Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 23 · 9. Juni 1999

CDU

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

zur bevorstehenden Europawahl wurde uns vom Kandidaten Eyke Peveling ein Beitrag übersandt, den wir Ihnen gerne zur Kenntnis bringen:

Europa von unten her aufbauen!

Am 13. Juni 1999 findet die fünfte Direktwahl der Abgeordneten für das Europäische Parlament statt. Als Heidelberger Kandidat auf der CDU-Landesliste bitte ich Sie, Ihr Wahlrecht auszuüben und der Christlich-Demokratischen Union Ihre Stimme zu geben.

Die CDU ist die attraktive Europapartei gerade auch für Bürger, deren vornehmliches Interesse in der kommunalen Politik liegt. Unsere Europapolitik will die Europäische Union über das Subsidiaritätsprinzip von unten nach oben aufbauen. Zur Lösung politischer Fragen sind zunächst Gemeinden, Regionen und Nationalstaaten berufen. Nur Aufgaben, die kleinere Einheiten nicht befriedigend lösen können, gehören auf die europäische Ebene. Die Europäische Union darf nicht für alles zuständig sein. Nicht jedes Problem in Europa ist ein Problem für Europa. Unser Ziel ist es, die regionale Vielfalt zu sichern. Dieser Grundsatz hat für uns praktische Konsequenzen:

- Die Bildungspolitik muss in der Verantwortung der Bundesländer bleiben. Die Europäische Union hat sich auf moderierende Maßnahmen zu beschränken, die die Mobilität der Lernenden und den Wissensaustausch unterstützen. Dazu dient etwa die Anrechnung von Schul- und Studienleistungen, die jeweils in einem anderen EU-Mitgliedstaat erworben wurden. Die CDU setzt sich hierfür ein, dass Jugendliche während ihrer Schul- und Berufsausbildung mindestens drei Monate in einem anderen Land der Europäischen Union verbringen können.

- In der Arbeitsmarktpolitik lehnt die CDU im Gegensatz zu den Sozialdemokraten und Sozialisten teuere europäische Beschäftigungsprogramme ab. Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze brauchen wir ein günstiges nationales Umfeld für Investitionen. Ausgangspunkt der Betrachtung muss jeweils die konkrete Situation der Kommune oder des Landes sein. Europa darf nicht als Alibi für ein Scheitern beim Abbau der Arbeitslosigkeit auf nationaler Ebene missbraucht werden.

- Die Sicherheit der Bürger vor Kriminalität, die sogenannte innere Sicherheit, muss den Polizei- und Justizbehörden der Länder obliegen. Lediglich in Fällen, in denen das organisierte Verbrechen den Wegfall der Grenzkontrollen zwischen den EU-Staaten zu nutzen sucht, ist die europäische Ebene gefordert. Die CDU verlangt, dass das europäische Polizeiamt Europol operative Befugnisse zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, insbesondere des Drogen- und Menschenhandels sowie des Terrorismus erhält. Der effektive Kampf gegen diese Art der Kriminalität ist einem Nationalstaat allein nicht mehr hinreichend möglich.
Sie alle, die Wählerinnen und Wähler, bestimmen den Kurs in der Europapolitik über die Jahrtausendwende hinaus. Bei der Europawahl am 13. Juni geht es um die grundlegende Richtungsentscheidung, wie das 21. Jahrhundert politisch beginnen soll. Die CDU steht für ein bürgernahes Europa.

Die politisch rote Landkarte in Europa - in 13 von 15 EU-Ländern sind Sozialdemokraten und Sozialisten in der Regierung - erzeugt eine linke Übermacht im Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs. Als Gegengewicht brauchen die Bürgerinnen und Bürger an ihrer Seite ein starkes Europäisches Parlament, in dem die Gestaltungsmacht in den Händen von Christdemokraten und anderen Kräften der politischen Mitte liegt.

Bitte gehen Sie am 13. Juni 1999 zur Wahl. Unterstützen Sie mich durch Ihre Stimmabgabe für die Liste der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands.

Eyke Peveling
Kandidat für das Europäische Parlament

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Knapp
Stadtrat der CDU
  Zum Seitenanfang
 

