Kinder und Kultur

Ausgabe Nr. 23 · 4. Juni 2003



"Der Name der Rose" nach Umberto Eco. Die Inszenierung von Wolfgang Maria Bauer nimmt die Zuschauer mit auf eine spannende Zeitreise in ein mittelalterliches Kloster. (Foto: bianconero)

Großes Festspielprogramm auf dem Schloss

Bei den Schlossfestspielen vom 28. Juni bis zum 7. August zieht das Theater alle Register


Mit einem ebenso spannenden wie vielfältigen Programm kann das Theater der Stadt bei den Schlossfestspielen 2003 aufwarten. Im dritten Jahr der Intendanz von Günther Beelitz werden insgesamt 58 Vorstellungen in den Bereichen Oper, Tanz, Schauspiel und erstmals auch Kindertheater geboten.

Was ist das Maximum, was mit den eigenen Kräften des Theaters bei den Schlossfestspielen jemals auf die Beine gestellt wurde", erklärte Beelitz. Ausschließlich Eigeninszenierungen des Theaters der Stadt werden als Freilichtaufführungen an stimmungsvollen Spielorten, im Englischen Bau, im Schlossgarten an der Großen Grotte und im Schlosshof vor dem Bibliotheksbau zu sehen sein. Ein Festspielprogramm, dass speziell für Heidelberg zusammengestellt wurde.

Das große Welttheater
Als Hommage an Heidelberg, den Ort der Romantik, beginnen die Schlossfestspiele 2003 mit Joseph von Eichendorffs Nachdichtung von Calderóns "Das große Welttheater". Hier offenbart sich das Leben als Komödie auf der großen Bühne der Welt. Ingo Waszerka, der bereits den Student Prince neu inszenierte, führt Regie bei dem geistlichen Festspiel: "Gott ist zugleich Theaterdirektor, der seinen Geschöpfen Rollen zuweist und behauptet, innerhalb ihrer Rollen hätten sie einen Spielraum und freien Willen." Entstanden als Koproduktion mit dem Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und dem Théatre National du Luxemburg, hat "Das große Welttheater" am Samstag, 28. Juni, um 20.30 Uhr Premiere im Heidelberger Schlossgarten (vor der Großen Grotte), bevor es in Schwerin und Luxemburg zu sehen sein wird.

Die Bettleroper
"Barock mit einem Schuss englischen Humor" bringt "Die Bettleroper" von John Gay in einer musikalischen Fassung von Benjamin Britten in den Englischen Bau. Der wohl bedeutendste englische Opernkomponist des 20. Jahrhunderts führt mit seiner bitterbösen Gesellschaftssatire in das pralle Leben der Londoner Unterwelt. Gesangssolisten, Chor und Tänzer des Heidelberger Theaters bevölkern die Bühne mit skurrilen Gestalten. Das Tanzensemble unter der Leitung von Irina Pauls (augenzwinkernd "Polly and The Pauls' Cops" genannt) übernimmt die Rolle der Polizei und verleiht dem Stück mit Slapsticks und jeder Menge Tricks den nötigen Pfiff. Die diesjährige Operninszenierung von Wolf Widder unter der musikalischen Leitung von Volker Christ hat am Samstag, 5. Juli, um 20.30 Uhr Premiere.

Der Name der Rose
Wegen des großen Erfolgs im vergangenen Jahr ist noch einmal der Klosterkrimi "Der Name der Rose" nach dem Roman von Umberto Eco ab Samstag, 19. Juli, im Schlosshof zu sehen.

In diesem Jahr finden die Schlossfestspiele ohne den "Student Prince" statt. Günther Beelitz: "Aufgrund massiver Kürzungen in der laufenden Spielzeit bleibt uns keine andere Wahl als "The Student Prince" vorläufig pausieren zu lassen." Dies war das einzige Stück, das nicht vom Ensemble des Theaters der Stadt gespielt und während der Theaterferien von auswärtigen Künstlern aufgeführt wurde.

Pinocchio
Erstmals bei den Schlossfestspielen ist das Kinder- und Jugendtheater mit von der Partie. Im Englischen Bau wird "Pinocchio" nach den Motiven von Carlo Collodi für Kinder von sechs bis 99 Jahren gespielt. Von Meister Gepetto geschnitzt, geht er auf Entdeckungsreise und erlebt seine weltberühmten Abenteuer. Gastregie führt Titus Georgi aus Berlin. Premiere ist am Sonntag, 22. Juni, um 17 Uhr.

