Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 23 · 9. Juni 1999



Das MiB-Team: Carmen Becker, Arnd Heilmann, Prof. Arnold Rothe, Britta Sommermeyer und Esther Kahren (v. l.). (Foto: Rothe)
Lebt vom Idealismus der Macher: die Uni-Initiative "Magister in den Beruf"

Brücke zur Praxis

Schule, Zeitung, Verlag, Theater Brücke zur Praxis das sind Berufsfelder, die man herkömmlich mit dem Philologie-Studium in Verbindung bringt. Was viele nicht wissen: zahlreiche Geisteswissenschaftler sind heute mit Erfolg in ganz anderen Branchen tätig.

Dass es gelungen ist, neue Berufsfelder für Geistes- und Sozialwissenschaftler zu erschließen, ist nicht zuletzt ein Verdienst der Praxis-Initiativen an den Hochschulen, die Brücken von der Uni zur Wirtschaft schlagen. "Mit Leibniz zu Bahlsen" - der griffige Slogan der Universität Hannover bringt auf den Punkt, was sie sich auf die Fahne geschrieben haben. In Heidelberg nennt sich das: "Magister in den Beruf". "Wir wollen zeigen", umreißt der Initiator und "Beauftragte des Rektors für Magister in den Beruf", Professor Arnold Rothe, etwas salopp das Ziel, "dass Geisteswissenschaftler nicht aus weltfremden Spinnern bestehen". Wobei es Informationsbedarf durchaus auf beiden Seiten gibt, denn auch die Zukunftsbilder der Absolventen sind eng auf traditionelle Berufsfelder fixiert, hat Rothe beobachtet.

Nischen in der Industrie sind vorhanden. Immer wenn es um Sprachen geht, um Kulturkontakte, besteht Bedarf an Geisteswissenschaftlern. Sie verfügen über wichtige Schlüsselkompetenzen, beispielsweise die Fähigkeit zum vernetzten Denken und zur raschen Einarbeitung in neue Gebiete. "Magister in den Beruf" stellt die Kontakte zwischen den Studenten und Absolventen und der Wirtschaft her.

Die drei Säulen der Initiative sind, so Arnd Heilmann vom Projekt-Team, das zurzeit aus vier wissenschaftlichen Hilfskräften besteht, "erstens Vorträge und Berufsinformationsmärkte, zweitens ein Ausbildungsprogramm am Zentrum für Studienberatung und Weiterbildung und drittens die Praktikumsvermittlung". Dazu kommen regelmäßige Sprechstunden. Eine wichtige Rolle spielen die Praktika, die zwischen sechs Wochen und sechs Monaten dauern und in der Regel vergütet sind. Etwa 50 kommen pro Jahr zustande. Für manchen war das Praktikum schon Karriere-Sprungbrett in die Industrie. Viele große Namen finden sich auf der Liste der Unternehmen, mit denen "Magister in den Beruf" kooperiert: ABB, BASF, SAP, die Flughafen Frankfurt AG und die Unternehmensberatung Kienbaum sind ebenso darunter wie die Stadttheater von Mannheim und Heidelberg.

Im Rahmen des Vortragsprogramms sprechen Referenten aus der Praxis über ihr Arbeitsgebiet. Der Hörsaal ist bis auf den letzten Platz besetzt, als Dr. Margret Ammann über ihre Tätigkeit als Info-Designerin bei der Walldorfer Softwareschmiede SAP berichtet. Die gelernte Übersetzerin und frühere Uni-Assistentin vermittelt heute zwischen den Welten der Programmentwickler und der Programmnutzer. In der anschließenden Diskussion bewegt vor allem eine Frage die Gemüter: Wie schaffe ich es, dass meine Bewerbung nicht gleich in den Papierkorb wandert? Spielen die Noten eine ausschlaggebende Rolle? Noten seien auf jeden Fall wichtig, auch wenn man inzwischen erreicht habe, dass nicht jeder, der an Programmhandbüchern arbeitet, eine "eins" in Physik braucht. "Aber nehmen Sie das Studium verdammt ernst und überlegen Sie sich frühzeitig, was Sie im Leben wollen", rät die SAP-Managerin ihren Zuhörern.