SPD

Liebe Heidelbergerinnen und Heidelberger,

nachdem Sie auf dieser Seite kürzlich dramatische Worte des CDU-Stadtrats Werner Pfisterer zu den sogenannten "630-Mark-Jobs" lesen konnten, erlaube ich mir, Ihnen meine Sichtweise der Dinge darzustellen: Als Mitglied eines Betriebsrates, der mehr als 1000 Mit-arbeiterInnen vertritt, finde ich es ziemlich unverfroren, wenn die CDU heute die von der Regierung Kohl vor zehn Jahren beschlossene Umwandlung sozialver-sicherungspflichtiger Arbeitsverträge in sogenannte geringfügige Arbeitsverhältnisse als schützenswert hinstellt. Damals konnte die SPD-Opposition leider nicht verhindern, dass durch die Aufteilung und Umwandlung sozialversicherter Arbeitsverhältnisse in so genannte "630-Mark-jobs" den Sozialversicherungen durch die Regierung Kohl das Wasser abgegraben wurde. Das verschweigt Werner Pfisterer wohlweislich und für mich ist es deshalb mehr als zynisch, wenn er Sie, liebe Heidelbergerinnen und Heidelberger, aus eben diesem Grund auffordert, für den Hauspflegeverein zu spenden, weil dieser sich angeblich keine sozialversicher-ungspflichtigen Arbeitsverhältnisse leisten kann und dafür am Ende noch die Schröder-Regierung verantwortlich sein soll. Auch in den Medien von "Bild" bis "Zeit" wird so getan, als würden alle Arbeitsplätze für Gebäudereiniger, Totengräber, Haushelfer und Zeitungszusteller gestrichen. Dass dem nicht so ist, haben Sie spätestens gemerkt, als Sie diese Zeitung erhielten. Richtig ist vielmehr, dass die neue Regelung wieder dafür sorgen wird, dass die großen Bekleidungsmärkte und Gebäudereinigungsfirmen, deren Personal teilweise schon bis zu 50% aus geringfügig Beschäftigten bestand, wieder auf reguläre Arbeitsverhältnisse mit wahrscheinlich denselben MitarbeiterInnen umstellen werden und damit statt der pauschalen Steuer die Sozialabgaben für Rente und Krankenkassen gezahlt werden. Das neue Gesetz verhindert also, dass die Sozialversicherungen völlig ausbluten und stellt die Finanzierungsbasis der sozialen Sicherung für die Arbeit-nehmerInnen wieder her. Und die Beschäftigten können entscheiden, ob sie durch Hinzuzahlung eigene Rentenansprüche erwerben wollen. Dafür lasse ich mich als Sozialdemokrat gerne vom "Spiegel" als "Sozial-Mafioso" beschimpfen.

Als Mitglied eines Betriebsrates weiß ich, dass viele der bisherigen "630-Mark-Jobs" unrechtmäßig waren. Dieser Verstoß gegen das Steuer- und Sozialversicherungsrecht wurde von der "Welt" als "Freiheitsnische" dargestellt. Den Beitrags- und Steuerzahlern wird bewußt verschwiegen, dass sie für diese "Freiheit" anderer zahlen, wenn Nichtversicherte krank werden oder Sozialhilfe erhalten. Werner Pfisterer tut so, als ginge es ihm um die kleinen Leute. Dabei vergisst er, dass zum Beispiel die Zeitungsverlage in der Vergangenheit die sozialversicherten Teilzeitjobs der Zusteller nicht aus Sorge um diese Menschen umstellten, sondern weil dies für die Verlage billiger war. Und die Einzelhandelsketten haben doch die Normalarbeitsverhältnisse ihrer VerkäuferInnen auf "630-Mark-Jobs" umgestellt, weil dies ihre Lohnkosten-kalkulation verbesserte und nicht weil das im Interesse der Betroffenen lag! Genauso hat es die CDU zu verantworten, dass der Hauspflegeverein sozialver-sicherungsfreie Aushilfen beschäftigt hat. Dies ist nicht vom Himmel gefallen, sondern war von der Regierung Kohl so gewollt. Glo-balisierung hin oder her, etwas Zwangsläufiges ist die Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse für die Beschäftigten nicht. Soll mir Werner Pfisterer doch mal einen "630-Mark-Jobber" zeigen, der den ihm zustehenden Urlaub in der Vergangenheit in Anspruch nehmen konnte ohne seinen Job aufs Spiel zu setzen? Nach der zweifelhaften Kampagne gegen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts ist der Angriff auf das neue "630-Mark-Gesetz" der zweite Versuch der CDU, die Arbeit der Schröder-Regierung in der Bevölkerung zu mißkreditieren. Doch auch hier gilt: Der gute Sinn einer Neuregelung wird erst später spürbar.

Mit freundlichen Grüßen

Kai Seehase
Stadtrat der SPD
  Zum Seitenanfang
 

GAL

Das Freiburger Ballettmodell - ein Modell für Heidelberg?

Die GAL setzt sich auch zukünftig dafür ein, daß die Heidelberger Städtische Bühne weiterhin als Drei-Sparten-Theater betrieben wird. Die Neubesetzung der Intendantenstelle darf daher nicht dazu genutzt werden, um nun klammheimlich die Weichen für eine baldige Abwicklung des Tanztheaters zu stellen.

Der zeitgenössiche Tanz spricht die universelle Sprache des Körpers und ist die Bühnenkunst, die am stärksten innovative Ansätze aus Musik, Malerei oder der Video- und Computerkunst aufgreift. Ein Theater, das den Anspruch erhebt, auf der Höhe der Zeit zu sein, darf auf diese so sinnliche Kunstform nicht verzichten. Und eine Stadt, in der Johann Kresnik und Liz King gewirkt haben, sollte den Tanz nicht aufgeben, sondern auch in Zeiten knapper Kassen versuchen, einen Weg zu finden, um an diese Traditionen wieder anzuknüpfen!