Konzerte
Konzerte und Matinéen des Philharmonischen Orchesters runden auch in diesem Jahr das Festspielprogramm ab. Unter der Leitung von GMD Thomas Kalb finden insgesamt neun Musikveranstaltungen im Schlosshof und im Englischen Bau statt. Auftakt ist am Sonntag, 29. Juni, um 20 Uhr unter dem Titel "Klassik meets Jazz" zusammen mit der Galapagos Bigband. Außerdem entführen beschwingte Walzer und Polkas der Komponistenfamilie Strauß nach Wien und in der "Nacht des Belcanto" sind die beliebtesten italienischen Opernarien und -chöre zu hören. Ein weiterer Abend ist den Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart gewidmet.

Karten
Die Sitzplätze in den vorderen Reihen sind erstmals in diesem Jahr nummeriert. Karten für alle Veranstaltungen der Schlossfestspiele gibt es bei HeidelbergTicket, Theaterstraße 4, montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 15 Uhr sowie telefonisch unter 58-2000 und per E-Mail unter heidelberg-ticket@heidelberg.de. Als zusätzlicher Service wurde für diese Festspielsaison die Ticket-Hotline 0180-58424242 (0,12 Euro/Minute) eingerichtet. (doh)

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Harry Pross
(Foto: Kresin)

Gerne mit jungen Leuten gearbeitet

Der Publizistikwissenschaftler Harry Pross zu Gast in der Reihe "Erlebte Geschichte - erzählt"

Mit Harry Pross begrüßte Michael Buselmeier "eine Persönlichkeit, die auf rege und unangepasste Weise am Wiederaufbau der Bundesrepublik" beteiligte war. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Heidelberger Studienzeit des Publizistikwissenschaftlers, der in den ersten Nachkriegsjahren das Wiederaufleben des intellektuellen Heidelberg hautnah miterlebte.


Das Leben sei keine lineare Entwicklung, sondern eine Schlangenlinie, bei der man immer wieder sehen müsse, wo es weiter geht. Mit dieser Feststellung eröffnete Harry Pross das Gespräch, das im Rahmen der 8. Heidelberger Literaturtage im Spiegelzelt stattfand. Rückblickend auf sein Leben und sein Buch "Memoiren eines Inländers" (1993) erklärte er "Denn man ist nicht immer derselbe, man ändert sich ja dauernd!"

1923 in Karlsruhe geboren, wuchs er in der Geborgenheit des elterlichen Fabrikgeländes auf, wo "300 Fabrikarbeiterinnen sich immer um den kleinen Harry kümmerten", was ihm zu der "unverschämten Gewissheit" verholfen habe, dass ihm überhaupt nichts passieren könne. "Alles was ich von Kindesbeinen an geworden bin, verdanke ich diesem Fabrikhof!"

Nach dem Abitur im Jahre 1942 zur Wehrmacht eingezogen, wurde er 1944 an der Ostfront schwer verwundet. Im Sommer 1945 kam er nach Heidelberg, wollte eigentlich Zoologie studieren, was wegen der Verletzung jedoch unmöglich war. So folgte er dem Rat von Karl Holl, Soziologie zu studieren. Das Studium bei Alfred Weber, Gustav Radbruch, Willy Hellpach und Hans von Eckardt wurde zur "wichtigsten Zeit seines Lebens". Als Mitglied der "freien Sozialismusgruppe" in Heidelberg wollte er die Einheit Deutschlands erhalten, jedoch nicht auf der Basis der sozialen Marktwirtschaft sondern des freien Sozialismus.

Er promovierte 1949 und trat anschließend ein Volontariat bei der "Rheinpfalz" an. Bei einem Studienaufenthalt in den USA von 1952/53 sammelte er schon früh Erfahrungen mit den amerikanischen Massenmedien.1955 übernahm er die Leitung der "Deutschen Rundschau", war von 1962 bis 1969 Mitherausgeber der "Neuen Rundschau" und ab 1963 Chef von Radio Bremen.

1968 erhielt Harry Pross eine Professur für Publizistik an der Freien Universität Berlin, wo er bis zu seiner Emeritierung 1983 lehrte und das Institut für Publizistik leitete. Auf die Frage von Michael Buselmeier "Ausgerechnet '68, ob das nicht das reinste Chaos gewesen sei?" antwortete Pross gelassen: "Mein Vorteil war, dass ich immer gerne mit jungen Leuten gearbeitet habe." Das Interesse der Studenten sei ihm das höchste Gut im Hörsaal gewesen. Außerdem hätte er ihnen praktische Tipps beim Produzieren von Flugblättern geben können. Heute lebt der 80-Jährige zurückgezogen im Allgäu und schreibt an einem Buch über die Geschichte des Anarchismus "Lob der Anarchie". (doh)

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Stand: 3. Juni 2003