Die Praxisinitiative "Magister in den Beruf", das könnte eine runde Erfolgsgeschichte sein, wären da nicht die äußerst beschränkten Möglichkeiten, mit denen man sich arrangieren muss. Sechzig Hilfskraft-Stunden pro Monat bezahlt die Universität, die sich vier Mitarbeiter teilen. Ein winziges Stübchen im Romanischen Seminar ist das bescheidene Domizil. Eine hauptamtliche Stelle, die es gab, ist ausgelaufen. An der Universität München genießt eine ähnliche Initiative unter dem Titel "Student und Arbeitsmarkt" längst Institutsrang, weiß Arnd Heilmann.

"Es ist der Idealismus, der uns weiterbringt", so Rothe, "aber eine Dauerlösung ist das nicht". Der Antrag auf eine feste Stelle wurde gerade mal wieder abgelehnt. Die Initiative, betont Rothe, wirke studienzeitverkürzend. "Es ist eine Frage der Solidarität mit den Studenten, die wir ausbilden." Und als Kriterium eines Universitäts-Rankings gehöre die Frage, wie die Universität die Studierenden auf die Praxis vorbereitet, zweifellos dazu. (rie)
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Gespräch der Heidelberger Jugendräte mit Oberbürgermeisterin Beate Weber

Zusammenarbeit gewünscht

Am 19. Mai traf sich der erste gewählte Heidelberger Jugendrat mit Oberbürgermeisterin Beate Weber zu einem Gespräch über die Themen, die die Jugendlichen künftig in dem Gremium bevorzugt behandeln möchten.

Fünf Bereiche hatten die 20 Jugendräte ausgewählt, die sie in einem offenen Gespräch mit der OB diskutierten.

Tino Keller und Hannes Römhild wünschten sich eine "persönliche Zusammenarbeit" mit der Oberbürgermeisterin auf unbürokratische Weise. Informationen sollten regelmäßig ausgetauscht werden. "Grundsätzlich können Sie mit mir reden", versprach die Oberbürgermeisterin. Sie werde auch gerne in die eine oder andere Jugendratssitzung kommen. Kurz bevor dieser seinen jährlichen Bericht für den Gemeinderat abgibt, sollte, so die Oberbürgermeisterin, ein Treffen mit ihr stattfinden.

Timo Reis und Philip Schmitt sprachen das Thema ÖPNV und Nachttaxi für Schüler an. Hier bestünden noch Lücken im Versorgungsangebot, wäre es für Jugendliche doch schwierig, spät nachts nach Hause zu kommen. Die Oberbürgermeisterin schlug den Jugendräten vor, zuerst einmal ein Gespräch mit Vertretern der HSB über mögliche Lösungen zu führen.

Die Öffnung von Sportanlagen für nicht vereinsgebundene Jugendliche ist ein weiteres Anliegen der Jugendräte. Daniel Winter sprach das Problem an, dass es für Freizeitsportler unmöglich sei, spontan städtische Sportanlagen zu benutzen. Die OB wies auf die Sportstättenpflege durch die Vereine hin, deren Mitglieder verständlicherweise nicht begeistert seien, wenn keine Beitrag zahlenden Jugendlichen Mehrarbeit verursachen. Auch hier sei es notwendig, Gespräche, beispielsweise mit den Verantwortlichen im Sport- und Bäderamt, zu führen und nach Kompromisslösungen zu suchen.

Ebenfalls auf der Liste der Jugendräte: Räume für Schülerpartys. Jan Schoenmakers bemängelte, dass nur teure Räume zu haben seien und sich der Jugendrat für preiswertere Alternativen einsetzen will. Auch hier hofft man auf die Unterstützung der Oberbürgermeisterin. Beate Weber sah nur wenige Chancen auf Nutzung städtischer Räume, da die Stadt schlicht nicht sehr viele geeignete habe. Zudem besteht in diesen ein Nikotin- und Alkoholverbot, was nach Ansicht eines Jugendratmitglieds nicht durchsetzbar sei. Auch beim letzten Punkt, einer Schülerkneipe in der Altstadt, könne die Stadt nur begrenzt Unterstützung leisten, da sie keinen Einfluss auf den privaten Gastronomiemarkt habe. "Es gibt 14 Jugendtreffs in Heidelberg, für andere Bedürfnisse muss man Lösungen finden", signalisierte die Rathauschefin städtische Unterstützung.

Für den neuen Jugendrat werden Ausweise erstellt und die Innenstadtfahrt zu den Sitzungen ersetzt, versprach die Oberbürgermeisterin. Die Mitglieder treffen sich zu einem Wochenendseminar am 18./19. Juni im Haus der Jugend, um die zukünftigen Sitzungen des Jugendrats vorzubereiten. (neu)

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Stand: 8. Juni 1999