Sollte es aus wirtschaftlichen Gründen wirklich unabdingbar sein, von der bisherigen Konzeption des Heidelberger Tanztheaters abzurücken, müssen aus unserer Sicht anstelle der Fusion mit Tanztheatern anderer Städte weitere Möglichkeiten geprüft werden. In Freiburg hat man die Choreographin Amanda Miller mit ihrer Tanzcompagnie "Pretty Ugiy" zur Subunternehmerin des Theaters gemacht. Miller hat sich gegenüber der Stadt Freiburg verpflichtet, zusammen mit ihrem Ensemble zwei Produktionen und vierzig Vorstellungen pro Spielzeit zu liefern. Im Gegenzug erhält sie aus dem städtischen Kulturetat ein festes Budget von jährlich 1,25 Millionen Mark, aus dem von ihr in eigener Regie alle Gehälter sowie die Kosten für Bühnenbildner und Kostüme bestritten werden. Dieser Betrag erhöht sich durch die bei Gastspielen von der Compagnie erzielten Einnahmen. Das städtische Theater stellt seine Infrastruktur, Proberäume und Werkstätten zur Verfügung.

Aus finanzpolitischer Sicht hat dieses Modell des "Out-Sourcing" durch seine feste Budgetierung den Vorteil, daß die entstehenden Aufwendungen genau berechenbar sind.

Und die Konsequenzen für die KünstlerInnen? Der Manager der Compagnie, Daniel Nicolai, den ich letzte Woche nach einem beeindruckenden Gastspiel von "Pretty Ugiy" im Unterwegs Theater persönlich sprechen konnte, ist von dem Freiburger Modell begeistert. Er lobt die damit geschaffene künstlerische und organisatorische Unabhängigkeit von der städtischen Intendanz. Es sei einfacher, für einzelne Produktionen noch andere ChoreographInnen und SolistInnen heranzuziehen. Zudem habe das Ensemble selbst ein Interesse, durch auswärtige Gastspiele seine Bekanntheit zu steigern und zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften.

Dennoch gibt es auch Nachteile: Die Compagnie ist nicht - wie sonst am Theater üblich - an Tarifverträge gebunden. Die Verträge haben lediglich eine Laufzeit von einem Jahr mit der Option auf Verlängerung. Wird eine Tänzerin schwanger, so hat sie keinen Anspruch auf Mutterschutz. Insgesamt ist die soziale Absicherung der Beschäftigten daher schlechter.

Überlegenswert ist das Freiburger Modell jedoch allemal. Allerdings müssen Vor- und Nachteile genau gegeneinander abgewogen werden, bevor man sich auch in Heidelberg dafür entscheidet.

Katharina Katt
Stadträtin der GAL
  Zum Seitenanfang

  Gemeinsamer Aufruf aller Stadträtinnen und der Frauenbeauftragten der Stadt Heidelberg
 

Jede Frau zählt. Nutzen Sie Ihre Chancen zur Europawahl.

  Die Stimme und die Sicht der Frauen wird auch am 13.6.1999 gebraucht. Nur Teilhabe garantiert Demokratie. Politik darf nicht allein in Herrenklubs stattfinden. Eine vollständige Demokratie ist erst dann verwirklicht, wenn Politik gleichberechtigt von Männern und Frauen gemacht wird. Frauen haben die Wahl am 13. Juni. Sie bilden 52 Prozent der EU-Bevölkerung. Auch in Deutschland sind mehr Frauen als Männer wahlberechtigt.

Das Europaparlament hat eine erhebliche Stärkung seiner Rechte erhalten. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist durch die Europäische Union erheblich verbessert worden. Bei allem, was bisher erreicht wurde gibt es jedoch noch viel zu tun: Beispielsweise sind gegenwärtig in der Union 25 Millionen weniger Frauen als Männer erwerbstätig. Frauen sind weniger in Führungspositionen zu finden als Männer. Ihre berufliche Tätigkeit beschränkt sich
meistens auf wenige Wirtschafts-bereiche, in denen sie geringere Entscheidungsbefugnisse haben und weniger verdienen als Männer. Ihr Gehalt beträgt bei gleicher Arbeit immer noch 10 bis 30 Prozent weniger. Auch im Europaparlament entsprechen die Einflussmöglichkeiten der Frauen noch nicht ihrem Bevölkerungsanteil und ihren Grundrechten, auch wenn schon 27,6 Prozent der Abgeordneten Frauen sind.

Die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter in Europa bleibt auch weiterhin eine Herausforderung. Dass diese auch angenommen wird, dazu können Frauen selbst beitragen, indem sie am 13. Juni 1999 zur Wahl des Europäischen Parlamentes gehen.

gez. Dörthe Domzig, Frauenbeauftragte, Ulrike Duchrow, Dr. Barbara Greven-Aschoff, Gerlinde Horsch, Katharina Katt, Dr. Ursula Lorenz, Christiane Schmidt-Sielaff, Angelika Scholbeck, Dr. Anke Schuster, Irmtraud Spinnler, Dr. Anette Trabold, Lore Vogel, Dr. Karin Werner-Jensen, Gerfride Witt, Stadträtinnen
  Zum Seitenanfang

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved
Stand: 8. Juni 1999