berkéwicz wird in einer musikalischen Interpretation durch den Komponisten Lesch Schmidt, die Rocksängerin Anne Haigis sowie die Opernsänger Roberta Cortese, Walter Raffeiner und Tom Künne präsentiert. Im Mittelpunkt der dreiwöchigen Poetik-Dozentur stehen ihre beiden Romane "Engel sind schwarz und weiß", der die NS-Vergangenheit beleuchtet und "Ich weiß, dass Du weißt", angesiedelt im Geheimdienst-Milieu zwischen DDR und Nahem Osten sowie ihr Musiktheater "Der Golem in Bayreuth", das 1999 bereits am Wiener Burgtheater unter der Regie von Einar Schleef uraufgeführt wurde. Als Gäste werden so schillernde Persönlichkeiten wie Dr. Nike Wagner, jüngste Nachfahrin der Wagner Dynastie, Markus Wolf, ehemaliger Geheimdienstchef der DDR und der israelische Schriftsteller Amos Oz erwartet. Die Heidelberger Poetik-Dozentur wurde 1993 in Kooperation zwischen Stadt und Universität Heidelberg begründet. Vom Germanistischen Seminar ausgerichtet, erhält sie aus den Mitteln der Stadt-Heidelberg-Stiftung jährlich eine Unterstützung von 30.000 Mark. Öffentliche Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge und Diskussionen geben allen Literaturinteressierten Einblicke in künstlerische Produktionsprozesse und informieren über Tendenzen in der gegenwärtigen Literaturlandschaft. Ulla Berkéwicz wurde 1951 in Gießen als Ursula Schmidt geboren. Sie besuchte die Schauspielschule Frankfurt und feierte einige Erfolge auf den großen Bühnen Deutschlands bevor sie 1980 ihre eigentliche Passion, das Schreiben, fand. Auf ihr Debüt "Josef stirbt" (1982) folgten, gefördert durch zahlreiche Stipendien, ihre Erzählungen "Michel, sag ich" (1984), "Adam" (1987), "Maria Maria" (1988), "Mordad" (1995), "Zimzum" (1997), zwei Theaterstücke "Nur Wir" (1991) und "Der Golem in Bayreuth" (1999) sowie ihre beiden Romane "Engel sind schwarz und weiß" (1992) und "Ich weiß, dass Du weißt" (1999). Seit 1990 ist sie mit dem Verleger Siegfried Unseld verheiratet. "Ihr Werk steht mitten im Leben", urteilt Professor Helmuth Kiesel vom Germanistischen Seminar über das literarische Schaffen der diesjährigen Poetik-Dozentin. "Sie ist eine experimentierende Autorin, die verschiedene Sprechweisen erprobt und sich unterschiedlichen aktuellen Themen widmet." (doh) |
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Das Programm |
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Dienstag, 19. Juni, 20 Uhr, Alte Aula der Universität: Eröffnung
der Poetik-Dozentur 2001 mit Rektor Prof. Dr. Jürgen Siebke und Oberbürgermeisterin
Beate Weber, "Wo bleibt der heilige Schrecken?", Vortrag von Ulla Berkéwicz,
Teilaufführung des Musiktheaterspiels "Der Golem in Bayreuth" Mittwoch, 20. Juni, 20 Uhr, Volkshochschule, Bergheimer Straße 76: "Zimzum", Lesung mit Ulla Berkéwicz Donnerstag, 21. Juni, 19 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 14: "Musiktheater: Was ist das, was kann das sein?", Vortrag von Dr. Nike Wagner, anschließend Podiumsdiskussion Dienstag, 26. Juni, 20 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 14: "Engel sind schwarz und weiß. Zur literarischen Darstellung der NS-Zeit", Lesung mit Ulla Berkéwicz Mittwoch, 27. Juni, 20 Uhr, Weiss'sche Universitätsbuchhandlung: "Ulla Berkéwicz über Wolfgang Koeppen", Lesung Freitag, 29. Juni, 19 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 14: "Im Bann des Nationalsozialismus, Faszinierte und Traumatisierte", mit dem Psychoanalytiker Tilmann Moser Dienstag, 3.Juli, 20 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 14: "Ich weiß, dass du weißt", Lesung mit Ulla Berkéwicz, Einleitung: Markus Wolf Donnerstag, 5. Juli, 20 Uhr, Neue Universität, Hörsaal 13: "Höre Israel!", Amos Oz und Ulla Berkéwicz lesen aus Werken von Amos Oz, anschließend Gespräch Der Eintritt ist jeweils frei! |
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Sehnsucht Orient |
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Kabinettausstellung im Völkerkundemuseum Bilder des Orients, wie Annette von Eckardt sie während ihrer Tunesienreise in den Jahren 1924 und 1925 suchte, sind Gegenstand der Kabinettausstellung "Maghrebinische Träume 1925, Reisebilder einer Dame" im Völkerkunde Museum. Gezeigt werden kleine, während der Reise angefertigte Aquarelle, kommentiert durch Auszüge aus Briefen, die Annette von Eckardt an das Ehepaar Goldschmidt, die Begründer des Heidelberger Völkerkundemuseums, richtete. Als Tochter des Deutschen Konsuls hatte sie von 1885 bis 1889 einige Jugendjahre in Tunis gelebt. Die Kultur, die sie dort kennen lernte, faszinierte sie sehr. Vierzig Jahre später kehrt sie an den Ort ihrer Erinnerung zurück. Bilder der Kindheit vom "echten Orient" sind Zielorte ihrer Sehnsucht. Doch auch in Tunis hatte inzwischen die Moderne Einzug gehalten. Aus ihren Reisebriefen spricht Enttäuschung und Nostalgie. Die Veränderungen empfindet sie schmerzhaft als persönlichen Verlust. Sie schreibt: "Ich war ganz aus dem seelischen Gleichgewicht geworfen über das veränderte Bild, das sich mir bot. Wo früher Märchenerzähler hockten, immer umgeben von einem Kreis aufmerksamer alter und junger Zuhörer, da befindet sich jetzt ein Knotenpunkt der elektrischen Bahnen. Die Märchen aus Tausend und einer Nacht treten zurück hinter dem Zeitungsroman ..." Das Völkerkundemuseum bewertet ihre Suche nicht allein als persönliche Erinnerung, sondern stellt sie in den Kontext der grassierenden Orientbegeisterung in Mitteleuropa um die vorige Jahrhundertwende. Mit den technischen Entwicklungen wuchs das Bedürfnis, den "alten ursprünglichen Orient" zu konservieren. Die Ausstellung gelangt zu der Erkenntnis, dass der Orient für Europa weniger ein realer Ort als eine Projektionsfläche für Wünsche, Träume und Phantasien war, die mehr über die Befindlichkeit Europas, als über den "wahren Orient" aussagten". Die "Reisebilder einer Dame" sind noch bis zum 31. Juni im Völkerkundemuseum der von Portheimstiftung, Hauptstraße 235, zu sehen. (doh) |
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